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Köln.Sport

1984/85: der 1. FC Köln in der Tabellen-Achterbahn

Der 1. FC Köln bleibt konstant inkonstant, mal himmelhoch jauchzend, dann wieder zu Tode betrübt. So springt der FC nach einer famosen Serie von Platz 16 auf 4, hat im Europapokal ein „Heimspiel“ in Tiflis, am Ende aber ist Mailand die Endstation. Gut, dass die UEFA-Cup-Qualifikation für die nächste Saison wieder geschafft wird.

Gewohntes Bild für die Anhänger des 1. FC Köln in der Spielzeit 1984/85: Klaus Allofs bejubelt eines seiner insgesamt 26 Saisontore. Am Ende der Saison wird der FC-Stürmer Bundesliga-Torschützenkönig. (Foto: IMAGO / Sportfoto Rudel)
Gewohntes Bild für die Anhänger des 1. FC Köln in der Spielzeit 1984/85: Klaus Allofs bejubelt eines seiner insgesamt 26 Saisontore. Am Ende der Saison wird der FC-Stürmer Bundesliga-Torschützenkönig. (Foto: IMAGO / Sportfoto Rudel)

Trotz der UEFA-Cup-Qualifikation arbeitete Trainer Hannes Löhr unermüdlich daran, die oft so wechselhafte und bei seiner Übernahme ziemlich zerstrittene Mannschaft besser und stabiler zu machen. Elf neue Spieler nahm der 1. FC Köln unter Vertrag, aber keine ganz großen Namen. Mit William „Jimmy“ Hartwig, Karl-Heinz Geils und Uwe Bein konnten drei etablierte Bundesligaprofis verpflichtet werden. Saisonziel war ein UEFA-Cup-Platz, zumal in Person von Klaus Fischer nur eine Stammkraft den Club verlassen hatte.

DFB-Pokalspiel im Franz-Kremer-Stadion

Dank eines Sieges in Braunschweig glückte der Bundesligaauftakt, und auch im Pokal kam man gegen die Stuttgarter Kickers eine Runde weiter. Kurios: Wegen des geringen Zuschauerinteresses fand die Begegnung vor nur 3.485 Besuchern im Franz-Kremer-Stadion statt. Die bekamen beim 8:0-Sieg der Hausherren immerhin reichlich Tore zu sehen. Nur 28 Tage später sah das Ganze wesentlich ernüchternder aus: 1:7 Punkte und 4:14 Tore lautete die Bilanz der letzten Spiele. Schon beim 1:1 im Nachholspiel deckte Arminia Bielefeld einige Schwächen im FC-Spiel auf. Es folgten teilweise erschreckende Niederlagen in Bremen (2:6), Uerdingen (1:5) und München. International drohte gegen Pogon Stettin nach dem glücklichen 2:1-Hinspielsieg schon in Runde eins das Aus. Die Mannschaft schien noch immer zerstritten. „Ich will nicht immer der Sündenbock sein und werde in Köln meine sofortige Freigabe fordern“, sagte Jimmy Hartwig nach der Niederlage bei den Bayern.

„Ich will nicht immer der Sündenbock sein und werde in Köln meine sofortige Freigabe fordern.“

Jimmy Hartwig

Tabellarische Achterbahnfahrt: Für den 1. FC Köln geht es auf und ab

Die extremen Leistungsschwankungen in dieser Saisonphase dokumentierten auch die kommenden acht Pflichtspiele mit sieben Siegen und einem Unentschieden, die den FC urplötzlich von den Tabellenniederungen in den Spitzenbereich katapultierten. International reichte ein 1:0 in Stettin zum Weiterkommen, und auch Standard Lüttich stellte die Mannschaft vor keine großen Probleme.

Ein starkes 6:1 über Borussia Dortmund mit vier Allofs-Toren war der Beginn des „goldenen Oktobers“. Düsseldorf (4:2), Schalke (4:1), in Frankfurt (4:1) und ein 1:1 gegen Meister VfB Stuttgart waren die Stationen von Platz 16 auf Platz 4. Vor allem in Frankfurt begeisterte der FC: „Kölner wirbelten wie ein Meister“, schwärmte der „Kicker“. Eine erneute Formdelle mit Niederlagen in Hamburg und gegen Borussia Mönchengladbach konnte durch ein 3:1 in Bochum gestoppt werden, während man im DFB-Pokal erneut an Hannover 96 scheiterte – diesmal schon in Runde zwei.

UEFA-Cup: 1. FC Köln in Tiflis gegen Spartak Moskau

Nach Pogon Stettin wurde dem FC mit Spartak Moskau auch im Achtelfinale ein Club aus dem damaligen „Ostblock“ zugelost. Reisen in diese Länder waren schon allein aufgrund der strengen Ein- und Ausreisekontrollen recht kompliziert, doch diesmal sollte auch das Wetter für Probleme sorgen. Als der Termin des Hinspiels näher rückte, erlebte Moskau den kältesten November seit 99 Jahren. Mehr als 30 Grad unter den Gefrierpunkt waren die Temperaturen gefallen, wodurch der Platz natürlich unbespielbar wurde.

