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Köln.Sport

„Wir müssen eine Vision aufbauen“

Quelle: IMAGO

Holger Stanislawski predigt Leidenschaft und lebt dies selbst vor

Eigentlich wollte Holger Stanislawski nach seiner Trainerausbildung nie wieder in die Domstadt zurückkehren. Jetzt ist er Cheftrainer des 1. FC Köln. Im Exklusiv-Interview erklärt „Stani“, was er mit dem Klub vorhat

Herr Stanislawski, Sie haben das EM-Halbfinale in einem italienischen Restaurant in Köln geguckt. Wie war’s?
Zuerst haben wir gut gegessen, bei einem Italiener in Junkersdorf. Dann haben wir uns bewusst unter Druck gesetzt, saßen auch direkt vorm Fernseher … Ja, war gut. (schmunzelt)

Haben Sie bei der EM neue Trends beobachtet, die auch für Ihre Arbeit beim 1. FC Köln von Interesse sein könnten?
Wir analysieren mit Sicherheit so das eine oder andere nach der EM, schauen, was wir da für uns rausziehen können. Mir gefällt, dass mittlerweile die Tendenz dahin geht, eher offensiv zu spielen. Noch bei der EM 2008 wurde vornehmlich auf die Defensive geachtet.

Eine offensive Spielweise wünschen sich auch die FC-Fans. Spüren Sie eine ähnliche „positive Aufgeregtheit“ wie vor Ihrem letzten Trainer-Engagement in Hoffenheim?
Viel mehr, viel positiver. Das sind Welten, das ist nicht vergleichbar. Sollte man auch nicht, grundsätzlich sollte man keine Vereine miteinander vergleichen. Aber bei mir herrscht natürlich eine große Vorfreude. Auf diesen Auftrag hier, diese ganze Mannschaft umzubauen, diesen ganzen Verein mit umzubauen, mithelfen zu dürfen. Es ist eine Riesenherausforderung, eine ganz junge Mannschaft weiterzuentwickeln.

War Ihnen das bei der Unterschrift in Köln alles so klar?
Es kommt immer noch mal ein bisschen anders, wenn man dann vor Ort ist. (schmunzelt) Dann fehlt hier noch mal etwas, da noch mal ein bisschen, und dort ist noch mal eine andere Situation … Das ist aber ganz normal, das kenne ich aus St.-Pauli-Zeiten, wo ich eigentlich weniger Möglichkeiten hatte als hier, und auch da haben wir etwas Gutes aufgebaut über drei Jahre. Mein Trainerteam und ich hoffen, dass wir das Gleiche auch in Köln auf die Beine stellen können. Der FC ist schon ein besonderer Klub, mit einer besonderen Verbundenheit zwischen Verein und Fans.

Sie haben einige Erstliga-erfahrene Profis für den FC verpflichten können. Wie begeistert man Spieler, freiwillig in die 2. Liga zu gehen?
Es geht immer darum, dass man den Jungs eine Vision aufbaut, in der sie sich wiederfinden können. Wir versuchen, den Spielern ein bisschen ein Konstrukt aufzubauen. Sie müssen erkennen können: „Okay, da finde ich mich wieder, da habe ich ein Vertrauensverhältnis, da kann ich das umsetzen, was ich mir selber als Spieler auch vorstelle.“ Das haben wir glücklicherweise bei dem einen oder anderen geschafft und freuen uns, dass die Spieler, die auch andere Optionen hatten, sich trotzdem für Köln entschieden haben – was auch wiederum für diesen Verein spricht.

Wo drückt personell noch der Schuh?
Grundsätzlich ist dies jetzt erst mal die Mannschaft, mit der wir arbeiten. Wir werden auch immer bei jedem Spieler sehen, ob er realistische Chancen auf Einsatzzeiten hat. Es bringt mir nichts, wenn ich einen jungen Spieler dabei habe, aber er kommt vielleicht auf drei Kurzeinsätze. Dann ist das für die Entwicklung des Spielers kontraproduktiv. In dem Fall müssen wir genau darauf achten, ob es vielleicht nicht sinnvoller ist, so einen Spieler noch mal auszuladen. Und wenn wir sehen, dass wir irgendwo nicht so besetzt sind, wie wir uns das wünschen, dann werden wir auf dem Markt noch einmal aktiv, sofern wir denn die finanziellen Möglichkeiten haben.

Haben Sie schon eine Idee, welche Spieler künftig das neue „Gesicht“ des FC prägen werden?
Ich hoffe, dass es nicht nur die Kölner Spieler sind, mit denen die Leute sich hinterher identifizieren. Ein Tobias Strobl, den wir ein Jahr ausgeliehen haben (von 1899 Hoffenheim; d.Red.), hat zum Beispiel gesagt, eines seiner Ziele sei es, längerfristig beim 1. FC Köln spielen zu dürfen. Und das zeigt schon, dass der Junge sich hier wohl fühlt und an dieses ganze Konstrukt glaubt. Ich hoffe, dass sich ein paar Spieler auch in den Vordergrund stellen, Verbundenheit zeigen und eben dieser neuen Mannschaft auch das Gesicht geben. Konkret gibt es natürlich schon den einen oder anderen, der infrage kommt: Christian Clemens und Adil Chihi, die jetzt schon länger dabei sind und ihre fußballerischen Qualitäten haben. Ein Timo Horn, der ein Eigengewächs ist, 19 Jahre jung, und zum Saisonbeginn wahrscheinlich auch im Tor stehen wird. Auch ein Kübler, ein Przybylko, ein Ishak sollen Gesichter des FC werden, von denen die Leute sagen: „Die sind jung, die wollen.“ Das ist entscheidend, und da wollen wir hin.

Welche Spieler sollen die Eckpfeiler Ihres Teams werden?
Auch das kann sich immer wieder ein bisschen verschieben. Manchmal glaubt man im Voraus: So, das könnte sich rausstellen als die erste Elf oder die ersten 13, da haben wir den Backup – und auf einmal stellt sich im Zuge der Vorbereitung heraus, dass der Backup vielleicht deutlich besser im System funktioniert als die sogenannte Nummer eins. Ich bin auch jemand, der die Spannung in der Mannschaft gern ein bisschen hochhält, der auch mal wechselt. Also, es muss jeder damit rechnen, dafür trainiert er, für diesen Tag X.

Hier klicken um zur aktuellen Ausgabe von Köln.Sport zu gelangenDas vollständige Interview mit Holger Stanislawski und seine Aussagen zur taktischen Ausrichtung des FC, zum Heimdebüt vor Minuskulisse gegen Sandhausen und den Wiederaufstieg lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von Köln.Sport.