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Köln.Sport

Lena Lotzen: Alles auf Anfang

Mit der Verpflichtung von Lena Lotzen sorgten die FC-Frauen für großes Aufsehen. Nach Stationen beim FC Bayern München und dem SC Freiburg steht die 27-Jährige nun in der Domstadt unter Vertrag. Köln.Sport blickt auf eine bewegende Karriere, die von unzähligen Rückschlägen geprägt ist.
Lena Lotzen

Inzwischen sind Lena Lotzen (rechts) und Theresa Gosch (links) Teamkolleginnen. (Foto: imago images / Beautiful Sports)

Es soll ein besonderer Tag werden für die junge Mittelfeldspielerin an jenem Sonntagnachmittag im Freiburger Möslestadion. Schließlich ist ihr zukünftiger Verein, der 1. FC Köln, zum Bundesligaspiel im Breisgau zu Gast. Lotzens Wechsel wird rund drei Monate zuvor, im März 2020, bekanntgegeben. Ein durchaus überraschender Transfer, so stehen die FC-Frauen doch zu diesem Zeitpunkt bereits am Abgrund zur Zweitklassigkeit. Und Lotzen hat sich nach Jahren des Leidens zurückgekämpft. Gegen ihren neuen Arbeitgeber steht die 25-malige Nationalspielerin auch gleich in der Startformation. Doch ausreichend Zeit, um sich auf dem Feld zu präsentieren, bekommt sie nicht. Denn schon nach neun Minuten muss Lotzen unter Schmerzen ausgewechselt werden. Nur wenige Tage später steht fest, dass sie sich ihren dritten Kreuzbandriss im linken Knie zugezogen hat.

Alles auf Anfang also. Mal wieder. Dabei beginnt ihre Karriere unglaublich verheißungsvoll. Im Jahr 2010 wechselt die gebürtige Würzburgerin als 16-Jährige zum FC Bayern München, nachdem sie in ihrer Heimat zuvor in Jugendmannschaften mit Jungs gespielt hatte. Gleich zu Beginn der Saison 2010/11 debütiert sie schließlich in der Frauen-Bundesliga. Nur wenige Monate später erzielt sie für die Bayern beim Auswärtsspiel in Duisburg ihr erstes Bundesligator. Auch beim DFB macht sich die technisch starke Mittelfeldspielerin schnell einen Namen. Sie durchläuft ab 2008 alle Jugendnationalmannschaften und nimmt mit großem Erfolg an Turnieren der Nachwuchs-Jahrgänge teil. 2011 gewinnt sie mit der U19 die Europameisterschaft und steuert insgesamt fünf Turniertreffer zum Titelgewinn bei – zwei davon im Finale.

Debüt bei den DFB-Frauen

Parallel dazu glänzt sie im Verein und sorgt beim FC Bayern, zu dieser Zeit im Frauenfußball ein aufstrebender Verein, für Furore. In ihrer zweiten Saison absolviert sie in der Bundesliga alle 22 Spiele, erzielt insgesamt 14 Treffer und gewinnt mit ihrer Mannschaft überraschend den DFB-Pokal. Mit ihrem Spielwitz, ihrer Torgefahr und ihrem Abschluss gerät sie folglich auch in das Blickfeld der damaligen Bundestrainerin Silvia Neid. Schließlich debütiert Lotzen am 29. Februar 2012 beim Algarve Cup gegen Island für die Frauen-Nationalmannschaft – mit gerade einmal 18 Jahren. Doch es ist der nächste logische Schritt in ihrer noch jungen Karriere. Nur ein Jahr später nimmt sie an der Europameisterschaft in Schweden teil. Trotz enormer Konkurrenz gehört Lotzen inzwischen zum Stammpersonal der DFB-Frauen und absolviert alle Spiele von Beginn an. Auch das Finale gegen Norwegen, das die deutsche Mannschaft mit 1:0 gewinnt. Im Alter von 19 Jahren gewinnt Lotzen die Europameisterschaft. Auch hier überzeugt sie mit rasantem Tempo über die Flügel, Spielintelligenz und ihrer Torgefahr. Es ist der bis heute größte Erfolg in ihrer Karriere.

