fbpx
Köln.Sport

DFB-Pokal: FC Viktoria Köln verpasst Sensation vom Punkt

Kevin Holzweiler vom FC Viktoria Köln

Eine bittere Niederlage für den FC Viktoria Köln und Unglücksrabe Kevin Holzweiler (re.), der den entscheidenden Elfmeter vergibt
Foto: imago/Nordphoto

Regionalligist FC Viktoria Köln schnuppert an der Sensation und scheitert im DFB-Pokal erst im Elfmeterschießen am Zweitligisten 1. FC Nürnberg. 

Ein großes Spiel an einem großen Pokaltag: Mit einer beeindrucken Leistung hat der FC Viktoria Köln den Zweitligisten 1. FC Nürnberg in der 1. Hauptrunde des DFB Pokals an den Rand einer Blamage gebracht. Vor 4.787 Zuschauern im Sportpark Höhenberg siegten die Mittelfranken erst im Elfmeterschießen.

 Im frühen Highlight der Saison, das sich die Viktoria durch den dritten Mittelrheinpokal-Sieg in Folge (7:6 n.E. im Finale gegen Fortuna Köln) erarbeitet hatten, empfingen die Höhenberger mit dem 1. FC Nürnberg den Verlierer der Bundesliga-Aufstiegsrelegation der vergangenen Saison. Die erste Chance der Partie gehörte dem haushohen Favoriten aus der 2. Liga. Schon vor der zweiten Zeigerumdrehung wurde Stürmer Jakub Sylvestr steil geschickt, mit einer gekonnten Grätsche hinderte Innenverteidiger Daniel Reiche den Slowaken zehn Meter vor dem Tor am Abschluss (2.). Doch die Viktoria versteckte sich keineswegs und kam dank ihres frechen und mutigen Spiels ebenfalls früh zu Tormöglichkeiten. Kapitän Mike Wunderlich bediente David Jansen zentral vor dem Tor, der mit der Hacke auf Lukas Nottbeck ablegte. Aus aussichtsreicher Position zielte der nicht als Goalgetter geborene Mittelfeldmann knapp am rechten Pfosten vorbei (8.).

Mutige Viktoria erarbeitet sich Chancen

Gute fünf Minuten später hatten die Hausherren eine noch größere Torchance. Fatih Candan setzte sich auf der linken Seite gegen seinen Gegenspieler Georg Margreitter durch und spielte auf Jansen, dessen Schuss aus sechs Metern halblinker Position mit einer Glanztat von Nürnbergs Torwart-Routinier Rafael Schäfer pariert wurde (14.). Die anschließende Ecke brachte erneut Gefahr, aus dem Getümmel verfehlte Candan aus ähnlicher Position wie zuvor Jansen das linke Eck knapp. Nach ansprechenden ersten 20 Minuten der Kölner übernahm der Favorit aus Nürnberg zunehmend die Spielkontrolle und erhöhte den Druck auf das Viktoria-Tor. Viele Abschlüsse entwickelten sich dank konzentrierter Defensivarbeit der Höhenberger aber nicht. Nennenswert waren lediglich zwei Schüsse von Tim Leibold. Einen Flachschuss wehrte Kühn trotz verdeckter Sicht ab (23.), zwölf Minuten später küsste ein Abschluss aus 17 Metern die Oberkante der Latte.

Hochzufrieden mit dem ersten Durchgang gingen die Kölner in die Kabine. Die Viererkette, die in der Rückwärtsbewegung durch „Sechser“ Edwin Schwarz verstärkt wurde, war vom „Club“ kaum zu durchdringen und das torlose Remis zur Halbzeit einer ansehnlichen Partie daher absolut verdient. Und auch nach dem Pausentee hatten die Rechtsrheinischen gleich die erste Torgelegenheit. David Jansen brachte den Ball nach Zuspiel von Wunderlich flach vor das Tor, wo Torwart Schäfer kurz vor dem einschussbereiten Nottbeck klärte (55.). Kurz darauf kamen die Gäste zu ihrer bis dato größten Chance. Mustergültig bedient von Guido Burgstaller kam Hanno Behrens am kurzen Pfosten aus zwei Metern zum Kopfball. Doch obwohl die mit gut 2.000 Fans besetzte Gästetribüne bereits den Torschrei auf den Lippen hatte, vollbrachte der 26-Jährige das Kunststück, den Ball am langen Eck vorbei zu köpfen (59.).

