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Köln.Sport

Karriere in Scherben?

Die positive Dopingprobe hat Schwergewichtsweltmeister Manuel Charr um den Kampf gegen Fres Oquendo gebracht. Und auch wenn sich der „Koloss von Köln“ nach Kräften wehrt: Sie könnte ihn sogar die ganze Karriere kosten.
Charr Doping

Hat der „Diamond Boy“ gedopt? Die Ergebnisse der B-Probe werden darüber Klarheit bringen (Foto: imago/Sven Simon)

Es ist Donnerstag, der 20. September. Manuel Charrs WM-Fight gegen den US-Amerikaner Fres Oquendo ist nur noch neun Tage entfernt, als Charr ein großes Statement über die sozialen Medien veröffentlicht. Darin bedankt er sich bei seinen Fans und beim deutschen Volk. „Wenn ich am 29. September 2018 in Köln in der Lanxess-Arena meinen Titel verteidige, werde ich wieder für Deutschland in den Ring steigen. Damit will ich Deutschland die Ehre erweisen, die diesem Land gebührt.“ Zudem versichert er, dass sein Antrag auf Einbürgerung bereits läuft.

Doch nur knapp vier Stunden nach dem Social-Media-Post folgt der große Schock: „Doping! Box-Weltmeister Charr positiv getestet“, titelt „bild.de“. Bei einer Urinprobe der Voluntary Anti-Doping Association (VADA) vom 31. August wurden Charr in der A-Probe die anabolen Steroide Epitrenbolon und Drostanolon nachgewiesen. „Ich bin total geschockt. Ich habe noch nie etwas genommen“, weist der Schwergewichts-Champion gegenüber dem Nachrichtenportal die Vorwürfe zurück. Der WM-Kampf gegen Oquendo wird dennoch umgehend abgesagt.

„Das ist Hardcore-Doping“

Auch in einem Online-Interview mit dem „Express“ beteuert der „Diamond Boy“ seine Unschuld. „Ich kann mir das nicht erklären. Ich habe noch nie irgendwas genommen“, so der „Koloss von Köln“. „Ich habe meine Ernährung umgestellt und nehme Ergänzungspräparate“, sucht er nach Erklärungen für den Dopingbefund. „Vielleicht gibt es da was. Ich habe auch schon mit meinem Arzt gesprochen, von dem ich Infusionen bekommen habe. Er sagt, das sind ganz normale Vitaminmischungen.“

Laut Köln.Sport-Recherchen bewirken die anabolen Steroide, die in Charrs Urin entdeckt wurden, einen schnellen Aufbau von Muskelfleisch (Epitrenbolon) und führen zu einer erhöhten Muskeldichte im Körper sowie einem erhöhten Leistungsvermögen (Drostanolon). „Das ist absolutes Hardcore-Doping“, bestätigt Doping-Experte Fritz Sörgel gegenüber der „Bild“. Auch der Kölner Box-Experte Rüdiger May zeigt sich geschockt.

„Es macht mich einfach fassungslos, dass man so etwas immer noch macht. Wahrscheinlich kommen jetzt wieder Statements wie: ‚Da war etwas im Essen‘ oder: ‚Da war etwas im Fleisch‘, was natürlich kompletter Unsinn ist. Um eine Dosis aufzunehmen, die beim Test auffällig wird, müsste man ja unfassbare Mengen davon zu sich nehmen“, erklärt der ehemalige Profi und heutige Trainer.

Doch allen Vorwürfen zum Trotz gibt sich Charr kämpferisch. Wenige Tage nach dem Doping-Schock veröffentlicht er das Ergebnis einer Blutuntersuchung auf seiner Facebookseite. „Heute wurde mir bekannt, dass die VADA die Blutanalyse von mir negativ getestet hat. (Kein Doping!) Blutbefund anbei. Beide Proben, sowohl die Blutprobe als auch die Urinprobe, wurden von der VADA am selben Tag abgenommen.“

Der Schwergewichts-Champ schöpft neue Hoffnung und erklärt: „Ich möchte jetzt genau wissen, wie die Urinprobe verunreinigt werden konnte, während die Blutuntersuchung eindeutig einen Negativbefund zeigt.“ Aus diesem Grund werde er weitere Maßnahmen einleiten, um die Angelegenheit aufzuklären. „Mein Investor, Herr Jäger, arbeitet auf Hochtouren“, schreibt Charr.

B-Probe soll engültige Klarheit bringen

In der angeführten Blutprobe wurde allerdings nicht auf anabole Steroide getestet, sondern auf Wachstumshormone. Daher bleibt weiter entscheidend, wie das Ergebnis der B-Probe ausfällt. Nur dieses kann letztendlich für Aufklärung sorgen. Sollte auch die B-Probe positiv sein, dann wäre Charr offiziell des Dopings überführt. Sein WM-Titel wäre futsch, und seine Karriere läge in Scherben. Auf den 34-Jährigen würde voraussichtlich eine Sperre von mindestens sechs Monaten warten.

Doch viel schlimmer wiegt der Imageschaden, der seine Laufbahn, zumindest auf größerer Bühne, praktisch beenden könnte. Dass Charr jemals wieder eine WM-Chance erhält, scheint nahezu ausgeschlossen. Der „Koloss von Köln“ machte in den vergangenen Jahren vor allem als Stehaufmännchen von sich reden, das nach schweren Rückschlägen, sowohl sportlich als auch im Privatleben, unglaubliche Comebacks schaffte. 2017 erfüllte er sich seinen Traum vom WM-Titel im Schwergewicht. „Von der Straße zu den Sternen“, lautet sein Motto. Doch nach diesem „K.o.“ scheint selbst Manuel Charr nicht mehr aufstehen zu können.