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Köln.Sport

Nichts für Weicheier

Heute um 18 Uhr kämpfen die Cologne Crocodiles im Sportpark Höhenberg gegen die Berlin Rebels um wichtige Punkte in der GFL. Doch was passiert, wenn ein Köln.Sport-­Redakteur sich unter die schweren Jungs eines Football-Teams mischt und bei einem Probetraining in die Vollen geht? ­Prellungen? Knochenbrüche? Ein Selbstversuch
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Der nächste LeVeon Bell – oder eher ein Ausflug ins Krankenhaus? Köln.Sport-Redakteur Peter Stroß beim Training mit den Cologne Crocodiles (Foto: Ben Horn)

Die Köpfe rauchen in einem kleinen Büro in Köln-Mülheim: Themenkonferenz für die nächste Köln.Sport-Ausgabe. In dem sicheren Wissen, dass mein Kollege Thomas, die Sportskanone in der Redaktion, keine Challenge auslässt, mache ich einen folgenschweren Vorschlag: „Was haltet ihr von ­einer neuen Serie ‚Köln.Sport in Gefahr‘?“ – Begeisterung!

Erstes Kapitel: Ein Redakteur absolviert ein Probetraining bei den Cologne Crocodiles. Mit den Crocodiles ist nämlich nicht zu spaßen, die Mannschaft von Patrick Köpper spielt in der German Football League (GFL), der höchsten deutschen Football-Liga. Harte Jungs, die sich auf Frischfleisch freuen. Mit Frischfleisch ist in diesem Fall Thomas gemeint, der hochmotiviert ist, auf dem Football-Feld seinen Mann zu stehen.

Eine Woche später, 9.30 Uhr: Thomas humpelt durch das Redaktionsbüro – der Knöchel. Eine Bandage soll das Ganze offenbar glaubwürdig machen. Nach den lustigen Standardsprüchen stellt sich allerdings heraus, die angebliche Bänderdehnung ist ärztlich verifiziert. Na toll! Muss ich wohl in den sauren Apfel beißen.

Et hätt noch immer joot jejange

Die Nachmittagssonne scheint auf den Trainingsplatz, der Tag ist gekommen, ich bin bereit! Schnell noch im Netz ein paar Fakten checken. „Eine durchschnittliche Karriere eines Footballers in der NFL dauert drei Jahre …“ – Aha, ja gut, in der GFL geht’s sicher nicht ganz so ruppig zu. „Pro Spiel verletzen sich etwa sechs Spieler“ – okay, das reicht als Hintergrundinfos. „Et hätt noch immer joot jejange“ ist schließlich in Köln Grundgesetz. Also los.

Auf der Bezirkssportanlage in Bocklemünd herrscht reges Treiben, die Jugendmannschaften trainieren bereits. Bevor es gleich bei den Profis losgeht, muss ich noch unterschreiben, hier auf eigene Gefahr mitzumachen. Dann heißt es, sich in Schale zu schmeißen. Schulterpads für den Schutz des Oberkörpers sowie ein Helm sind obligatorisch. 300 Euro kostet ein solches Exemplar. Geld allerdings, das zumindest in meinem Fall gut investiert ist. Denis Dauben, der Kapitän der Crocodiles, weist mich ein. Bei einer Körpergröße von 1,83 Meter bringt er 110 Kilo Muskelmasse auf die Waage. Mit meinen 40 Kilo und elf Zentimetern weniger sehe ich neben ihm aus wie ein Strichmännchen.

Mein Equipment muss erst mal bis auf Anschlag eng geschnallt werden – vorher steckte hier anscheinend ein anderes Kaliber drin. „Huddle up!“, ruft Headcoach Patrick Köpper. Es geht los. Kurze Instruktion, Warm-up, dann wird es ernst. Die verschiedenen Mannschaftsteile sortieren sich und trainieren zunächst in ihren individuellen Gruppen.

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Noch ist die Weste weiß: Köln.Sport-Redakteur Peter Stroß ist vor seinemProbetraining mit den Crocodiles noch guter Dinge. (Foto: Ben Horn)

Ich werde der Offense zugewiesen, die erst einmal ohne Gegner an ihren Spielzügen feilt. Offensiv-Koordinator David Odenthal sagt einen Spielzug an: „FB West Right Slot 372 Y Stick“ – aha, alles klar, dann kann’s ja losgehen. Ein „Play“ dauert in der Regel nur ein paar Sekunden, jeder (außer mir) weiß genau Bescheid, was zu tun ist. Ziemlich kompliziert alles, und außerdem wird hier noch ohne Körperkontakt gespielt. Laaangweilig! Ich schließe mich kurzerhand der von Headcoach und Defensivkoordinator betreuten Gruppe der „Defensive Backs“ an, die ebenfalls an ihrer Abstimmung feilen. „Coach K“, wie Patrick Köpper von seinen Spielern genannt wird, weist mir die Position des Running Backs zu. Dieser hat eine simple Aufgabe: Bekommt er den Football vom Quarterback übergeben, versucht er, die defensiven Reihen zu durchbrechen. Meistens allerdings wird er zeitig ­gestoppt – aber hierzu später mehr.

Set, Hut – Rrrrrrrrrummmms!