Mike Wunderlich trifft für Viktoria Köln

Schuss ins Glück: Viktoria-Kapitän Mike Wunderlich sichert seinem Team per Distanzkracher die Verlängerung
Foto: imago/Zink

FCN geht in Führung, Wunderlich gleicht mit Traumtor aus

Der 1. FC Nürnberg wurde nun immer druckvoller, ließ dabei aber auch immer mehr Kontergelegenheiten zu, die die Kölner jedoch nicht zu Ende spielen wussten. Candan hatte mit einem wuchtigen Schuss aus der zweiten Reihe in der 64. Minute für lange Zeit den einzigen nennenswerten Abschluss. Die Franken, die den Druck immer weiter erhöhten, gingen schließlich in Führung. Bei einer Ecke von Enis Alushi stieg Margreitter am höchsten und köpfte mit Wucht und unhaltbar ein (74.). Sechs Minuten ließ Viktoria den Rückstand auf sich sitzen, bevor Mike Wunderlich mit einem Traumtor für den Ausgleich sorgte. Der Kapitän nahm sich ein Herz, ging durch das Mittelfeld und zog, nicht attackiert von Nürnbergs Hintermannschaft, aus fast 30 Metern ab. Wie ein Strich schlug der Ball unhaltbar im Gästetor ein und brachte den Höhenberger Sportpark zum Kochen (80.).

Erneut Wunderlich hatte in der Schlussphase sogar die Chance auf den Todesstoß. Der eingewechselte Kevin Holzweiler bediente Patrick Koronkiewicz, der von der Grundlinie auf Wunderlich ablegte. Dessen Schuss aus zehn Metern ging jedoch knapp über das Tor (86.). So blieb es nach 90 Minuten beim 1:1 und die Partie ging in die Verlängerung. Nürnberg bestimmte dort wie zu erwarten weiterhin das Spielgeschehen, vergaben durch den eingewechselten Cedric Teuchert aber erneut eine hundertprozentige Chance. Aus sieben Metern kam der der 19-Jährige zentral und freistehend zum Abschluss, doch Kühn vereitelte mit einer Glanzparade (98.).

Kaum erschöpft wirkend blieb die Viktoria in Punkto Torgefährlichkeit jedoch auf Augenhöhe und verteidigte so stark, dass auch die Extra-Spielzeit trotz nun drückender Überlegenheit des Favoriten keinen Sieger hervorbrachte und das Elfmeterschießen die Entscheidung bringen musste. Nach elf verwandelten Schüssen war Kevin Holzweiler der Unglücksrabe, der mit einem zentral geschossenen Elfmeter an Schäfer scheiterte.

Die Stimmen zum Spiel:

Marco Antwerpen (Trainer Viktoria Köln): „Wir können mit unserer Leistung wirklich zufrieden sein. Wir waren auf Augenhöhe, ein Unterschied von zwei Ligen war nicht erkennbar. Beide Teams hatten viele Chancen, in Halbzeit 2 waren wir besser im Spiel. Das 0:1 durch eine Standardsituation war unglücklich, am Ende hatte Mike Wunderlich kurz vor Schluss sogar die Chance auf den Siegtreffer. Ich habe Nürnberg nicht drückend überlegend gesehen. Ein Elfmeterschießen dann ist reine Glücksache. Kevin Holzweiler hat sich zur Verfügung gestellt, Verantwortung übernommen. Es tut mir Leid für ihn.“