So verlegte man die Partie ins rund 1.600 Kilometer entfernte Tiflis. Die im damaligen Lenin-Stadion ausgetragene Begegnung geriet für die Gäste zum „Heimspiel“. Nie zuvor war der 1. FC Köln auf fremdem Platz derart begeistert empfangen worden. Die 35.000 Georgier in der Arena feuerten den FC gegen die ungeliebten Moskauer pausenlos an. Trotz der Unterstützung verlor der FC mit 0:1. Beendet war das Abenteuer damit jedoch noch nicht. Als der FC-Tross zu später Stunde am Flughafen in Tiflis ankam, war der Airport in tiefer Dunkelheit einsam und verlassen. Erst nach langem Suchen wurde ein Verantwortlicher, der sich schon zur Nachtruhe begeben hatte, in einem Nebengebäude ausfindig gemacht. Endlich konnte der Rückflug in die Heimat starten.

Winterchaos wirbelt den Spielplan durcheinander

Knapp drei Wochen später reichte dem FC ein 2:0-Rückspielsieg zum Einzug ins Viertelfinale. Auch in der Liga war der FC wieder da. Noch vor der Winterpause gab es ein sicheres 4:1 beim KSC, und auch das Nachholspiel gegen Bayer Leverkusen gewann der FC (3:1). Weitere Siege gegen Kaiserslautern sowie im Nachholspiel in Mannheim ließen das Team auf Platz drei überwintern. Der Rückrundenauftakt wurde von starkem Wintereinbruch mit Schnee und Minusgraden überschattet. Nach dem Auftaktsieg gegen Eintracht Braunschweig kam es daher zu zahlreichen Spielausfällen. Zwischen erwähntem Spiel gegen Braunschweig und der Partie in Uerdingen (1:2) lagen dadurch immerhin vier Wochen.

26 Ligatore für den 1. FC Köln: Klaus Allofs wird Torschützenkönig

Der massive Zuschauerrückgang in der Bundesliga war weiterhin nicht zu übersehen. Selbst das Spitzenspiel gegen die Bayern (0:2) war mit 40.736 Zuschauern nicht ausverkauft. Im UEFA-Cup war dem FC mit Inter Mailand indes ein Gegner zugelost worden, der 58.186 Fans nach Müngersdorf lockte, allerdings bedeutete die 1:3-Niederlage auch das Ende aller Hoffnungen auf einen internationalen Titel. Dabei hatte das knappe 0:1 in Mailand noch alle Chancen auf das Halbfinale offengelassen. Im völlig überfüllten „San Siro“ – das Publikum drängte sich sogar bis auf die Pressetribüne – behielt Toni Schumacher die Nerven und hielt den FC mit zahlreichen Paraden im Spiel.

Uwe Bein (1. FC Köln, l.) setzt sich im Vierteilfinal-Rückspiel des UEFA Cups gegen Inter Mailands 
Giampiero Marini durch. Am Ende gewinnen die Italiener in Müngersdorf 3:1. (Foto: IMAGO / Horstmüller)
Uwe Bein (1. FC Köln, l.) setzt sich im Vierteilfinal-Rückspiel des UEFA Cups gegen Inter Mailands Giampiero Marini durch. Am Ende gewinnen die Italiener in Müngersdorf 3:1 und ziehen ins Halbfinale ein. (Foto: IMAGO / Horstmüller)

Mit 16 von 18 möglichen Punkten schaffte die Mannschaft im Saisonendspurt den erneuten Einzug in den UEFA-Cup. Dank seiner 26 Saisontore durfte sich Klaus Allofs über den Titel des Bundesligatorschützenkönigs freuen.

„kurios & interessant“:

Wolfgang Overath als Siegburger Karnevalsprinz mit seiner Frau Karin (Foto: IMAGO / Horstmüller)
Wolfgang Overath mit seiner Frau Karin als Siegburger Karnevalsprinz (Foto: IMAGO / Horstmüller)
  • Die FC’ler sind heiß begehrt beim Fernsehen. So stellen Harald Schumacher und Pierre Littbarski die Stars einer 13-teiligen Fernseh-Fußball-Schule dar. Litti ist darüber hinaus Gast bei Frank Elstner in der beliebten Show „Wetten, dass…?“.
  • Zum 2. Mai 1985 übernimmt Leo Wilden, Abwehrspieler der Geißböcke in den 1950er und 1960er Jahren, die Lotto-Annahmestelle und Vorverkaufsstelle von Gerhard Strack in der Luxemburger Straße 269.
  • Nicht nur der Ausrüster, der FC hatte bereits in der letzten Saison den Wechsel von adidas zu Puma bekannt gegeben, sondern auch der Werbepartner wird zur Saison 1985/86 erneuert. So spült der neue Vertrag mit dem Batteriehersteller Daimon rund 950.000 DM in die Kassen der Geißböcke, also 100.000 Mark mehr als der drei Jahre alte Vertrag mit dem Trikotsponsor Doppeldusch. Werbemanager von Daimon ist übrigens der spätere Präsident des 1. FC Kaiserslautern René Jäggi.
  • Wolfgang Overath bekleidet in seiner Heimatstadt Siegburg das Amt des Karnevalsprinzen.
  • Knapp 4 Mio. DM Vereinsvermögen kann der Vorstand voller Stolz bei der Jahreshauptversammlung seinen Mitgliedern präsentieren. Damit gehören die Domstädter zu den gesündesten Clubs in Deutschland.
  • Im November 1984 wird Michael Trippel zum ehrenamtlichen Fanbeauftragten ernannt.
  • Littbarskis Tor zum 3:1 am 25. April 1985 gegen Werder Bremen wird „Tor des Monats“ April 1985 und „Tor des Jahres“ 1985.

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1. FC Köln. Die Chronik

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