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Köln.Sport

Rehm: Rolle rückwärts

Behindertensportler Markus Rehm siegte bei den Deutschen Meisterschaften im Weitsprung. Foto: IMAGO

Behindertensportler Markus Rehm siegte bei den Deutschen Meisterschaften im Weitsprung.
Foto: IMAGO

Behindertensportler Markus Rehm wird Deutscher Meister bei den Nichtbehinderten und schafft die EM-Norm. Doch der Verband verwehrt ihm nun das Startrecht.

 

Kommentar

Wie gewonnen, so zerronnen. Für Markus Rehm entpuppte sich sein Sieg bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften als große Enttäuschung. Als erster Behindertensportler durfte der unterschenkelamputierte Rehm, der mit einer Karbon-Prothese springt, bei den nationalen Titelkämpfen der Nichtbehinderten starten. Ein Erfolg im Sinne der Inklusion, so schien es.

Doch als Rehm eben diese DM gewinnt und gleichzeitig die Norm für die anstehende EM erfüllt, entscheidet sich der Deutsche Leichathletik-Verband (DLV) hastig zur Rolle rückwärts. Nach den biomechanischen Auswertungen gebe es erhebliche Zweifel an der Vergleichbarkeit der Leistung, heißt es seitens des Verbandes. Die Karbon-Prothese soll Rehm Vorteile verschafft haben. Mit der Konsequenz, dass der Leverkusener bei der kommenden EM nicht an den Start gehen darf.

Späte Zweifel sind das. Denn schon seit längerer Zeit ist der Paralympics-Sieger von 2012 nicht nur konkurrenzlos in seiner Schadensklasse unterwegs, sondern erreicht Weiten, die mit denen nichtbehinderter Sportler im oberen Leistungsbereich konkurrieren.

Doch statt sich diesen Gegebenheiten frühzeitig zu stellen und Fakten über mögliche Vorteile von Prothesen im Spitzensport zu schaffen, hat der DLV geschlafen. Und kann im Fall Rehm jetzt bloß vage „Zweifel“ anbringen. Hinzu kommt: Nicht wenige Biomechanik-Experten stufen derartige Studien über Karbon-Prothesen als „unseriös“ ein.

Den DLV wird deshalb nicht allein die Diskussion um Markus Rehm noch länger beschäftigen. Es werden noch viele weitere folgen. Und sie werden den Inklusionsgedanken im Spitzensport ernsthaft auf den Prüfstand stellen.

Frank Schwantes