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RheinStars: „Du musst bei Null anfangen“

Durchsetzungsfähig: RheinStars-Forward Jonni Malu Foto: imago/Beautiful Sports

Durchsetzungsfähig: RheinStars-Forward Jonni Malu
Foto: imago/Beautiful Sports

Jonni Malu kann sich vorstellen, wie sich Flüchtlinge fühlen. Die Eltern des Power ­Forwards der RheinStars flüchteten seinerzeit aus ­Afrika nach Deutschland.

Rund 5.700 Kilometer liegen zwischen dem Kongo und Deutschland. Eine weite Strecke. Als sich ­Jonni Malus Eltern 1992 in den Flieger setzen, um ihre Heimat zu verlassen, wollen sie aber eigentlich noch weiter weg. Nach Kanada, weitere 6.800 Kilometer. Dort wollen die Malus ein neues Leben beginnen.

„Die Situation im Kongo war sehr problematisch, im Land herrschte politische Unruhe, eine Diktatur, viel Korruption, demokratische Verhältnisse suchte man vergeblich. Meine Eltern hatten den Wunsch nach einem besseren Leben“, beschreibt er und verrät: „Als sie in Deutschland umsteigen wollten, wurden sie nicht weitergelassen. Warum sie nicht nach Kanada durften, wissen sie bis heute nicht. Sie hatten sogar schon die Flugtickets gekauft.“

Eine bessere Zukunft

Da stehen Mutter und Vater mit ihren zwei kleinen Kinder. An einem Ort, der ursprünglich nur zur Durchreise geplant war und sich nun als Sackgasse herausstellen sollte. Zum Glück für die ­Familie lebt in der Nähe ein Verwandter, zu dem sie ziehen kann – nach Wiesbaden. Hier erblickt Jonathan „Jonni“ Malu 1993 als Sohn afrikanischer Einwanderer das Licht der Welt.  Mittlerweile wohnt Jonathan in Köln und erlebt, wie sich unzählige Fami­lien auf den Weg machen, um das zu finden, was auch seine Eltern damals wollten: den Neuanfang.

Das Interview ist Teil der aktuellen Köln.Sport-Ausgabe, die sich komplett dem Flüchtlingsthema widmet

Der Text ist Teil der aktuellen Köln.Sport-Ausgabe, die sich komplett dem Flüchtlingsthema widmet. Hier erfährst du mehr!

Doch ­Jonathan sieht einen Unterschied zwischen der Situation seiner Familie und der aktuellen Flüchtlingskrise. „Meine Eltern haben den Kongo verlassen, weil sie meinen Geschwistern und mir ein besseres Leben bieten wollten. Viele Bekannte sind dort geblieben und nicht geflüchtet. Und denen geht’s heute auch gut. Aber mein Vater hat an uns Kinder gedacht. Die aktuelle Flüchtlingssituation ist daher anders, weil diese Menschen flüchten müssen. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, weil sich in ihrem Land keine Perspektive mehr für sie bietet – das war bei uns so nicht der Fall“, sagt Malu und zeigt sich empathisch: „Nichtsdestotrotz kann ich mich in ihre Lage versetzen, weil du gezwungen bist, in ein neues Land zu ziehen, über das du eventuell nicht viel gehört hast beziehungsweise weißt. Und dort musst du dann bei null anfangen und dich integrieren.“

Das Gefühl, neu anzufangen und nichts mehr zu haben, machten auch seine Eltern. Denen sei bei ihrer Ankunft in Deutschland alles weggenommen worden. Viel mehr schmerze jedoch die Tatsache, dass sein Vater auch beruflich den Neustart angehen musste. Zum einen wurden seine Qualifikationen und vorherigen Tätigkeiten nicht anerkannt, zum anderen wurde er diskriminiert.

„Mehrmals musste sich mein Vater eine neue Arbeit suchen, weil er Afrikaner war“, erzählt Malu, der selbst schon Erfahrungen mit Rassismus sammeln musste. Allerdings nimmt der RheinStar solche Dinge nicht allzu ernst. „Gewissermaßen bin ich mit Rassismus aufgewachsen. Ich würde es aber eher ,passiven Rassismus‘ nennen, weil ich nicht direkt beschimpft wurde, sondern es versteckt erfahren musste. Ich sehe das aber gar nicht als Beleidigung, sondern als Mangel an Bildung. Menschen, die so etwas tun, sind einfach ungebildet.“

Weises Lebensmotto

Nicht zuletzt aufgrund seiner Erfahrungen und der seiner Eltern beschäftigt den Basketballprofi die Flüchtlingskrise. Daher ist er auch sehr froh, dass sich die RheinStars für die Bedürftigen einsetzen. „Eine gute Tat, mit der man jemandem hilft, ist immer eine schöne Sache. Dass der Verein sich in dieser Hinsicht engagiert und den Bedürftigen unter die Arme gegriffen hat, finde ich richtig gut“, sagt Jonni und betont: „Du weißt nie, was die Zukunft bringt und ob du vielleicht mal derjenige bist, der Hilfe benötigt. Da möchtest du ja auch Unterstützung erfahren, weshalb es aus meiner Sicht selbstverständlich ist, dass man anderen hilft. Ich denke immer an einen Satz zurück, den ich in der Grundschule gelernt habe: ,Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.‘ Den kann man nämlich auch umdrehen: ,Was du willst, das man dir tu, das füge auch dem anderen zu.‘ Daran halte ich mich!“

Und der Power Forward sieht die Domstadt als City, die bei der Flüchtlingsproblematik helfen kann. „Hier in Köln gibt es eine Vielfalt von Kulturen, die das Leben nicht negativ beeinflusst, sondern eher durch eine freundschaftliche Atmosphäre gekennzeichnet ist“, sagt der 22-Jährige. Für die Menschen, die Zuflucht suchen, hat er Verständnis. Denn auch wenn er selbst nicht in die Flucht involviert war, weiß der Sohn geflüchteter und eingewanderter Eltern doch ganz genau, wie es ist, wenn man Tausende Kilometer hinter sich gelassen hat und neu anfangen muss. 

Text: Henning Kuhl