Fürs erste verschonen mich die Defensivspieler noch, „getackelt“ wird bei dieser Trockenübung nicht. Ganz anders sieht das bei der Gruppe der Linemen aus. Offensive-Line-Coach Ludger Schweikert kann sich ein Grinsen nicht verkneifen, als ich großspurig meine Ambitionen anmelde, den Jungs mal zu zeigen, wie ein „Pass Rush“ (Angriff auf den Quarterback) aussieht.

Mir gegenüber stehen drei Riesen, die jeder für sich mindestens 120 Kilo auf die Waage bringen. Genau mein Metier also. Schweikert erklärt mir, wo ich – theoretisch – durchbrechen kann. Hochmotiviert begebe ich mich in Position. Mit voller Energie rausche ich los – und fliege krachend in die Richtung zurück, aus der ich gekommen bin. Das war nichts! Naja, was soll’s, gleich noch mal. Was einen nicht umbringt … Defensive-Line-Coach Ward Love hat genau hingesehen, er gibt mir noch mal ein paar Profi-Tipps. Als ob das etwas nützen würde! Aber ich will den mit allen Wassern gewaschenen Amerikaner natürlich nicht enttäuschen und gehe noch mal voll rein.

Wie viele G-Kräfte hier wirken, weiß ich nicht, aber dass Coach K das gesamte Team nach einem weiteren Versuch zusammentrommelt, kommt mir nicht ganz ungelegen. Kurz durchatmen! Patrick Köpper erklärt, dass es nun ins Spiel geht. Elf Mann auf der einen, elf auf der anderen Seite der „Line of Scrimmage“. Ein paar Minuten schaue ich mir das Spektakel von außen an, dann schlägt meine Stunde. Quarterback Jan Weinreich nimmt mich bei der Spielzugbesprechung auf die Seite: „Du kriegst gleich den Ball von mir und läufst rechts zwischen den Offensiv-Linemen durch. Alles klar?“ Alles klar! Kriege ich hin. Einfach dran glauben, das wird schon. „Set, Hut“, ich bekomme den Ball – Rrrrrrummmms!

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Das hat wehgetan: Der angehende Running Back wird von seinem Gegenspieler zu Boden gebracht. Rrrrrrums! (Foto: Ben Horn)

Da liege ich, der Kopf steckt im Gras. Kurz sortieren – scheint noch alles dran zu sein. „Gleicher Spielzug noch mal“, gibt David Odenthal die Marschroute vor. Diesmal dauert es etwa eine halbe Sekunde länger bis zum Einschlag. Auf der Playstation ging das irgendwie einfacher!

Der nächste Spielzug sieht einen Sprint über die linke Seite vor – und tatsächlich, hier geht mal was. Einen Spieler schüttle ich ab, beim nächsten allerdings ist Endstation. Immerhin, ein bisschen Respekt ernte ich von den GFL-Profis. Nicht unbedingt für die lächerlichen zwei oder drei Yards Raumgewinn, sondern eher dafür, dass ich mich schnell wieder aufraffe, um für das nächste Play bereit zu sein. Nach ein paar Versuchen tun mir dann doch ein wenig die Knochen weh. Doch seltsamerweise habe ich Blut geleckt.

„Voll in den rein?“ – „Genau!“

Zum Abschluss werden noch Kickoffs geübt. Ein Kicker drischt das Ei möglichst weit und gezielt nach vorne, wo es ein Spieler des gegnerischen Teams fängt und in Richtung Endzone trägt. Alle elf Spieler des kickenden Teams sollen ihn dabei stoppen. „Du musst einfach geradeaus laufen“, erklärt mir der Coach, und deutet mit dem Finger auf einen meiner Gegenspieler: „Der da wird versuchen, dich zu blocken.“

Aber nichts da, geschickt weiche ich meinem Kontrahenten aus, gehe links vorbei und sprinte in Richtung des Ballträgers. Einigermaßen stolz kehre ich nach Ende des Spielzuges zurück. Jetzt wäre es doch mal Zeit für ein Lob. Der Coach allerdings ist nicht zufrieden: „Du sollst nicht links an dem vorbeilaufen, sondern geradeaus“, so Köpper. „Also voll in den rein?“ – „Genau!“

Nach dem nächsten Versuch – diesmal bin ich wie ein Regentropfen an einer Scheibe an meinem Gegenspieler abgeprallt und außer Gefecht gesetzt worden – ist er hingegen zufrieden. „Job erledigt“, wenngleich noch Luft nach oben besteht. Für heute war das allerdings die letzte Kollision. Nach zwei Stunden habe ich es geschafft!

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Lob für den Rookie: Crocodiles-Coach Patrick Köpper ist mit der Performance seines Trainingsgastes zufrieden. (Foto: Ben Horn)

Patrick Köpper klatscht mit seinen Spielern ab. Am Ende gibt’s sogar noch ein Lob: „Das war okay fürs erste Training, du hast guten Speed“, sagt der Trainer. Ob er das wirklich ernst meint oder ob er das aus reiner Höflichkeit sagt, bleibt sein Geheimnis. Ich jedenfalls bin glücklich über die Tatsache, dass ich das Spielfeld auf meinen eigenen zwei Beinen verlassen kann und am nächsten Morgen nicht, wie mein Kollege Thomas, humpelnd durch die Redaktionsgänge schleichen muss.

Fazit: In diesem Leben wird kein Football-Profi mehr aus mir. Das Training mit den sympathischen Jungs der Cologne Crocodiles hat aber trotz diverser blauer Flecken Riesenspaß gemacht!