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Köln.Sport

1. FC Köln 2006/07: Novakovic und das Daum-Comeback

Wie bei allen vorangegangenen Abstiegen des 1. FC Köln war auch diesmal der sofortige Wiederaufstieg das Ziel. An Hanspeter Latour hielten die Verantwortlichen um Präsident Overath und Manager Meier zunächst fest.

Neuzugang Milivoje Novakovic (r.) soll die Geißböcke zurück in die 1 Fußball-Bundesliga ballern. Links: FC-Trainer Hanspeter Latour (Foto: IMAGO / Eduard Bopp)
Neuzugang Milivoje Novakovic (r.) soll die Geißböcke zurück in die 1 Fußball-Bundesliga ballern. Links: FC-Trainer Hanspeter Latour (Foto: IMAGO / Eduard Bopp)

Am Kader wurde im Sommer einiges getan. Mehr als 20 Spieler verließen den FC, der schmerzlichste Verlust war sicher Lukas Podolski. Vom rheinischen Rivalen wechselte der kreative Mittelfeldspieler Thomas Broich für eine 500.000-Euro-Ablöse ans Geißbockheim. Broich machte in seinem ersten Jahr beim FC zunächst allerdings durch seine – im Vergleich zu den meisten Fußballprofis – alternative Lebensweise von sich reden. So lebte er in einer WG in der Kölner Südstadt und interessierte sich für Literatur und Musik. Teuerster Neuzugang war der slowenische Angreifer Milivoje Novakovic, der nach wochenlangem Transfergerangel für stolze 1,5 Mio. Euro von Litex Lovetsch (Bulgarien) geholt wurde. Hinzu kamen der Franzose Fabrice Ehret vom FC Aarau sowie Adil Chihi und Enis Alushi aus dem eigenen Nachwuchs.

Patrick Helmes lässt Lukas Podolski beim 1. FC Köln vergessen

In den ersten fünf Begegnungen der Saison (l.) trifft Patrick Helmes siebenmal für den 1. FC Köln, ehe er sich am 6. Spieltag in Paderborn das Bein bricht und anschließend mehrere Monate ausfällt. (Foto: IMAGO / MIS)
In den ersten fünf Begegnungen der Saison (l.) trifft Patrick Helmes siebenmal für den 1. FC Köln, ehe er sich am 6. Spieltag in Paderborn das Bein bricht und anschließend mehrere Monate ausfällt. (Foto: IMAGO / MIS)

Der Saisonauftakt des 1. FC Köln in seiner insgesamt fünften Zweitligasaison konnte sich sehen lassen, zunächst schien alles für den Wiederaufstieg zu sprechen. Vier Siege holte die Latour-Truppe aus den ersten fünf Begegnungen, der FC belegte die Tabellenspitze. Patrick Helmes war in den ersten Spielen Torgarant, und niemand vermisste Lukas Podolski. Im Westduell gegen Rot-Weiss Essen hatte er das 1:0 erzielt, musste jedoch wenige Minuten nach seinem Treffer ausgewechselt werden. Spätere Diagnose: Mittelfußbruch. Der Stürmer fiel für mehrere Monate aus.

Ernüchterung nach Pokal-Sensation

Und darunter litten die Leistungen des FC. „Unsere Auftritte auf fremden Plätzen sind absolut ungenügend. Wir wurden in Jena und in Paderborn niedergekämpft“, sagte Latour nach der 0:2-Pleite am 6. Spieltag in Ostwestfalen. Ein letztes Highlight der Latour-Zeit war das Pokalspiel gegen Schalke. Der FC, insbesondere Thomas Broich, lieferte eine sensationelle Partie und gewann mit 4:2. Broich und Adil Chihi sorgten in der Verlängerung (nach 90 Minuten stand es 2:2) für die faustdicke Überraschung, 50.000 Fans feierten ausgelassen in Müngersdorf.

Nach Latour-Aus: Der 1. FC Köln baggert an Christoph Daum

Christoph Daum (l.) sagt dem 1. FC Köln im Krankenhaus Hohenlind, wo er sich von einer Mandeloperation erholt, aus gesundheitlichen Gründen als Trainer ab. (Foto: IMAGO / Eduard Bopp)
Christoph Daum (l.) sagt dem 1. FC Köln im Krankenhaus Hohenlind, wo er sich von einer Mandeloperation erholt, aus gesundheitlichen Gründen als Trainer ab. (Foto: IMAGO / Eduard Bopp)

In der Liga setzte schnell wieder Ernüchterung ein. Eine 0:1-Heimniederlage gegen Aue am 11. Spieltag bedeutete das Ende von Trainer Latour. Holger Gehrke – eigentlich Torwarttrainer – übernahm als Interimstrainer und holte in Freiburg einen Punkt. Schnell zentrierte sich die Trainersuche auf den Wunschkandidaten von Verein und Fans: Christoph Daum. Meier und Präsident Overath wollten ihn unbedingt davon überzeugen, nach 17 Jahren zu seinem FC zurückzukehren.

