fbpx
Köln.Sport

Nicht gerade eine Win-win-Situation

Quelle: IMAGO

Jörg Jakobs lebt nicht erst seit kurzem in Köln. Auch während seiner Zeit bei Hannover lebte er in der Domstadt.

Köln.Sport sprach mit dem „Leiter Kaderplanung und Transfermanagement” des 1. FC Köln. Seine Aufgaben beim FC und welche Herausforderungen es in Zukunft geben wird, erläuterte Jörg Jakobs.

Herr Jakobs, Sie müssen Spieler verkaufen, die sich beim FC in der letzten Saison nicht gerade einen guten Namen gemacht haben. Wie schwierig ist es, diese zu transferieren?

Das in Einklang zu bringen ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Du hast eine Vertragssituation, und es ist klar, dass ein Spieler nicht gerne auf Geld verzichtet. Einen neuen Klub zu finden, das geht in erster Linie vom Spieler und seinem Berater aus – wir können bestenfalls Vorschläge machen oder Dinge anbahnen, aber letztendlich muss der Spieler sein Okay geben für einen neuen Verein. Und das ist aktuell nicht gerade eine Win-win-Situation.

Wie kommen Sie klar mit den Beratern der betreffenden Spieler? Das sind ja sicherlich nicht nur freundliche Gespräche, die geführt werden?

Nein, das sind Gespräche, die im besten Fall professionell ablaufen. Klar ist ja auch: DieVerträge liegen vor, sie bestehen und haben juristisch Bestand, Es gibt vertragliche Verpflichtungen, denen wir nachkommen, sofern sich keine andere Möglichkeit bietet. Deshalb ist das auch immer ein Geben und Nehmen. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Spieler die Situation überdenkt, denn er will ja Fußball spielen. In welchem Alter auch immer, er will auf den Platz.

Was passiert mit den Spielern, für die sich bis Saisonstart kein Käufer findet?

Wenn das der Fall sein sollte – wovon ich aber nicht ausgehe, muss man sich, genauso wie wir das bisher gemacht haben, noch mal hinsetzen und dann wieder eine bestmögliche Lösung finden. Das ist schwer zu prognostizieren, weil jeder Fall auch anders gelagert ist.

Sie haben Erstliga-erfahrene Profis wie Dominic Maroh, Matthias Lehmann oder Thomas Bröker verpflichten können. Wie überzeugen Sie solche Spieler, mit dem FC in die 2. Liga zu gehen?

Das hat mit der Mentalitätder Spieler zu tun, was im Umkehrschluss auch wieder bedeutet, dass uns bestimmte Mentalitäten interessieren. Der Spieler muss eine ganz starke sportliche Mentalität haben, denn wir locken ihn nicht mit Geld hierhin. Sie haben natürlich auch ordentliche Verträge, sonst würden sie nicht hier spielen, aber das muss passen! Dieser sportliche Ehrgeiz, der Hunger nach Erfolg, die Leistungsbereitschaft muss da sein. Und die haben wir in den Fällen gespürt, konnten im umgekehrten Fall dem Spieler aber auch eine sportliche Perspektive aufzeigen. Und das in erster Linie auch im Gespräch mit dem Trainer, der natürlich für das sportliche Konzept verantwortlich ist und den Spielern ihre Rolle klarmacht, die sie in diesem Konstrukt spielen. Mentalität geht immer vor die Qualität, wenngleich die natürlich auch da sein muss. Qualität ohne Mentalität hilft in der Regel nicht weiter.

Worauf achten Sie bei der Zusammenstellung des Teams generell?

Die elf besten Spieler ergeben nicht automatisch immer die beste Mannschaft, sondern es kommt wirklich immer auf die Zusammensetzung an. Es gibt ja genug Beispiele. Ob das Hannover ist, Freiburg in der Rückrunde war, die es sensationell über den Teamspirit gemacht haben, ob das Dortmund am anderen Ende der Skala ist, die auch viel über diese mentale Schiene, über diesen Erfolgshunger kommen. Über Dortmund wurde gern gesagt, dass die Mannschaft im zweiten Jahr nach der Meisterschaft Probleme kriegen würde – und trotzdem haben sie den Titel verteidigt. Ich bin fest davon überzeugt, dass man sich, egal ob man den Kader zusammenstellt oder als Trainer die Mannschaft aufstellt, immer die Mentalitätsfrage stellen muss.

Apropos Trainer, wie muss man sich Ihre tägliche Zusammenarbeit mit dem anderen Teil der sportlichen Führung, mit Holger Stanislawski und Frank Schaefer, dem Leiter „Sport“, konkret vorstellen?

