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„Schlechter Stil“: ASV Köln entsetzt über Olympia-Aus für Emelieze

Peter Emelieze, Sprinter des ASV Köln

Enttäuscht über seine Nicht-Nominierung für Olympia: ASV-Sprinter Peter Emelieze
Foto: imago/Beautiful Sports

Den Sprung nach Rio hat ASV-Sprinter Peter Emelieze trotz passender Vorleistungen nicht geschafft. Bei seinem Verein ist man über die Nicht-Nominierung des Deutsch-Nigerianers entsetzt.

Peter Emelieze lässt sich nichts anmerken. Mit gewohnt guter Laune bespaßt der Sprinter des ASV Köln mit Kindern, die im Feriencamp des Kölner Traditionsvereins im Stadtwald trainieren. Zusammen mit Nationalmannschaftskollege Julian Reus, deutscher Rekordhalter über die 100-Meter-Distanz und Paralympics-Athlet David Behre kümmert sich der 28-Jährige eindrucksvoll um den potenziellen Nachwuchs. Auch im Gespräch ist die Enttäuschung, die im Deutsch-Nigerianer brodelt, nicht zu erkennen. Mit einem Lächeln im Gesicht erzählt er von seinen Erlebnissen bei Olympia 2012, als er für Nigeria im Einzel und der Staffel an den Start ging.

Vier Jahre später wird er nicht im Startblock stehen, wenn in Rio de Janeiro die Post abgeht. Seit Anfang des Jahres ist Emelieze zwar Deutscher und für den DLV startberechtigt (Köln.Sport berichtete), doch trotz einem Bronzerang bei den Deutschen Meisterschaften in Kassel und der sechstbesten Zeit aller deutschen Sprinter verzichtet der Verband auf den schnellen „kölschen Jung“. Statt Emelieze nominierte Bundestrainer Ronald Stein neben Topstar Reus noch Lucas Jacubczyk, Sven Knipphals, Robert Hering, Aleixo-Platini Menga, Roy Schmidt, Robin Erewa und Alexander Kosenkow.

„Das ist einfach schlechter Stil“

Eine Entscheidung, die beim ASV Köln für Kopfschütteln sorgt. „Wir wissen nicht, wieso Peter nicht nominiert wurde – das ist das Problem. Schaut man sich als Außenstehender die Zeiten an und sieht, dass der Drittbeste nicht nach Rio mitfährt, dann wird man nachdenklich. Das kommt uns komisch vor. Aber wir scheinen aktuell ja nicht die Einzigen zu sein“, spielt ASV-Präsident Prof. Dr. Walter Bungard auf die Diskussionen um Katarina Molitor an. „Wir haben den Eindruck, dass Peter nicht ausreichend informiert wurde. „Wenn solche Entscheidungen gefällt werden, wäre es aus meiner Sicht vernünftig, wenn man mit denjenigen redet, die nicht nominiert wird. Das ist eine Frage des Umgangs und macht keinen guten Eindruck. Das ist einfach schlechter Stil.“

Ganz ohne Begründung steht die Entscheidung gegen Peter Emelieze allerdings nicht im Raum. Dem Deutsch-Nigerianer werde fehlende Fähigkeiten beim Wechsel attestiert. „Für die Nominierung in die Sprint-Staffel sind nicht nur Einzelleistungen relevant, sondern für ein erfolgreiches Abschneiden sind weitere Fähigkeiten entscheidend. Peter Emelieze verfügt über wenig Staffel-Erfahrungen und damit im Vergleich zu den nominierten Sprintern über eine eingeschränktere Kurvensprint- , Ablaufgenauigkeits- und Wechselkompetenz“, kommentiert das DLV-Sprachrohr „leichtathletik.de“ auf Facebook. Ein Vorwurf, der beim ASV auf wenig Verständnis stößt: „Wenn das die Begründung sein sollte, dann ist das enttäuschend“, erklärt uns Tobias Rüttgers, sportlicher Leiter des Vereins.

Um Emelieze Richtung Rio zu unterstützen, griff der ASV tief in die Tasche und bezahlte seinem Sprinter die Teilnahme am DLV-Trainingslager in Florida. Obwohl der gebürtige Nigerianer, 2012 für sein Heimatland mit einem starken Staffelauftritt, fünf Wochen mit der Nationalmannschaft trainierte, sei nur ein einziges Mal mit ihm ein Staffeltraining durchgeführt worden. „Dass man ihm nun vorwirft, er hätte keine Wechselerfahrung und kein entsprechendes Training, ist für uns unverständlich. Wir erwarten eine Stellungnahme seitens des Verbandes“, so Rüttgers. Emelieze hatte bereits vor der Einbürgerung das Gespräch mit dem DLV gesucht: „Ihm ist klar signalisiert worden, dass er seitens des Verbandes unterstützt wird und auch im Rahmen von Staffelmaßnahmen berücksichtigt werden soll“, bestätigt Rüttgers.

Ohne Förderung schneller als vier Nominierte

Für Emelieze, der kein DLV-Kaderathlet ist und somit auch keinerlei Förderung genießt, wird am Ende trotz aller investierten Arbeit, aller investierten Zeit und allem investierten Geldes keine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio stehen. Mit Blick auf die Nominierungen und die Bestenliste wird Rüttgers deutlich: „Es sind vier Jungs nominiert worden, die in dieser Saison langsamer waren als Peter und gegen ihn in zahlreichen Rennen verloren haben. Da hätten wir uns gewünscht, dass es zu einem Gespräch kommt. Wir können Peters Enttäuschung sehr, sehr gut verstehen“, betont der Sportliche Leiter und sieht nun das Vereinsleben als Seelenbalsam.

„Er befindet sich natürlich aktuell in einem Stimmungsloch. Wir tun alles, um ihn wieder aufzubauen. Der ASV wird Peter nicht fallenlassen, sondern weiter wie zuvor unterstützen“, erklärt er. Auch Prof. Dr. Bungard will für seinen Sprinter kämpfen: „So etwas trifft aber nicht nur den Sportler, sondern auch die Mitglieder im Verein. Wir leiden als ASV mit Peter, der seit Jahren ein wichtiger Teil des Vereins, mit. Deswegen machen wir den Mund auf, um unseren Athleten zu unterstützen “, sagt der ASV-Präsident.

Der Zug für Rio dürfte zwar abgefahren sein, für die Zukunft will sich Peter Emelieze aber wieder für einen Start im DLV-Trikot anbieten. Sein Ziel hat die Frohnatur im ASV-Dress noch lange nicht aufgegeben. Bis dahin wird er sich seinen Frust weiterhin nicht anmerken lassen.

Thomas Reinscheid