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Köln.Sport

Zum Wohle des Breitensports

Quelle: Herbert Bucco

Im Zollstocker Südstadion kann dank der Laufbahn auch Leichtathletik betrieben werden.

Ein Gutachten empfiehlt eine Neuverteilung der Zuständigkeiten für vier Kölner Sportanlagen – und alle sind dafür. 200 Euro – für einen Sportverein eine beachtliche Stange Geld. Insbesondere, wenn die Kohle im Laufe eines Monats gleich mehrfach aufzubringen ist. Dennoch war diese Summe bislang fällig, wenn beispielsweise ein Leichtathletikclub das Südstadion für Training oder Wettkampf nutzen wollte. Das kann sich natürlich kein Breitensportverein leisten. Die Folge: Das Stadion stand in den letzten Jahren überwiegend leer.

Dieser Missstand zuungunsten des Hobby- und Freizeitsports liegt in der Verwaltungsstruktur der Kölner Sportstätten begründet. Neben dem Südstadion sind auch das Reit- und Baseballstadion in Müngersdorf, die Hauptkampfbahn im Sportpark Höhenberg und das Radstadion bei der Kölner Sportstätten GmbH (KSS) angesiedelt. Und diese muss als profitorientierte Gesellschaft hohe Summen aufrufen, um nicht in den Verdacht zu geraten, so genannte unerlaubte Gewinnausschüttungen zu gewähren. Die intensive Suche nach einem steuerlichen Schlupfloch dafür blieb bislang erfolglos, die Mietpreise (zu) hoch, Einnahmen für die KSS aus.

Doch nun scheint endlich Abhilfe in Sicht: Anfang des Jahres 2009 gab die Kämmerei der Stadt, einem Ratsbeschluss folgend, ein Gutachten in Auftrag. Die renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte & Touche aus Düsseldorf sollte klären, ob die besagten Stadien nicht besser beim Sportamt der Stadt angesiedelt wären. Jetzt liegt das Gutachten vor und empfiehlt tatsächlich nachdrücklich, die Zuständigkeiten von den Sportstätten auf das Sportamt zu übertragen.

Gewichtige Gründe sprechen dafür. Der für die Kölner Hobbysportler und ihre Clubs sicher entscheidende: Die Nutzung der vier Sportstätten wäre künftig wieder erschwinglich. „Wir garantieren in jedem Fall eine höhere Auslastung, allein schon weil unsere Gebührenforderungen an die Vereine nicht so hoch ausfallen“, bestätigt Sportamtsleiter Dieter Sanden. Auch die weitaus höhere Affinität des Sportamtes zum Breitensport legt den Wechsel nahe. „In den vier Sportstätten wird hauptsächlich ambitionierter Amateursport betrieben, daher wären sie bei uns besser aufgehoben. Ich stehe dem Vorschlag grundsätzlich positiv gegenüber.“

Zuspruch vom Stadtsportbund

Beim Breitensport und seinen Vertretern rennt das Gutachten ohnehin offene Türen ein. Peter Pfeifer, seines Zeichens Vorsitzender der Sportjugend Köln: „Wir würden diese Umstrukturierung unterstützen. Das Sportamt ist einfach näher dran am Breitensport und seit Jahren ein verlässlicher Partner des Stadtsportbundes und der Sportjugend.“ Das Mitglied im SSBK-Vorstand ergänzt: „Ich bin auch guten Mutes, dass die betreffenden Sportstätten dann besser ausgelastet sein werden als bisher.“

Wer nun glaubt, die Verantwortlichen der KSS, einer 100-prozentigen Tochter der Stadt Köln, würden sich nun in ihrer Kompetenz beschnitten fühlen und schmollen, liegt falsch. Im Gegenteil, Sportstätten-Geschäftsführer Hans Rütten befürwortet das Vorhaben ebenfalls ohne Wenn und Aber: „Auch aus unserer Sicht ist die Übertragung der vier vorwiegend breitensportlich genutzten Anlagen an das Sportamt sinnvoll. Der Breitensport hätte im Sportamt dann einen Ansprechpartner, der manche Dinge aus steuerrechtlichen Gründen günstiger anbieten kann als wir.“

Beim genaueren Hinsehen ist Rüttens Ansicht nur allzu verständlich. Schließlich fährt seine Gesellschaft mit Südstadion und Co. alljährlich Miese ein, was sich in den Bilanzen unschön niederschlägt. Grund für das Verlustgeschäft ist das geringe Vermarktungspotenzial. Die vier Anlagen machten im Jahr 2008 mit rund 380.000 Euro per anno nur 4,3 Prozent am Gesamtumsatz der Sportstätten aus. Demgegenüber standen allein Personalkosten von 500.000 Euro. Aufwendungen für Energie, Instandhaltung usw. in Höhe von über 260.000 Euro kamen ebenso hinzu wie Abschreibungen über 672.000 Euro. Unterm Strich machten die KSS mit den vier Objekten Verluste von mehr als 1,1 Millionen. Allein in 2008.