Im Anschluss an den großen Triumph folgen zahlreiche Rückschläge. Im September 2013, nur wenige Wochen nach dem EM-Titel, bricht sich Lotzen den Mittelfuß. Doch damit nicht genug: Im Aufbautraining nach der schweren Verletzung bleibt ihr das Pech treu. Ende November des Jahres zieht sie sich erneut einen Mittelfußbruch zu und fällt für einige Monate aus. Für Lotzen, die rechts wie links brillant passen und schießen kann, beginnen Monate und Jahre des Leidens. Die hochtalentierte Spielerin bleibt vom Verletzungspech geplagt.

600 Tage Zwangspause

Im August 2014 zieht sie sich schließlich ihren ersten Kreuzbandriss zu und fällt rund acht Monate aus. Noch in der Saison 2014/15 feiert sie allerdings ihr Comeback und gewinnt mit dem FC Bayern die Deutsche Meisterschaft. Ihr damaliger Stellenwert für den Frauenfußball wird deutlich, als Bundestrainerin Neid sie im Mai 2015 trotz der langen Verletzungspause für die WM in Kanada nominiert, bei der die Nationalmannschaft den vierten Platz erreicht. Bei der Endrunde absolviert Lotzen jedoch wieder einmal ihr letztes Spiel für einen langen Zeitraum. Aufgrund zweier Meniskus- Operationen fällt sie fast 600 Tage aus. Auch nach ihrem Comeback im Februar 2017 bleibt sie nicht lange von Verletzungen verschont. Im Champions- League-Finale im März 2017 in Paris wird sie nur zehn Minuten nach ihrer Einwechslung unter Schmerzen ausgewechselt – der zweite Kreuzbandriss, die nächste lange Zwangspause.

Erneutes Comeback?

Doch erneut arbeitet Lotzen hart an ihrem Comeback, den Willen verliert sie dabei nicht. 2018 wechselt sie zum SC Freiburg und plant im Breisgau den Neustart. Und dieser gelingt ihr. Sie etabliert sich wieder in der Bundesliga und erkämpft sich beim Sport-Club einen Stammplatz. In der Spielzeit 2019/20 kommt sie dabei überwiegend auf neuer Position zum Einsatz: im zentralen Mittelfeld auf der „Sechs“. Von der offensiven Flügelspielerin und Stürmerin zur defensiven Mittelfeldspielerin – ein Positionswechsel, der im Fußball sicherlich nicht üblich ist, aber die herausragenden Qualitäten der Gewinnerin der Fritz-Walter-Medaille 2012 in Gold unterstreichen. Ihre Zeit in Freiburg endet im Juni 2019 jedoch mit dem nächsten Rückschlag: dem dritten Kreuzbandriss im linken Knie.

Der Frauenfußball hat sich in den vergangenen Jahren enorm weiterentwickelt, Lotzen fehlt die Spielpraxis aus unzähligen Monaten. Auch in Köln ist sie einmal mehr zu einer langen Pause gezwungen. Der erneute Weg zurück zum Profifußball wird somit nicht leicht. „Ob es mir gelingen wird, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Dafür ist es viel zu früh. Mein Knie hat schon einiges mitgemacht, und man wird im Verlaufe der Reha sehen, ob es noch einmal eine solche Verletzung wegstecken kann. Ein zeitliches Ziel hatte ich mir bereits bei meinem zweiten Kreuzbandriss nicht mehr gesetzt und bin damit gut gefahren, sodass ich mir auch diesmal keines gesetzt habe“, erklärt sie im Interview auf dfb.de. Wenn ihr dies gelingt, können sich die Geißböcke auf eine echte Verstärkung freuen. Nicole Bender, sportliche Leiterin der FC-Frauen, sagt nach der Verkündung des Transfers: „Von der ersten Sekunde an hat Lena beim 1. FC Köln alle überzeugt. Fußballerisch ohnehin, aber auch mit ihrer Art. Lena hat sich im Frauenfußball mit ihren Qualitäten einen großen Namen erarbeitet. Sie gehört zu den besten Mittelfeldspielerinnen Deutschlands. Wir sind sehr glücklich, dass sich Lena für uns entschieden hat, denn sie wird unseren Kader auf ein neues Level heben.“