fbpx
Köln.Sport

Viktoria: „Ein Aufstieg ist nicht planbar“

Zurück2 von 2Weiter
Der 30-Jährige (l.) gab sich im Gespräch mit Köln.Sportler Thomas Reinscheid locker, aber durchaus reflektiert. Foto: Horst Fadel

Der 30-Jährige (l.) gab sich im Gespräch mit Köln.Sportler Thomas Reinscheid locker, aber durchaus reflektiert.
Foto: Horst Fadel

Ihre Verpflichtung galt als große Überraschung, sie haben sich gegen prominente Namen durchgesetzt. War das für Sie eine Art Ritterschlag?

Es ist schon so, dass ich den Verantwortlichen um Herrn Wernze sehr dankbar bin für die Chance und das Vertrauen, das sie in mich setzen. Ich habe das aber nie in einer Konkurrenzsituation wahrgenommen. Mit meiner Verpflichtung hat Viktoria sich zu einem neuen Weg bekannt, was auch dem Verein wichtig war. Und seit dem ersten Tage versuche ich, mir den Respekt zu erarbeiten und die Leute in ihrer Entscheidung zu bestätigen.

Die Vorschusslorbeeren waren immens, Franz-Josef Wernze sprach bei ihrer Vorstellung von Ihnen als kommenden Bundesliga-Trainer. Bürde oder Motivation?

Das war sehr nett von Herrn Wernze, ich habe mich damit aber ehrlich noch keine Sekunde beschäftigt. Ich lebe komplett in der Gegenwart und mich nur das Hier und Jetzt interessiert. Ich will meinen Job bei Viktoria bestmöglich machen – was dann in drei, fünf oder fünfzehn Jahren ist, darauf habe ich keinen Einfluss. Mein Leben ist nicht so ausgerichtet, dass ich Bundesliga-Trainer werden muss. Es gibt viele Wege, um glücklich zu werden – und das bin ich momentan bei Viktoria. Wenn sich die Chance auf die Bundesliga ergibt, werde ich mich darüber nicht beklagen.

Bei ihrer Einstellung wurde auch oft ihr Alter thematisiert, sie sind der jüngste Coach der Liga. Hatten Sie Angst, dass das Team um so erfahrene Spieler wie Wunderlich oder Timo Staffeldt ein Problem haben könnte?

Uns war allen klar, dass das eine Herausforderung sein kann. Ich muss aber sagen, dass vor allem die älteren Spieler mit dieser Situation fantastisch umgegangen sind. Da hat man mir vom ersten Tag an sehr viel Vertrauen und Respekt entgegengebracht, die Mannschaft machte es mir sehr einfach. Deswegen war es auch nur möglich, dass wir so gut zusammenarbeiten konnten. Das Alter ist hier nie Thema gewesen.

Sie waren vor einiger Zeit schon als Jugendtrainer bei der Viktoria. Hat es das für Sie leichter gemacht oder hat sich der Verein seitdem zu sehr verändert?

Als ich vor sechs Jahren hier war, war Viktoria in einer sehr schwierigen Situation, man war im Verein quasi ein absoluter Einzelkämpfer. Dennoch: Es war für mich ein enormer Vorteil, dass ich den Verein kenne und wusste, worauf ich mich einlasse. Es ist Wahnsinn, wie sich Viktoria in den letzten Jahren entwickelt hat. Was hier in Steine und Beine alles investiert wurde, ist einmalig. Die Jugendabteilung läuft beispielsweise auf einem enorm hohen Niveau.

Spannende Zeiten liegen hinter Ihnen, sie waren mit Bob Bradley in Ägypten und Norwegen tätig. Was war letztlich der Ausschlag für ihre Rückkehr nach Köln?

Die Motivation war, wieder als Cheftrainer zu arbeiten. Da war es mir egal, ob es in Köln sein wird oder irgendwo in England, Portugal oder in Bayern. Ich hatte Lust auf eine neue Herausforderung. Dass sich das bei Viktoria ergeben hat, war eine gute Chance, die ich ergreifen wollte.

Wie sehr ist die Arbeit, die Bob Bradley macht, ein Orientierungspunkt für Sie?