Konzentration aufs Stadion

„Die Sportstätten GmbH könnte sich in der Folge auf das Kerngeschäft der Vermarktung des Rheinenergie-Stadions mit großen Sportveranstaltungen, Konzerten und den lukrativen Business-Events konzentrieren“, erklärt Rütten.

Allerdings wirft auch die Heimstatt des 1. FC Köln bislang keine Gewinne ab – einzig die Öffentliche Golfanlage in Roggendorf-Thenhoven schreibt von allen Sportstätten, die unter der Ägide der KSS stehen, schwarze Zahlen. Das Stadion bietet aber ganz andere Potenziale. Neben dem Fußball steigen hier Open-Air-Konzerte, finden gut besuchte Stadionführungen statt und veranstalten Unternehmen in den Lounges ihre Events.

Die Bilanz der KSS würde also von einer Ausgliederung der vier fraglichen Objekte profitieren. Nicht zuletzt, weil in diesem Fall auch an Personal erheblich gespart werden kann. Vorläufige Planspiele sehen vor, die Mitarbeiterzahl von derzeit 26 auf dann zwölf zu reduzieren. Sollte die „personelle Gesundschrumpfung“ umgesetzt werden, sollen dennoch keine Mitarbeiter auf der Straße landen. Ein Teil von ihnen würde voraussichtlich zum Sportamt wechseln, die übrigen freie Posten innerhalb des Stadtkreises besetzen. Gemäß dem Gutachten sänken die Personalkosten in diesem Fall um 930.00 Euro. „Die endgültige Zahl der Mitarbeiter steht zur Zeit noch nicht fest und wird erst in den kommenden Wochen und Monaten festgelegt, wenn alle Überlegungen final überarbeitet wurden“, bremst der Sportstätten-Boss in diesem Punkt noch etwas.

Sieht nach einer Win-win-Situation, wie es neudeutsch heißt, für alle Beteiligten aus, doch ganz so einfach ist die Lage doch nicht. Hauptknackpunkt wären die Transaktionskosten an den Fiskus von circa 740.000 Euro. Diese Summe würde fällig, da die KSS nicht nur Betreiber der Anlagen ist, sondern auch deren Eigentümer. Entsprechend wäre bei einem Verkauf die übliche Grunderwerbssteuer von 3,5 Prozent zu zahlen. Keine gute Nachricht für das klamme Säckel der Stadt, aber mittel- und langfristig eine sinnvolle Investition.

Der zweite Haken wäre – aus Sicht des Sportamtes – das nötige Geld, um die Anlagen wieder auf Vordermann zu bringen. Die Wirtschaftsprüfer von Deloitte & Touche haben für Südstadion (1 Million Euro), Höhenberg (340.000) und das Reit- und Baseballstadion (75.000) einen Bedarf von knapp 1,5 Millionen Euro für Sanierungs- bzw.Instandhaltungsmaßnahmen ausgemacht.

Eine Aussicht, die Dieter Sanden den Schweiß auf die Stirn treibt: „Es müssen auch angemessene Mittel bereitgestellt werden, um die Sportstätten vernünftig zu unterhalten. Dafür müssen alle Fakten auf den Tisch“, fordert der Sportamtsleiter. Auch pocht Sanden auf eine ausreichende Zahl von Mitarbeitern: „Auf eine Personenzahl möchte ich mich da nicht festlegen. Aber die Menschen müssen natürlich in der Lage sein, die Anforderungen umzusetzen.“

Bislang wurde das Gutachten im Sportausschuss lediglich entgegengenommen, eine Entscheidung über seine Umsetzung steht noch aus. Im Sinne des Breitensports wäre eine zügige Realisierung der Empfehlung wünschenswert. Denn leerstehende Sportstätten, die allmählich vergammeln, braucht kein Mensch.