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Köln.Sport

Wo kicken noch Spaß macht

 

Keine andere Fussball-Freizeitliga in der Region ist so kultig wie die „Bunte Liga“ in Köln. Dabei könnte das Erfolgsrezept nicht einfacher sein: Fußball in seiner reinsten Form.
Bunte Liga

Filigranen Fußball sieht man in der Bunten Liga eher weniger. Hier muss sich kein Spieler schämen, wenn er mal am Ball vorbei tritt (Foto: Ben Horn)

Direkt hinter der Südtribüne des RheinEnergieStadions schlägt es, das Herz des Kölner Fußballs. Denn hier finden jedes Wochenende die Spiele der Bunten Liga statt, Kölns beliebtester Freizeitliga. Überall laufen dann mehr oder weniger nach Fußballern aussehende Männer herum (manchmal auch Frauen) und suchen ihre Mannschaft.

Denn auf der riesigen Jahnwiese erstrecken sich sieben Rasenplätze, und da die Teams längst nicht alle in einheitlichen Trikots auflaufen, kann es schon mal ein bisschen dauern, bis der schweifende Blick die eigenen Kameraden erspäht hat.

Hat man sie einmal gefunden, ist die Freude umso größer, denn die Spieler der Bunten Liga sind keine hochbezahlten Hochleistungsmaschinen, sondern ganz normale Schüler, Studenten oder Familienväter, denen der Plausch über das letzte Spiel noch am Herzen liegt. Nicht selten dauern diese Gespräche bis zum Anpfiff, denn warmgelaufen wird sich bei den Teams der Freizeitliga selten bis nie.

Bunte Liga

Auf eine schulmäßige Haltung beim Kopfball wird in der Bunten Liga kein Wert gelegt. Hauptsache die Kirsche geht rein! (Foto: Ben Horn)

Vier Ligen, 48 Teams

Das macht auch Sinn, denn die „Körner“ brauchen die in der Regel nicht ganz so austrainierten, mitunter leicht verkatert auflaufenden Bunte-Liga-Kicker ja schließlich noch in den anstehenden 90 Minuten. Gespielt wird nämlich ganz normal mit elf gegen elf über den gesamten Platz, lediglich die Zahl der Wechsel pro Mannschaft (es kann beliebig oft getauscht werden) und die Form, Farbe und Beflockung der Trikots weichen von den offiziellen DFB-Statuten für Fußballspiele ab.

Auch das System der Bunten Liga ist simpel: In vier Ligen duellieren sich jeweils zwölf Teams in einer Hauptrunde. Die besten vier Mannschaften jeder Liga ziehen in die Playoffs ein, wo es um Aufstiege (2. bis 4. Liga) und natürlich die prestigeträchtige Meisterschaft geht (1. Liga).

Bunte Liga

Glanzparade: Bälle, die Timo Horn mit der Mütze fangen würde, sind für die Torhüter in der Bunten Liga echte Herausforderungen (Foto: Ben Horn)

Einmal die Bunte Liga zu gewinnen, davon träumt jeder der rund 1.500 aktiven Fußballerinnen und Fußballer. Gute Chancen, seinen Traum in diesem Jahr zu verwirklichen, hat Christian Oeynhausen, Trainer der „Feinen Kerle Köln“, die den Einzug in die Endrunde der 1. Liga geschafft haben. Er ist seit acht Jahren Teil der Freizeitliga und weiß genau, warum diese so beliebt ist. „Hier geht es einfach viel entspannter zu als in einem Fußballverein. Es herrscht ein anderer Spirit, die Spieler sind nicht so verbissen“, erläutert der Coach. Die Gründe liegen für ihn auf der Hand: „Der Fußball ist hier noch unverdorben, es ist kein Geld im Spiel, einzig und allein der Spaß und das gemeinsame Freizeitvergnügen stehen im Vordergrund.“

Mehr als eine Freizeitliga

Dass die bunte Liga nicht irgendeine beliebige Freizeitliga, sondern vielmehr ein „Jeföhl“ ist, bestätigt auch Frank Fischer. Er hat die Liga bis vor wenigen Wochen als ehrenamtlicher 1. Vorsitzender geleitet und ist seit 2005 als Spieler für „Dynamo Tresen“ im Einsatz. An sein erstes Spiel erinnert sich Fischer noch genau: „Ein Kumpel bat mich damals, mal auszuhelfen, weil Not am Mann war. Ich wurde dann ins Tor gestellt, und wir haben das Spiel mit 2:1 gewonnen. Die darauffolgende Partie ging dann allerdings mit 9:10 verloren, und damit war meine so vielversprechend gestartete Torwartkarriere auch schon wieder vorbei“, berichtet Fischer mit einem Grinsen.

