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Köln.Sport

Ott: „Wir brauchen den Sport“

Konzentriert und auskunftsfreudig: Ott im Gespräch mit Köln.Sport'ler Thomas Reinscheid Foto: Daniel Elke

Konzentriert und auskunftsfreudig: Ott im Gespräch mit Köln.Sport’ler Thomas Reinscheid
Foto: Daniel Elke

Köln sieht sich gerne als Sportstadt. Trifft das aus ihrer Sicht zu?

Wir sind es de facto. Weil hier viel Sport betrieben wird, weil hier viele spannende Vereine sind. Aber oftmals wird aus dem, was hier ist, zu wenig gemacht. Wir sollten auch mehr sportliche Großevents nach Köln holen, so wie es mit den Final4 im Handball ja schon praktiziert wird. Nehmen wir die Cologne Cardinals als Baseball-Bundesligist: Da kommen Gegner aus Hamburg oder aus Berlin – und dann gibt es vor Ort keine Duschen für die Sportler. Das ist doch unglaublich! Wenn man den Anspruch hat, Sportstadt zu sein, dann muss man in den verschiedenen Sportarten auch ein Angebot schaffen und dafür sorgen, dass das auf einem bestimmten Niveau passiert. Da gibt es noch einiges zu tun!

Der Sport übernimmt hier in Köln zahlreiche Aufgaben, gerade im Bereich der Jugendarbeit. Sehen Sie ihn dafür gut aufgestellt?

Der Sport gehört für mich zum Kitt der Gesellschaft – aktuell übrigens auch bei der Integration von Flüchtlingen! Ich bin deshalb froh, dass es auf meine Initiative hin erstmals eine Steigerung der Jugendbeihilfe gegeben hat. Ich werde diese Schritt für Schritt auf eine Million Euro pro Jahr anheben. Die Jugendbeihilfe sorgt dafür, dass Kinder und Jugendliche früh Kontakt zu den Vereinen bekommen und dort über den Sport hinaus viel lernen. Da darf es nicht an sozialen Problemen scheitern. Daher haben wir ja auch das Projekt „Kids in die Clubs“ auf den Weg gebracht und finanziell gefördert.

Sind denn auch organisatorische Hilfen angedacht?

Ein Verein lebt davon, dass Menschen sich für dessen Interessen einsetzen. Ich bin aber darüber hinaus sehr offen für weitere Vorschläge. Da wäre es wichtig, wenn der Stadtsportbund beispielsweise zusammenstellt, wo Vereine Unterstützung brauchen. In erster Linie aber muss die Stadt die Sportanlagen zur Verfügung stellen – auch durch neue Kunstrasenplätze – und dafür sorgen, dass der Vereinssport vernünftig ausgestattet ist.

Auch das ehrenamtliche Engagement im Breitensport steht angesichts fehlender Zeit unter Druck. Es gibt den Vorschlag, dass städtische Unternehmen ihre Mitarbeiter für zwei Stunden ehrenamtliches Engagement freistellen sollen. Wie wollen sie den Klubs unter die Arme greifen?

Das gilt ja nicht nur für den Sport, sondern jedes ehrenamtliche Engagement. Viele Kölner Klubs haben das Problem, dass die Menschen in der heutigen Zeit sehr belastet sind durch Beruf und Familie. Da bleibt wenig Zeit übrig, das kenne ich selber. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine große Herausforderung – und dann noch ehrenamtliches Engagement? Da ist für viele der Punkt erreicht, wo es nicht mehr geht. Wir müssen ein Umfeld schaffen, das ehrenamtliche Initiative möglich macht. Da ist auch die Stadt als kommunaler Arbeitgeber gefragt. Hierfür möchte ich mich als künftiger Oberbürgermeister gerne einsetzen.

Die Diskussionen um die Nutzung von Turnhallen zur Unterbringung von Flüchtlingen ist erneut entflammt. Der Sport fühlt sich dort übervorteilt. Können Sie den Frust der Sportvereine – und verbände nachvollziehen?

Ja. Ich halte die Art und Weise, wie zum Beispiel die Sporthalle in der Modemannstraße belegt worden ist, für unmöglich. Man hat weder der Bezirkspolitik noch den Anwohnern geschweige denn den Schulen oder Sportvereinen irgendeinen Hinweis gegeben. Das geht gar nicht! Es fehlt in Köln ein Konzept – und es gibt die Sozialdezernentin, die seit fünf Jahren die Verantwortung dafür hat. Die Menschen werden allein gelassen. Es wäre ein großer Fehler, die Lösung für die Herausforderung bei diesem Thema darin zu sehen, in jedem Stadtbezirk zwei Sporthallen zu schließen. Das wird die Akzeptanz in der Bevölkerung deutlich in Frage stellen.

Ein heikles Thema ist auch die finanzielle Diskrepanz zwischen der Kultur- und der Sportförderung. Nicht nur angesichts des Desasters bei der Opernsanierung haben viele das Gefühl, die Kultur wäre der Stadt wichtiger als der Sport. Berechtigt?

Es wäre falsch, wenn es wie in Bonn eine öffentliche Auseinandersetzung zwischen Sport und Kultur gäbe. Darunter würde alle leiden. Was aber stimmt: Die Lobby der Kultur ist wesentlich stärker, sie entfaltet auch wesentlich mehr öffentlichen Druck. Es muss an der Spitze der Stadt klar sein: Wir brauchen Kultur in unseren Veedeln, damit diese Stadt zusammenhält. Aber wir brauchen genauso den Sport in den Veedeln. Also müssen beide so ausgestattet sein, dass sie das machen können. Dazu zählen Leuchtturm-Projekte wie die Oper, aber auch beispielsweise die FC-Heimspiele und den Breitensport insgesamt. Dass in ein Gleichgewicht zu bringen, auch in der öffentlichen Wahrnehmung, ist Aufgabe des Oberbürgermeisters – und das werde ich tun!

Auf der nächsten Seite: Warum der SPD-Kandidat über den Bau neuer Kunstrasenplätzen nachdenken will, wie wichtig die Herzen der FC-Fans sind und ob die Stadt die „Geißböcke“ stärker als Imagefaktor nutzen sollte.