Alois Schwartz (Trainer 1. FC Nürnberg): „Wir haben die Zuschauer sicher sehr gut unterhalten. Es war das beste unserer drei Saisonspiele bisher, wir waren engagiert und lauffreudig. Vorne hatten wir einige gute Gelegenheiten,Viktoria kam nur durch unsere Ballverluste zu Chancen. Die 90 Minuten und die Verlängerung gingen insgesamt betrachtet an uns, doch wir haben zu viele Fehlentscheidungen getroffen, um das Spiel vorzeitig zu entscheiden. Das Elfmeterschießen ist immer glücklich, doch wir haben gut geschossen. Der alte Mann im Tor hat uns dann in die nächste Runde gebracht.“

Franz Wunderlich (Vorstand Sport Viktoria Köln): „Es ist immer bitter, im Elfmeterschießen zu verlieren. Ich habe ein offenes Spiel gesehen, in dem Nürnberg eine optische Überlegenheit hatte, aber fast nur durch Standards gefährlich werden konnte. Uns hat am Ende vielleicht etwas die Kraft gefehlt, das Spiel in 120 Minuten zu entscheiden. Ich hätte mir gewünscht, dass die Mannschaft für den betriebenen Aufwand belohnt wird. Die Mannschaft hat eine phantastische Leistung gezeigt und tolle Eigenwerbung betrieben.“

Günther Pütz (Präsident Viktoria Köln): „Wir haben eine große Leistung gebracht, sind nun aber alle enttäuscht. Kurz vor dem Ende der 90 Minuten hätte Mike Wunderlich das Spiel für uns entscheiden können. Am Ende haben wir sicher gute Werbung für die Viktoria gemacht.“

Kevin Holzweiler (Spieler Viktoria Köln): „Ich kann nicht viel sagen. Es ist super, wie die Mannschaft mich direkt nach dem verschossenen Elfmeter und auch später in der Kabine aufgebaut hat. Wir hätten vielleicht die Chance gehabt, die Partie schon nach 90 Minuten für uns zu entscheiden.“

Philipp Kühn (Torwart Viktoria Köln, „Man of the Match“): „Es ist einfach scheiße, im Elfmeterschießen auszuscheiden. Unsere Mannschaftsleistung war aller Ehren wert, am Ende haben wir aber bitter verloren. Ich war bei zwei Elfmetern dran, war oft in der richtigen Ecke. Ich hätte es der Mannschaft so gegönnt. Wir sind heute alle deprimiert, doch wir müssen wieder aufstehen. Wir haben uns gut präsentiert und Deutschland gezeigt, dass Viktoria auch gegen einen Zweitligisten bestehen kann.“

David Jansen (Stürmer Viktoria Köln): „Wir haben spielerisch mithalten können und es war kein Klassenunterschied zu sehen. Davon können wir uns nach dem bitteren Ausscheiden nun aber auch nichts kaufen. Wir stehen mit leeren Händen da, können aber stolz auf das sein, was wir geleistet haben.“

Dominik Lanius (Verteidiger Viktoria Köln): „Es war das größte Spiel in meiner bisherigen Karriere. Wir waren sehr nah dran, ein Elfmeterschießen ist nur noch eine Frage von Glück oder Pech. Wir hätten es genauso verdient weiterzukommen. Wir sind jetzt alle für Kevin Holzweiler da, niemand ist sauer auf ihn. Wir müssen die Köpfe jetzt wieder hochbekommen, es geht in der Liga weiter.“

Edwin Schwarz (Verteidiger Viktoria Köln): „In meinem Kopf ist eine Mischung aus Frust und Stolz. Wir haben eine großartige Leistung gezeigt, uns nach einem Rückstand zurückgekämpft. Am Ende ist für beide alles drin, wir haben den Kürzeren gezogen. Wir wollten mutig sein, auf die richtige Situation für unser Pressing warten. Das ist gut gelungen, auch wenn es am Ende nicht gereicht hat.“
Daniel Sobolewski für rheinfussball.de