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Köln.Sport

Editorial: Daniel Müller

Daniel Müller, Leiter des Olympiastützpunkt NRW/Rheinland, spricht in seinem Editorial über faire Bedingungen für die olympischen Spiele 2021. Für ihn hat die Gesundheit jedes Teilnehmers höchste Priorität.
Olympiastützpunkt

Der Olympiastützpunkt NRW/Rheinland ist mit seinen regionalen Leistungszentren der Motor des olympischen und paralympischen Spitzensports in der Region. (Foto: osp-rheinland.nrw)

Liebe Freund*innen des olympischen und paralympischen Sports,

vor genau einem Jahr wurden die für 2020 geplanten Spiele von IOC und IPC verschoben. Vor genau einem Jahr sind die meisten von uns davon ausgegangen, dass damit bestimmt alle Probleme gelöst sein sollten und die olympischen und paralympischen Spiele 2021 eben ein Jahr später, aber ansonsten mehr oder weniger regulär, durchgeführt werden können. Zumindest ich habe zum damaligen Zeitpunkt blauäugig geglaubt, dass schon alles wieder so sein würde wie im Herbst 2019, als Begriffe wie Corona, Inzidenz und Quarantäne in unserer alltäglichen Sprache keine Rolle spielten. Was für eine unbeschwerte Zeit das war…

Dies ist aber, wie wir nun leider feststellen müssen, nicht der Fall. Vor wenigen Tagen gab der Gastgeber Japan nun bekannt, dass die Spiele ohne ausländische Zuschauer stattfinden werden. Diese Entscheidung ist, im Hinblick auf den Pandemietreiber Mobilität, nachvollziehbar, beraubt den Spielen aber ein wesentliches Merkmal: Die Begegnung von Menschen aus weit über 100 Ländern. Dennoch ist die Entscheidung natürlich richtig, wenn auch schmerzhaft vor allem für unsere Athlet*innen, die ohne familiären Beistand in Tokio um Medaillen kämpfen müssen.

Ebenfalls genau vor einem Jahr hatte ich an dieser Stelle zwei Aspekte herausgestellt, die nun erneut und noch in viel größerem Maße für unsere rheinischen Athlet*innen relevant sind: Faire Bedingungen auf dem Weg zu den Spielen und die Achtung der Gesundheit der Athlet*innen als höchstes Gut. Leider zeigen die letzten Wochen, dass diese beiden Punkte für unsere Tokio-Kandidat*innen kritischer denn je sind.

Faire Bedingungen?

Eine Vielzahl von Nationen hat ihre Spitzensportler*innen bereits geimpft. Dies sorgt dafür, dass diese einen klaren Wettbewerbsvorteil im Kampf um Tickets nach Tokio und auch im Kampf um Medaillen haben. Unsere gemeinsame Studie mit Prof. Predel von der DSHS Köln hat zwar bisher, glücklicherweise, keine langfristigen Schädigungen bei unseren infizierten Athlet*innen aufgezeigt, aber dennoch führt eine Corona-Infektion mindestens zu einem mehrwöchigen Ausfall. Selbst wenn der jeweilige Verlauf mild oder asymptomatisch ist, können so entweder wertvolle Trainingseinheiten oder gar ein entscheidender Wettkampf als Chance zur Qualifikation ausfallen. Dieses Risiko ist bei Athlet*innen die eine Impfung erhalten haben deutlich minimiert.

Darüber hinaus führt dies auch zu einem mentalen Wettbewerbsvorteil der geimpften Athlet*innen. Sie können ihre Vorbereitungen normaler angehen und müssen sich vor allem deutlich weniger Gedanken machen, welche Auswirkung eine Corona-Infektion wenige Woche vor dem sportlichen Höhepunkt ihrer gesamten Karriere hätte. Dieses mentale Damoklesschwert kann bei nicht-geimpften Athlet*innen selbstredend dazu führen, dass keine volle Konzentration auf das eigene Training und die eigene Vorbereitung mehr möglich ist.

Gesundheit der Athlet*innen als höchstes Gut?

Leider haben wir in den letzten Wochen feststellen müssen, dass es solche und solche Hygienekonzepte bei nationalen und internationalen Veranstaltungen gibt. Athlet*innen und Trainer*innen berichten von vorbildlichen Konzepten mit einer klaren Einhaltung dieser, aber leider auch häufig von Konzepten mit mangelhafter Durchführung. Negativ im Ergebnis sind sicherlich die jüngsten Infektions-Hotspots bei der Leichtathletik-Hallen-EM in Torun (über 50 Corona-Fälle) und dem Säbel-Weltcup in Budapest (mehrere Fälle in verschiedenen Nationen).

Natürlich tragen die Athlet*innen immer einen eigenen Anteil an der Einhaltung der Konzepte und Maßnahmen zum Schutz aller Teilnehmer*innen. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung einer Sportveranstaltung trägt aber der Veranstalter! Dieser hat sicherzustellen, dass ein Risiko für alle Teilnehmer*innen minimiert ist, dass die Hygienemaßnahmen ausreichend streng formuliert sind und auch eingehalten werden. Es ist die Aufgabe der Veranstalter und auch der internationalen Verbände, dafür zu sorgen, dass das Risiko einer Infektion für alle Athlet*innen so gering wie möglich ist. Dieser Verantwortung müssen sie nachkommen und nicht ausschließlich mit dem Finger auf die Athlet*innen als Verursacher*innen zeigen.

Dies ärgert mich umso mehr, wenn man bedenkt, welche Gedanken sich Athlet*innen teilweise machen, welche Strapazen sie bspw. bei Anreise und Verpflegung auf sich nehmen. Natürlich muss man auch hier differenzieren, und nicht alle Sportler*innen verhalten sich jederzeit so, wie es zu erwarten wäre. Aber ein pauschales „Die Athlet*innen sind schuld“ ist falsch und stellt eine Umkehr der Verantwortung dar.

Lassen Sie uns bei allen Schwierigkeiten auch immer die Good News wahrnehmen! 

Text: Daniel Müller

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