Am 11.11. lud Daum zu einer Pressekonferenz ins St.-Elisabeth-Krankenhaus, wo er sich von einer Mandeloperation erholte, und berichtete zunächst den rund 100 anwesenden Journalisten und zahlreichen Kamerateams von der Anfrage des FC. „Du bist unser Wunschkandidat“, habe Meier ihm am Krankenbett übermittelt. Daums Antwort: Er wolle demnächst bei einem Club mit „internationalen Perspektiven“ arbeiten. Aber das „ist beim 1. FC Köln nicht der Fall“. Außerdem sei er „im Moment nicht arbeitsfähig“.

Daum übernimmt den 1. FC Köln – 10.000 Zuschauer beim ersten Training

Der „Messias“ hält Hof. Das erste Training unter dem neuen Chefcoach Christoph Daum am 27.11.2006 im RheinEnergieStadion verfolgen rund 10.000 Zuschauer. (Foto: IMAGO / Chai v.d. Laage)
Der „Messias“ hält Hof. Das erste Training unter dem neuen Chefcoach Christoph Daum am 27.11.2006 im RheinEnergieStadion verfolgen rund 10.000 Zuschauer. (Foto: IMAGO / Chai v.d. Laage)

Eine absolute Absage war das nicht. „Man könne ja in ein paar Wochen noch mal miteinander reden.“ Der FC „baggerte“ weiter an Daum, der nach einer Marathonsitzung mit Meier und Overath in seinem Haus in Köln-Hahnwald am 14. November 2006 erneut absagte. Während eines Telefonats mit Manager Meier anlässlich dessen Geburtstags am 15. November 2006 kehrte dann bei Daum aber tatsächlich die viel umjubelte Kehrtwende ein. Am 27. November 2007 wurde er offiziell als neuer Trainer vorgestellt. Die Kölner Medien bezeichneten Daum als „Messias“, und die Fans waren begeistert. Das erste Training unter Daum wurde aufgrund des hohen Andrangs im RheinEnergie­Stadion vor 10.000 Fans abgehalten.

Das Debüt unter Daum misslang, das Heimspiel gegen den MSV Duisburg ging glatt mit 1:3 verloren. Und die Leistungen wurden zunächst nicht besser. Zur Winterpause betrug der Rückstand auf die Aufstiegszone satte zwölf und der Abstand auf die Abstiegsplätze sogar nur noch drei Punkte.

Trotz weltweitem Zweitliga-Zuschauerrekord: Aufstieg vertagt

Erst im sechsten Pflichtspiel holte Daum den ersten Sieg. Die größte Enttäuschung allerdings war das 0:5-Debakel bei RWE am Karnevalssonntag. Zehn Punkte aus vier Spielen ab dem 25. Spieltag distanzierten den FC zumindest von der Abstiegszone. Der Rückstand auf Platz drei betrug sechs Spiele vor Schluss noch acht Zähler. Drei Niederlagen in Folge ließen die allerletzten Hoffnungen platzen, und die Planungen für eine weitere Zweitligasaison liefen an.

Das einzig Erstklassige zu dieser Zeit: der Zuschauerzuspruch. Rund 40.000 Menschen besuchten regelmäßig die Heimspiele in Müngersdorf. Kein Zweitligist weltweit konnte einen höheren Zuschauerschnitt vorweisen.

„kurios & interessant“:

  • Einen Monat vor Saisonbeginn hat der FC bereits 20.000 Dauerkarten verkauft.
  • Mitte Juli werden mit größeren Kabinen, neuen Räumlichkeiten für die Physiotherapie sowie neuem Trainer- und Besprechungszimmer die Umbauarbeiten am Geißbockheim fertiggestellt.
  • Im September 2006 sind 31.477 Personen in die Mitgliederlisten des 1. FC Köln eingetragen. Das bedeutet deutschlandweit immerhin Platz 5.
  • Seit Oktober 2006 hat der FC endlich wieder einen Weltmeister am Geißbockheim. Thomas Häßler kehrt zurück und arbeitet nun als Technik-Trainer an der Seite von Latour.
  • Vor 15 Jahren, im Oktober 1991, wurde das Fanprojekt gegründet. Anfangs auf Tapeziertischen, heute mit sieben festen Verkaufsständen werden Fanartikel, Eintrittskarten und Zugfahrscheine an den Mann gebracht.
  • Erstmals in der FC-Geschichte gewinnt ein Torwart (!) der Geißböcke bei der Wahl zum „Tor des Monats“. Mit seinem Treffer zum 1:1-Endstand im Oberligaspiel der U23 gegen die Spielvereinigung Velbert am 17. September 2006 sichert sich Dieter Paucken die begehrte ARD-Plakette.
  • Seit dem Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern am 15.12.2006 gibt es im Kölner Stadion keine Zigaretten mehr käuflich zu erwerben.
  • Mit Hendrik Rachow wird erstmals ein FC’ler in die Jugendnationalmannschaft der Handballer berufen.
  • Am 28. März 2007 gibt Patrick Helmes sein Debüt im Nationaldress in Duisburg gegen Dänemark (0:1).

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