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Köln.Sport

Ode an Jonas Hector

Am Wochenende ist Jonas Hector vom Magazin 11Freunde zum „Typ des Jahres“ gekürt werden. Warum diese Wahl genau richtig war, stellte Laudator Heiner Lauterbach in seiner bewegenden Rede klar.
Lauterbach

Jonas Hector konnte bei der 11 Freunde Meisterfeier nicht dabei sein. Ihn plagte ein Infekt (Foto: imago/Team 2)

Als Heiner Lauterbach am Freitag Abend im Festsaal der Kölner Flora um kurz vor 22 Uhr die Bühne der 11Freunde Meisterfeier betrat, dürfte sich vor allem einer in Köln richtig geärgert haben – Jonas Hector. Der FC-Kapitän konnte die ihm verliehene Auszeichnung zum „Typ des Jahres“ aufgrund eines Infektes nicht entgegen nehmen. Zwar ist Hector nicht gerade als Persönlichkeit bekannt, die sich gerne auf Galas oder Medienevents ins Blitzlichtgewitter stellt, die bewegende Lobrede des gebürtigen Kölners Heiner Lauterbach hat er aber sicher nur schweren Herzens verpasst.

Denn Lauterbach, FC-Fan seit 60 Jahren, pries Jonas Hector in den knapp sechs Minuten Sprechzeit nicht etwa bloß als tollen Typen, sondern erhob ihn zum Vorbild für eine ganze Nation. Weil er für sich erkannt hat, was wirklich wichtig ist im Leben. Aber damit Genug der Vorrede…

Die Laudatio von Heiner Lauterbach auf Jonas Hector

11Freunde kürt heute den Typ der Saison, da möchte man meinen, dass er gewisse Kriterien erfüllt. Kriterien, die, wenn man an den Begriff „Elf Freunde“ denkt, man noch mit dem Fußball vergangener Tage verbindet. Kameradschaft würde mir da spontan einfallen, Kampfgeist, Fairness, Schlichtheit, Volksnähe, Maloche oder Vereinstreue. Sie alle bildeten die Basis für diesen wunderbaren Sport. Obwohl sich zu diesen Assoziationen im Laufe der Jahre einige hinzugesellt haben – wie Geld, Show, Hashtags, Spielerfrauen, Interviews, Tätowierungen, Frisuren, Kopfhörer oder Torjubel-Choreografien – gibt es doch immer noch viele Fußballspieler in unseren Stadien, die den wahren Fußball mit den anfänglich aufgeführten Merkmalen vertreten.

Einer davon ist Jonas Hector. Er ist ein wirklich guter Fußballer, der es bis in die Nationalmannschaft gebracht hat und auch da, in diesem elitären Kreis, als einer der Zuverlässigsten gilt und „gesetzt ist“, wie man so schön sagt. Was ihn, und ich schätze nicht nur in meinen Augen, aber einzigartig macht, ist unter anderem eine Antwort in einem Interview. Und zwar antwortete er auf die Frage, warum er beim 1. FC Köln bleibe und nicht zu einem großen internationalen Club wechseln würde, von denen Anfragen vorlagen: „Ich bin zufrieden mit meinem Leben.“

Da habe ich innerlich geklatscht, als ich das gehört habe. Völlig unabhängig davon, dass ich seit 60 Jahren Fan des 1. FC Köln bin, ist das die schönste Antwort, die ich jemals von einem Fußballspieler gehört habe. Ich habe diese Passage meinen Kindern vorgelesen, meiner Frau, meinen Freunden, so glücklich war ich darüber. Es ist ja nur ein ganz kleiner Satz, den man unter Umständen auch überlesen könnte, und doch birgt er so viel Aussage in sich, so viel Hoffnung meinerseits und soviel Klugheit des Protagonisten, der hier das das eigentliche, klare, naheliegende erkannt hat, was so vielen, ja fast allen von uns hartnäckig übersehen wird.

Worauf kommt es an in diesem Leben? Was ist das eigentlich Sinnbringende auf dieser Welt? Glücklich zu sein, nicht Reichtümer anzuhäufen, nicht Karriere zu machen, nicht immer weiter, höher, mehr, schneller – nein! Glücklich sein, darauf kommt es an. Ich finde dieser Mann, Jonas Hector, hat damit ein Zeichen gesetzt, welches weit über den Fußball, weit über unsere Stadt und unser Land hinausreicht. Er hat der Jugend, die sich im Internet-Sumpf zunehmend digitalisieren lässt und im Social-Media-Wahnsinn zu verhohlen und letztlich zu vereinsamen droht, vor Augen gehalten, das Werte wie Treue, Anstand und Bescheidenheit nicht nur Rudimente alter Volkslieder sind. Aus dieser fast schon philosophisch zu bezeichnenden Handlungsweise musste dann die nächste Entscheidung nahezu zwangsläufig folgen, nämlich sein Entschluss, den 1. FC Köln nicht zu verlassen, obwohl dieser gerade in die 2. Liga abgestiegen war. Und das als deutscher Nationalspieler.

Spätestens mit dieser Entscheidung hat er sich ein Denkmal für die Ewigkeit gesetzt in der geilsten Stadt der Welt. Liebes 11Freunde-Team, liebe Jury: Alles andere, als diesen Mann zu eurem „Typen des Jahres“ zu wählen, wäre eine drastische Fehlentscheidung gewesen, um im Jargon zu bleiben. Lieber Jonas Hector – es wird ja aufgezeichnet, gute Besserung an der Stelle – es ist mir Ehre und Freude gleichermaßen Ihnen heute diesen Preis überreichen zu dürfen. Ich weiß, jeder einzelne Kölner, sofern er nur in etwa weiß, dass das Spiel 90 Minuten dauert und der Ball rund ist, beneidet mich heute für diese Aufgabe. Und ich bin mir sicher, wenn Sie durch diese Stadt schlendern würden, wahllos an irgendeiner Tür klingeln würden, Sie würden mit offenen Armen empfangen. Denn diese Stadt liegt ihnen zu Füßen! Und das, meine Damen und Herren, das ist wahrer Reichtum.