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Wie stark ist Fortuna wirklich?

Mit einem Traumstart hat sich Fortuna Köln in die Spitzengruppe der 3. Liga katapultiert. Doch ist der unerwartete Höhenflug der Startschuss für eine Traumsaison oder doch eher nur ein laues Lüftchen zum Saisonstart? Unsere Redakteure sind sich da nicht ganz einig…
Wie stark ist Fortuna Köln wirklich?

Grund zum Jubeln gab es zuletzt häufig in der Südstadt. Ist die Fortuna vielleicht sogar ein Aufstiegsanwärter? (Foto: imago/Eibner)

Wow, damit war vor dem Saisonstart nun wirklich nicht zu rechnen! Ausgerechnet im Jahr des größten Umbruchs seit dem Drittliga-Aufstieg 2014 gehört Fortuna Köln zu Beginn zu den besten Teams der Liga. Die Schützlinge von Coach Uwe Koschinat sammelten in den ersten neun Begegnungen 2017/18 starke 21 Zähler und liegen damit auf dem zweiten Platz der Tabelle. Mit 18 Treffern stellen die Südstädter hinter dem SC Paderborn die zweitbeste Offensive der Liga, zudem mit nur sechs Gegentoren gemeinsam mit Hansa Rostock auch die beste Defensiv-Abteilung – nach Platz 16 im Vorjahr und den großen Veränderungen im Kader während der Sommerpause ist das eine echte Sensation! Doch Beobachter in der Südstadt fragen sich: Von welcher Dauer ist diese neue Stärke der Fortuna? Oder anders ausgedrückt: Ist die Platzierung unter den Top 3 für die Koschinat-Elf in dieser Saison normal und ist sie damit einer der Aufstiegsanwärter? Oder ist der Höhenflug vor allem von Euphorie getragen und flacht über den Verlauf der Saison ab? Unsere Redakteure Peter Stroß und Thomas Werner haben sich diese Fragen gestellt, kommen bei der Beantwortung allerdings zu unterschiedlichen Ergebnissen.

„Absturz wäre kein Drama, er könnte aber kommen“

Thomas Werner (stellv. Chefredakteur)

Ich muss schon sagen: Der Saisonstart der Fortuna hat mich extrem begeistert! Nicht nur die Punkteausbeute war beeindruckend, sondern auch die Art und Weise, wie das Team auftritt sowie die bisherigen Gegner – dieser Auftakt ist nicht einfach so passiert. Im Gegenteil: Während in den letzten Jahren der Klassenerhalt in Liga 3 (völlig zu Recht) als Erfolg gefeiert wurde, wird man nun das Gefühl nicht los, dass die Mannschaft selbst einen anderen Anspruch an sich hat – nämlich, in der Liga für ordentlich Furore zu sorgen. Das finde ich extrem erfrischend. Diese neue Sichtweise mag der Verjüngungskur der Mannschaft zuzuschreiben sein immerhin hat, bis auf eine Ausnahme, keiner der Neuzugänge schon vorher in der 3. Liga gespielt. Außer Erfahrung bringen die Verpflichtungen allerdings alles mit, Spieler wie Robin Scheu, Moritz Fritz oder Daniel Keita-Ruel passen perfekt ins Fortuna-Schema. Die Grundlagen für eine extrem spannende Zukunft am Südstadion sind damit gelegt. Allerdings: Schon in dieser Saison von der Chance zu sprechen, den Aufstieg in die 2. Bundesliga zu schaffen, halte ich für verfrüht. Und das könnte – so komisch es sich anhören mag – die gleichen Gründe haben wie der bisherige Erfolg.

Denn: Mit der neuen Besetzung ist die Fortuna für mich eine gute Drittliga-Mannschaft, aber auch eben nicht mehr! Die fehlende Erfahrung vieler Spieler wird sich im Verlauf der Saison noch deutlicher bemerkbar machen als jetzt, wo die Euphorie und die Gier nach dem „Abenteuer 3. Liga“ gerade die jungen Spieler regelmäßig zu Höchstleistungen treiben. Nicht falsch verstehen: Ich glaube nicht, dass Fortuna am Ende Zwölfter wird, der sechste oder siebte Platz ist durchaus realistisch. Für ganz oben wird es aber wohl nicht reichen. Und das wäre auch gar kein Problem. Ich gehe jede Wette ein, dass jeder Verantwortliche vor der Saison Platz 6 oder 7 blind unterschrieben hätte. Das hat ja auch mit den finanziellen Verhältnissen zu tun, da ist Fortuna gegen andere Drittliga-Teams eben nicht konkurrenzfähig. Dennoch: Ein junges Team, das die 3. Liga erobern will – ich freue mich schon auf den Rest von 2017/18!

„Aufstieg? Warum eigentlich nicht?!“

Peter Stroß (Redakteur)

Sicher, hätte mich vor der Saison jemand gefragt, ob Fortuna Köln in der kommenden Spielzeit in die 2. Bundesliga aufsteigt, hätte ich vermutlich geschmunzelt. Aber: Hin und wieder muss man seine Meinung auch korrigieren. Und im Falle der Südstädter bin ich gerne bereit, dies zu tun. Denn wie es Uwe Koschinat und seinem Trainerteam gelungen ist, aus einem zusammengewürfelten Haufen Regionalligaspieler – der bei genauem Hinsehen natürlich alles andere als zusammengewürfelt, sondern vielmehr durchdacht zusammengestellt wurde – eine Einheit zu formen, ist schon imposant. Einzelne herauszuheben wäre sicher möglich, trifft aber nicht den Kern des Erfolgs. Denn der liegt im Kollektiv. Kämpfen, kratzen, beißen – all das, was Fans gemeinhin von „ihrer“ Mannschaft erwarten, in der Südstadt wird es vorgelebt. Und genau deshalb traue ich diesem Team wirklich viel zu!

Kritische Stimmen, die spielerische Qualität der Mannschaft reiche nicht aus, um dauerhaft oben mitzuspielen, mögen berechtigt sein. Und sicherlich ist auch die fehlende Erfahrung nicht zu ignorieren. Wer allerdings nach einem derartigen Umbruch im Sommer einen solchen Blitzstart hinlegt, sollte nicht unterschätzt werden. An Beispielen, dass Entwicklungen im Fußball eine Eigendynamik annehmen können, mangelt es jedenfalls nicht. Oder wer hätte damit gerechnet, dass Leicester City 2016 Englischer Meister wird? Ist der Aufstieg nun nach (nur) neun guten Spielen realistisch? Logischerweise ist es für eine solche Bewertung viel zu früh! Wer mich jedoch heute nach den Aufstiegschancen der Fortuna fragt, für den habe ich sicherlich mehr als nur ein Schmunzeln übrig.