Grundsätzlich tauschen wir uns über alle Belange, was das Kerngeschäft mit Kaderperspektive, -gestaltung und -entwicklung angeht, permanent aus, jeden Tag. Kostet Zeit, bringt aber auch jeden weiter. Der Trainer ist froh, wenn er mal eine Rückmeldung von einem Außenstehenden erhält, der etwas auf dem Trainingsplatz oder im Spiel gesehen hat. Und ich muss wissen, wie der Trainer gerade seine Schützlinge beurteilt, welche Entwicklung sie nehmen, ob er mit der Entwicklung bestimmter Spieler besonders zufrieden ist, weil das für meinen Aufgabenbereich natürlich wichtig ist. Es muss ein ständiger Austausch unter uns dreien sein.Das passiert sowohl im Vorbeigehen, quasi auf Zuruf, wie auch in festen Meetings.

Bleibt das Thema Kaderplanung für Sie auch unmittelbar nach Saisonstart ein aktives?

Um erfolgreich zu sein – vor allen Dingen, wenn man weniger Geld einsetzt –, muss man mehr arbeiten und schneller sein. Und das bedeutet natürlich, jetzt schon die nächste Saison vorzubereiten. Ich muss jetzt bereits wissen, wie die Kaderstruktur nächstes Jahr aussieht, schon aufgrund vertraglicher Situationen. Und die Spieler, die für 2013 interessant sind, muss ich heute schon auf dem Schirm haben.

Wer hat beim FC das letzte Wort bei einem Spielertransfer?

Es gibt kein letztes Wort, es gibt nur einen gemeinsamen Entschluss.

Ihnen obliegen beim FC auch die Bereiche Spiel- und Spieler-Beobachtung. Arbeiten Sie das klassisch wie ein Chefscout?

Ja, auf jeden Fall, das ist mein Anspruch. Ich muss quasi im September anfangen, die neue Saison vorzubereiten – und das ist auch der Teil der Arbeit, der mir sehr viel Spaß macht: herumzufahren und Spieler zu finden, die für Köln in dem Fall interessant sein könnten. Es gehört auch zu meinem Selbstverständnis, das zu machen.

Welche Rolle spielt das SportsLab künftig bei der Spieler-Sichtung?

Das SportsLab ist ein technischer Backup, um beispielsweise Vorarbeit zu leisten, einen Spieler über einen längeren Zeitraum zu screenen. Das spart Kosten, und man erhält so mehrere Informationen, aber es wird das Live-Scouting nie komplett ersetzen können. Das SportsLab ist eine Hilfestellung fürs Live-Scouting.

Wie bewerten Sie den Anteil eigener Talente im neuen FC-Kader?

Grundsätzlich haben wir ein überragendes Nachwuchsleistungszentrum. Dann muss es auch der Anspruch sein, diese Früchte zu ernten, das ist der absolute Konsens in der sportlichen Leitung. Aber dies umzusetzen schafft man nicht von heute auf morgen. Aktuell haben wir im Profi-Kader sehr viele Spieler, die im Nachwuchs eine gute Rolle gespielt haben. Ich finde, dass wir in diesem Bereich ganz gut aufgestellt im Vergleich zu anderen Klubs.

Für die FC-Fans waren Lukas Podolski und zuletzt auch Michael Rensing die Identifikationsfiguren im Team. Wem trauen Sie diese Rolle nun zu?

Ein Kandidat ist mit Sicherheit Timo Horn, quasi ein Junge aus der Südkurve. Er hat von uns – was ja selten genug vorkommt im Fußball – einen Vertrauenvorschuss erhalten. Wir haben ihm gesagt: Du gehst als Nummer eins im Tor in die Saison. Wenn er das bestätigt, könnte Timo so eine klassische kölsche Identifikationsfigur werden. Vom spielerischen Potenzial her, stehen ihm die Möglichkeiten für eine Karriere offen.

Welche Platzierung ist für den 1. FC Köln mit diesem Kader möglich?

Das kann man jetzt noch nicht sagen. Es hängt auch davon ab, wie es bei den anderen „Großen“, etwa Kaiserslautern und Hertha BSC, anläuft: Was passiert bei diesen Vereinen noch in Sachen Transfers? Aber ich bin absolut überzeugt davon, dass wir zumindest sehr konkurrenzfähig sein und viele Mannschaften hinter uns lassen werden. 

 

Das vollständige Interview können sie in der aktuellen Köln.Sport Ausgabe (August) nachlesen.

>> Den ersten Teil des Interwies finden Sie hier.