Bob ist ein Trainer vom allerhöchsten Niveau, er hat erfolgreich bei Weltmeisterschaften und dem Conferations Cup gearbeitet und in seiner Karriere sehr viele Titel gewonnen. Wenn ich eines Tages als Trainer dieses Niveau erreichen werde, dann würde ich sehr stolz sein.

Vermutlich hätten Sie in Norwegen bei Stabaek IF die Chance gehabt, im Europapokal zu spielen. Ist das etwas, das sie beschäftigt?

Die Zeit in Norwegen war schon sehr spannend. Man hat auch die Möglichkeit, sich für einen europäischen Wettbewerb zu qualifizieren, bei Stabaek sieht es zumindest derzeit danach aus. Bob Bradley hatte im letzten Winter auch das eine oder andere interessante Angebot von skandinavischen Spitzenklubs, wo ich hätte mitgehen können und international zu arbeiten. Aber die Lust, sich selbst zu beweisen, war noch einen Tick größer. Ich hoffe jedoch, dass ich vielleicht eines Tages dennoch die Möglichkeit haben werde, international zu arbeiten.

Wenn man das Niveau zwischen Norwegens Topklasse und der Regionalliga vergleicht: Wie steht Viktoria da?

Das ist schwierig. Eine erste Liga steht in jedem Land extrem im Fokus. In Norwegen spielt man gegen Teams wie Rosenborg, die zehn, fünfzehn Jahre am Stück in der Champions League waren. Vom Niveau her ist Norwegens Topklasse vergleichbar mit der 2. Bundesliga. Der größte Unterschied ist die Qualität der Plätze, die in Norwegen stets exzellent war. In der Regionalliga mussten wir bislang auf Plätzen agieren, die dass Fußballspielen sehr schwierig machen – das ist hier die größte Herausforderung, um erfolgreich zu sein.

Sie stellten ihr Team in der Rückrunde schon sehr flexibel ein und auf. Ist das wirklich die große Herausforderung, auf die Rahmenbedingungen eine Antwort zu finden?

Ja. Wenn man mich fragt, macht das die erfolgreichen Mannschaften in dieser Liga aus. Man spielt gegen U-Mannschaften, wo man reifer und physisch besser sein muss. Man spielt gegen erfahrene Männerteams wie Verl oder Wiedenbrück, wo man an diesen Tagen fußballerisch besser sein und ein höheres Tempo gehen können. Dann gibt es noch viele Partien auf schlechtem Rasen, wo man seinen Fußball umstellen und sich eventuell auch für andere Spielertypen entscheiden muss. Wir spielen vor 13.000 Zuschauern in Aachen und drei Tage später vor 400 Leuten in Siegen – das ist auch mental eine Herausforderung. Ich glaube daher, dass man die Regionalliga nicht gewinnen kann, wenn man immer dieselben elf Spieler einsetzt. Man muss in dieser Klasse flexibel sein!

Die Regionalliga zu gewinnen – ist das auch das Ziel, das die Viktoria für die kommende Spielzeit ausgibt?

Das ist kein konkretes Ziel für die neue Saison, weil wir zum Beispiel mit der Kaderplanung noch gar nicht durch sind. Prinzipiell ist es aber klar, dass sich der Verein in naher Zukunft im Profifußball etablieren will. Man kann nur nicht präzise festlegen, wann uns das gelingen wird.

Der Weg in die 3. Liga ist schwierig, das sah man nun wieder in den durchaus umstrittenen Aufstiegsspielen.Wie stehen Sie zu dem Thema, dass der Meister nicht direkt aufsteigt?

Ich bin jemand, der die Spielregeln akzeptiert. Das ist mit Sicherheit ein extrem harter Modus, aber auch dann gilt es zu bestehen.

Wenn wir uns in einem Jahr wieder Ende Mai zum Gespräch treffen, wäre Viktoria Köln dann noch im Spielbetrieb und damit bei den Aufstiegsspielen dabei?

Das wäre natürlich für den Verein etwas Fantastisches, wenn uns das gelänge. Aber: Das ist halt nicht planbar.

Zurück2 von 2Weiter