Wintertipp: Trendsport Bouldern
Bouldern ist Klettern ohne Seil und Gurt und in Absprunghöhe. Köln.Sport hat sich an die Wand gewagt und das Ergebnis: Es hat viel Spaß gemacht.
Zugegeben, ich hatte nach zwei weniger erfolgreichen Aufenthalten in einer Kletterhalle nicht die größte Lust, mich erneut an eine derartige Wand zu begeben. Das Bouldern aber macht einem den Einstieg ganz leicht: Sportzeug an, Schuhe ausleihen, und es kann direkt losgehen. Ohne Klettergurt, ohne Seil. Die Wände sind maximal fünf Meter hoch, das verspricht viel Abwechslung und die Aussicht auf Erfolge. Um es vorweg zu nehmen: Ich habe Blut geleckt für den Sport!
Was ursprünglich als Training für Kletterer in niedrigem Gelände gedacht war, erobert mehr und mehr sein eigenes Terrain. Als äußerst vielseitige Sportart ist Bouldern perfekt, um den Winter über ein ganzheitliches Training durchzuführen. Im Gegensatz zum Klettern gibt es beim Bouldern keine Sicherungssysteme – statt um Höhe geht es eher um Akrobatik und die Kunst, technisch anspruchsvolle Kletterzüge zu bewältigen. Die Griffe sind häufig gerade noch zu halten, viele Strecken haben Überhänge. Im Gegensatz zum Routenklettern ist deutlich mehr Gesamtkörpereinsatz gefragt.
„Bouldern ist ein fesselnder Sport. Man erlebt auf jedem Niveau immer wieder diesen Zaubermoment, wenn man einen Move plötzlich schafft, an dem man vorher fast verzweifelt wäre“, schwärmt Friederike Kops, Mitinhaberin der Boulderhalle Stuntwerk in Köln-Mülheim. Die Vorteile ihres Sports liegen für die Expertin auf der Hand: „Er kombiniert Athletik und Akrobatik, schult Gleichgewicht und Koordination ebenso wie Kraft und Dynamik. Bouldern hat eine hohe Bewegungsvielfalt und erfordert kreative Lösungen beim Bewältigen der einzelnen Kletterrouten. Und es ist ein sehr kommunikativer Sport. Man hilft sich gegenseitig, gibt sich Tipps und freut sich über Erfolge.“ Positiv sei auch, dass selbst Anfänger schnell erste Boulder, so die Bezeichnung der einzelnen Kletterrouten, schaffen können.
Sieht einfach aus …
Mein Selbstversuch bestätigt das: Nach ersten Schritten auf den einfachsten, schwarz markierten Routen klappt auch die zweite, grüne Stufe gleich beim ersten Versuch schon ganz ordentlich. Dank kleiner Tipps der Trainerin – „Nimm den Griff mit beiden Händen, setz den linken Fuß hoch“ – komme ich an einigen der Boulder schnell ans Ziel. Dies besteht darin, den obersten Griff, meist in vier bis fünf Metern Höhe angebracht, mit beiden Händen zu berühren. Solange die Flächen senkrecht und die Griffe nicht allzu klein sind, darf ich mich als Fußballerin ohne nennenswerte Klettererfahrung als Königin der Boulderwände fühlen. Haarig wird es, wenn der Winkel der Wand zum gut gepolsterten Boden kleiner ist als 90 Grad. Sieht einfach aus, wenn Friederike Kops mit schwingenden Bewegungen und kraftvollem Arm- und Beineinsatz es vormacht. Ist aber gar nicht einfach, wenn man in zwei Metern Höhe mit falsch ausgerichtetem Körperschwerpunkt zu lange überlegt, was man tun soll, und dann mit zittrigen Armen und verkrampften Fingern auf die Matte hüpfen muss.
Aufgeben gilt aber nicht beim Bouldern. Solange die Kräfte reichen, versuche ich mich an dem Überhang der zweitleichtesten Kategorie. Theoretisch weiß ich, was zu tun ist, praktisch fehlt mir noch die Lockerheit, um behände wie die Trainerin den Schwung zum Ausfallschritt entlang der Wand anzugehen. „Irgendwann kommt der Moment, wo es klappt. Das ist der Zauber, von dem ich gerne spreche“, schmunzelt Kops. Ich bin mir sicher, dass sie Recht hat. Ich war ganz kurz davor, es zu schaffen, meinen Körper über den Überhang hinweg zum letzten Griff zu befördern. Der limitierende Faktor: meine fehlende Kraft in den Armen. Beim nächsten Stuntwerk-Besuch, mit aufgeladenem Akku, traue ich mir die grüne Überhang-Route durchaus zu. Aber auch so beende ich meine erste Boulder-Erfahrung mit einem Erfolgsgefühl – und mit Lust auf mehr!
ErfolgsSTORY Stuntwerk
In Deutschland gibt es immer mehr Hallen wie das Stuntwerk, die sich speziell an Boulder-Fans richten. Kölner können den Trendsport außer in Mülheim auch im K11 in der Südstadt und im Boulderplanet in Braunsfeld ausprobieren. Außerdem verfügen die meisten Kletterhallen über einen Boulder-Bereich. Das Stuntwerk hat in dem gut einen Jahr seines Bestehens – Eröffnung war am 11. Januar 2015 – schon viele Stammkunden gewonnen. „Wir bekommen sehr viel positive Resonanz“, freut sich Friederike Kops, die das 2.000 Quadratmeter große Freizeitparadies auf dem Carlswerk-Gelände gemeinsam mit Florian Schiffer, Udo Neumann und Niklas Wiechmann zum Leben erweckt hat. „Den Leuten gefällt die Location, das Ambiente, und unsere Routen werden ebenso gelobt wie das Personal“, betont die Sport- und Sozialpädagogin. Abseits der Boulder-Wände finden im Stuntwerk auch Kurse wie Fitnessboxen, Yoga oder Zirkeltraining statt. Darüber hinaus können sich Parkour-Begeisterte an zahlreichen Hindernissen austoben.
Svenja Dahlhaus