Seine Geschichte steht exemplarisch für die vieler anderer in der Bunten Liga. Die meisten Kicker finden über Bekannte den Weg in eines der insgesamt 48 Teams. Mitunter werden bei der Spielerakquise auch unkonventionelle Methoden angewandt. „2008 stand Dynamo Tresen wegen akutem Spielermangel kurz vor der Auflösung, also haben wir mit den Teamverantwortlichen eine Kneipentour gestartet und dabei die Leute angequatscht, ob sie nicht bei uns spielen wollen“, erzählt Frank Fischer eine dieser typischen Geschichten rund um die Bunte Liga, die den besonderen Charme der Kultliga ausmachen. Mitspielen darf prinzipiell jeder, der nicht in einem Fußballverein, der höher als Kreisliga A spielt, aufläuft. Spielerpässe gibt es keine.

Lange Historie

Ins Leben gerufen wurde die Freizeitliga vor knapp 30 Jahren (1989), als sich sechs Teams mit klangvollen Namen – Calamares International, Grandhotel Abseits, Petermann Stadtgarten, Prinzip Hoffnung, Roter Hammer und Zombie Zollstock – zusammenfanden und eine reguläre Meisterschaftsrunde vereinbarten. Die Idee verbreitete sich sehr schnell. In der zweiten Saison nahmen bereits elf und in der dritten Saison schon 18 Mannschaften am Spielbetrieb teil.

Im Jubiläumsjahr 1999 war die Zahl auf 48 Mannschaften angestiegen – die organisatorische Kapazitätsgrenze war erreicht. Die Mitglieder der Teams aus der Anfangszeit kamen hauptsächlich aus der linksalternativen Szene, politisch ist die Bunte Liga aber längst nicht mehr. Kreative Teamnamen gibt es aber nach wie vor. Ob „Zeugen Yeboahs“, „Juventus Urin“ oder „Deportivo La Colonia“ – nicht selten sind legendäre Teams oder Spieler Inspiration bei der Namensgebung.

Bunte Liga

Die Spiele in der Bunten Liga kosten Kraft! Deswegen belohnen sich viele Kicker anschließend mit einem (oder mehreren) Kölsch (Foto: Ben Horn)

Das Spielerfeld ist bunt gemischt. „Es gibt immer noch ein paar alte Hasen, die aus der linksalternativen Studentenszene stammen, aber genauso Schülermannschaften mit jungen Leuten, das Spektrum ist extrem breit“, so Fischer. Breit gefächert ist auch das Leistungsniveau in der Freizeitliga, Fußball-Leckerbissen gibt es aber selbst in der höchsten Liga nicht zu sehen. Das liegt nicht nur, aber sicher auch, an den Tücken des nicht gerade bundesligatauglichen Geläufes, auf dem allwöchentlich gespielt wird.

Die schlechte Qualität des Rasens auf den Jahnwiesen macht nicht nur den Spielern der Bunten Liga zu schaffen, auch andere Kicker-Kaliber haben sich damit schon schwergetan. „Selbst Matthias Scherz, den wir nach seinem Karriereende für ein Spiel überreden konnten, im Kerle-Trikot aufzulaufen, versemmelte damals völlig freistehend allein vor dem Tor, weil ihm ein Hubbel auf der Wiese zum Verhängnis wurde“, erinnert sich Christian Oeynhausen, der sich an die technischen Mängel seiner Schützlinge gewöhnt hat. Gegrätscht, gekämpft und gemeckert wird aber selbstredend auch in der Bunten Liga, der Fussball wird hier weitgehend gearbeitet und nicht so sehr gespielt.

Fussballromantik pur

Die fehlende fußballerische Qualität kompensiert die Liga jedoch mühelos durch ihren Charme. Gemeinsam unter Wettbewerbsbedingungen, ohne den letzten Ehrgeiz, im Schatten des geliebten RheinEnergieStadions kicken und nach dem Spiel zusammen ein Bier trinken – genau dafür bietet die Bunte Liga den perfekten Rahmen. Das selbst gesetzte Motto „Wo Kicken noch Spaß macht“ trifft laut Frank Fischer den Nagel auf den Kopf.

„Ich habe mich vor vielen Jahren mal selbst dabei erwischt, wie ich auf den Jahnwiesen nach einem Spiel in der Sonne lag, das Stadion im Rücken, alle Felder bespielt – da kam in mir die Fußballromantik hoch, und ich dachte mir: ‚Mensch ist das ’ne tolle Geschichte mit der Bunten Liga‘“, verfällt der ehemalige Vorsitzende in Nostalgie. Am Ende ist die Freizeitliga aber noch lange nicht, im Gegenteil: Aktuell stehen rund zehn Mannschaften auf der Warteliste, die gerne in den Spielbetrieb einsteigen würden, sich aber teilweise Jahre gedulden müssen.

Die nächste Chance bietet sich im Sommer, für den Fall, dass Teams zurückziehen. Bevor die Saison in Kölns kultiger Freizeitliga allerdings vorbei ist, stehen in den vier Ligen nun erst einmal die Playoffs an. Sie versprechen große Schlachten und noch größere Emotionen direkt hinter der Südtribüne des RheinEnergieStadions. Dort, wo das Herz des Kölner Fußballs schlägt.