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Köln.Sport

„Selbstliebe ist nirgendwo so groß wie in Köln“

Quelle: IMAGO

Der Düsseldorfer Dieter Nuhr ist begeisterter Sportfan.

Vor dem großen Eishockey-Derby am Freitag zwischen den Haien und der DEG spricht Comedy-Star Dieter Nuhr über die Rivalität der Sportstädte Köln und Düsseldorf – und erklärt, warum die DEG wie ein Bruder für den KEC ist.

 Herr Nuhr, was zeichnet die sportliche Rivalität zwischen Köln und Düsseldorf aus?

Das Schönste im Fußball ist nicht, wenn man selbst gewinnt, sondern wenn die Nachbarstadt verliert. Menschliche Schadenfreude ist evolutionär begründet. Schon früher freute man sich, wenn der Besitzer der Nachbarhöhle verstarb, dann konnte man dort einziehen. Wir Düsseldorfer freuen uns, wenn die Kölner unentschieden in Sandhausen spielen. Dafür freuen sich die Kölner, wenn es in Düsseldorf ein Erdbeben gibt. 

Wie schwer ist das Leben als Fortuna-Fan?

Gar nicht, es stählt. Wer mit Fortuna aufgewachsen ist, hat Narben auf der Seele, die im Leben helfen, mit tragischen Schicksalsschlägen klarzukommen. Während viele, die ihr Leben lang zum Beispiel Fan von Bayern München waren, gar nicht mehr wissen, dass sie sterblich sind. Und sich wundern, dass sie, sobald das Lebensende näher rückt, sich damit konfrontieren müssen, eine Grabstelle zu suchen.

Besteht bei Ihnen nicht die Gefahr, abtrünnig zu werden? Wir denken da etwa an -Martin Kaymer, der sogar Mitglied beim 1. FC Köln ist.

Das sind natürlich Charakterlosigkeiten, die der Düsseldorfer an sich nicht verzeihen kann. Aber grundsätzlich abtrünnig werden hat ja keinen Sinn, weil ein Sportverein ein genetischer Defekt ist. Ich bin aufgewachsen mit diesem Verein, zu dem ich als Siebenjähriger hingegangen bin, mit einer kleinen Fahne. Dann kamen die Arschlöcher aus der Nachbarstadt und haben mir die Fahne weggenommen. Ich sage jetzt nicht, welche Nachbarstadt das war.

Der FC steckt im Neuaufbau, und in Führungspositionen sind Kräfte aus Düsseldorf, dem Schwabenland und Österreich am Werk. Wird der Klub unterwandert?

Köln ist eine Stadt, die gerne im eigenen Saft schwimmt. Wo jede Blase mit der nächsten Blase zusammenarbeitet, und daraus ergibt sich der bekannte Klüngel. Es ist das Beste, was dem -
1. FC Köln passieren kann – dass Leute aus anderen Städten kommen, Einfluss haben und alles einmal ein wenig auflockern. Das gilt für Fortuna Düsseldorf im Übrigen genauso. 

Als Ende der letzten Saison klar war, dass der FC die Relegation verpasst, bettelte Fortuna in der 1. Liga um den Abstieg – und bekam ihn. Wie ist das zu erklären?

Es war einfach der Wille, das Spiel gegen Köln durchziehen zu wollen. Man hatte in Düsseldorf beschlossen: Wir steigen ab, und dann machen wir es eben in der 2. Liga.

Der Kölner feiert sich im Stadion gerne selbst, singt dazu die FC-Hymne der Höhner. Trifft das Ihren Geschmack von Fankultur?

Das ist doch liebenswert. Ich glaube, jeder Außenstehende, der nach Köln kommt, kann das nachvollziehen. Die Selbstliebe einer Stadt ist wohl nirgendwo so groß wie in Köln. Das hat sympathische Seiten, aber auch manchmal skurrile Züge. Auf praktisch jeder Werbung ist der Dom abgebildet. Dagegen ist München ja harmlos. 

Ehe der gebürtige Düsseldorfer Mike Büskens neuer Fortuna-Trainer wurde, war er auch beim FC im Gespräch. Haben Sie gezittert? 

Ich bin frei von Rassismus. Als Klaus Allofs Anfang der 80er nach Köln ging, war das schon schwer zu verkraften, aber es hat geprägt. Man sieht einfach: Fußballspieler gehen dorthin, wo der Scheck herkommt. Das sollte man nicht zu romantisch sehen. Ich hätte sehr viel Verständnis gehabt, wenn Herr Büskens nach Köln gegangen wäre. Herr Schmadtke hat es dann ja gemacht.

Tradition hat auch die Rivalität zwischen den Haien und der Düsseldorfer EG im Eishockey. 

Eishockey war früher ein absolutes Muss in Düsseldorf, ich hatte damals sogar eine Saisonkarte. Da hat die DEG zu Hause nur einen einzigen Punkt abgegeben, gegen Bad Nauheim. Und wir waren völlig fassungslos, wie das möglich war. Da war Eishockey noch Kult. Dann kam die Deutsche Eishockey Liga, und alle Vereine nahmen plötzlich Tiernamen an. Es wurde einfach seelenlos, als statt des EV Füssen und des SC Riessersee die Grizzly Adams aus Wolfsburg oder die Scorpions aus Hannover vorbeikamen. Diese Art Kommerzialisierung hat den Sport im Grunde in Düsseldorf getötet, dort interessiert sich heute keine Sau mehr für Eishockey. Ich im Übrigen auch nicht.

Als die DEG finanziell ums Überleben kämpfte, spendeten auch Haie-Fans für den Rivalen. Können beide Klubs nicht ohneeinander? 

Das ist so, wie wenn man einen Bruder hat, mit dem man sich nicht versteht. Man streitet sich den ganzen Tag, aber wenn er krank ist, kümmert man sich trotzdem. Ich glaube, so wäre es auch im Fußball. Ginge der FC jetzt pleite, würde Fortuna hinfahren und ein Spiel machen.

Wer steigt auf, FC oder Fortuna? 

Eher der FC, Fortuna braucht eine kleine Erholungsphase. Ich glaube, dass der Erfolg der letzten Jahre – aufzusteigen von der 4. bis in die 1. Liga –, vieles überdeckt hat. Die Mannschaft hatte spielerisch schon starke Mängel. Da muss man jetzt mit jungen Leuten etwas Neues aufbauen.

Köln hat als Sportstadt auch -bedeutende Sport-Events zu bieten. Kommen Sie mal zum DFB-Pokalfinale der Frauen

Frauenfußball finde ich eine ganz tolle Sache. Das einzige Problem, das ich habe: Es interessiert mich einfach nicht – warum auch immer. Wenn man das sagt, wird man fast gevierteilt, weil es politisch sehr unkorrekt ist. Ich habe natürlich nichts gegen Frauenfußball. Sie spielen auch -einen sehr guten Ball. Aber die Tradition ist eine andere. Ich darf weiter zum Herrenfußball -gehen, ohne zum Frauenfußball gehen zu müssen.

Das Gespräch führte Frank Schwantes

 Das gesamte Interview finden Sie in Köln.Sport 10/2013, derzeit am Kiosk erhältlich.