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Köln.Sport

Masse vs. Klasse

Der einst so florierende Golfsport in Deutschland hat bereits seit Jahren zu kämpfen. Die Verhältnisse haben sich verändert, Golf ist im Wandel begriffen, Clubs (und Verbände) passen sich an. Ihre Herangehensweisen sind dabei sehr unterschiedlich. Eine Bestandsaufnahme
Golf

Wer bei GolfCity abschlägt, stört sich nicht daran, nach dem Spiel auf Bierbänken Platz nehmen zu müssen. Hier geht es um Spaß (Foto: getty)

Et bliev nix, wie et wor.“ Artikel fünf des kölschen Grundgesetzes gilt universell, beschreibt aber besonders treffend den Zustand der deutschen Golflandschaft. In den letzten Jahren hat sie sich stark verändert. Der Nettozuwachs an organisierten Golfern im Deutschen Golf Verband stagniert, längst können sich viele hiesige Golfclubs nicht mehr alleine aus den Mitgliedsbeiträgen ihrer Vollzahler finanzieren.

Immer mehr Golfer entscheiden sich wegen zu hoher Kosten oder aufgrund von Zeitmangel gegen eine feste Clubmitgliedschaft und zahlen stattdessen Greenfees, wenn sie spielen. Besonders die Altersklasse der 35- bis 45-Jährigen hat angesichts von Anforderungen durch Familie und Beruf immer weniger Zeit für das zeitintensive Hobby. Bei den Jugendlichen konkurrieren Golf- und Sportvereine im Allgemeinen zunehmend mit Social Media und Spielkonsolen. „Flexibilität“ heißt deswegen heutzutage das Zauberwort. Hohes Greenfee-Aufkommen und Zusatzeinnahmen in der Gas­tronomie, durch Events und aus einem insgesamt breiteren Angebot werden für viele Anlagen zum wesentlichen Wirtschafts- und Überlebensfaktor.

Neue Bedürfnisse

Die Konsequenz für den Golfsport ist einfach: Er muss sich wandeln, neuen Bedürfnissen anpassen. „Wir haben nicht mehr diese relativ kleine Gruppe der Spieler, die sich mit Haut und Haar ihrem Hobby verschrieben haben, sondern es wächst eine neue Gruppe Golfer heran: moderner, jünger, flexibler“, stellte Alexander Klose, Teil des Vorstandes beim Deutschen Golf Verband, schon vor vier Jahren fest. Die Golfclubs mussten und müssen dieser Entwicklung Rechnung tragen – die Art und Weise, wie sie das tun, ist allerdings sehr unterschiedlich.

Viele Golfclubs in Deutschland rea­gierten, indem sie Neugolfern Anreize schufen, in den Sport und bestenfalls auch in ihren Club einzusteigen. Einst teure Platzreifekurse gibt es heutzutage für kleines Geld, und die vor Jahren noch verlangten Einlagesummen gehören längst der Vergangenheit an. Es gilt, eine Nachfrage zu schaffen, ganz besonders im Kölner Raum, wo die Konkurrenz besonders groß ist.

Guido Risters, Geschäftsführender Gesellschafter der Golfplatz Am Alten­ Fliess AG & Co OHG, weiß um die Entwicklung und die damit verbundenen neuen Anforderungen: „Golfclubs sind generell als Immobilien zu sehen. Da ist es erst mal egal, ob diese von einem Verein oder einer Betreibergesellschaft geführt bzw. betrieben werden. Diese Immobilien müssen wirtschaftlich tragfähig sein“, nennt Risters die Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Golfclub. Die Strategie, wie diese Rentabilität erreicht wird, sieht je nach Anlage und Konzept natürlich unterschiedlich aus. „Da wir seit einigen Jahren ein steigendes Angebot an Plätzen und eine sinkende oder stagnierende Nachfrage im Golfmarkt haben, hat sich im gesamten Markt eine Entwicklung vom Nachfragemarkt zum Angebotsmarkt ergeben“, so Risters.

Vielfältiger Angebotsmarkt

Und dieser Angebotsmarkt ist vielfältig. Betreiber positionieren sich und geben ihrem Club ein Label. So wie beispielsweise GolfCity in Pulheim. Dort setzen die Betreiber auf das Prinzip „Golfen für jedermann“ und stehen damit für eine Liberalisierung des Golfmarktes. Neugolfer sollen ohne Hürden den Golfsport für sich entdecken und dabei in erster Linie Spaß haben. „Eines ist doch bei der überwältigenden Mehrheit aller Golfspieler in Deutschland gleich – sie kommen innerhalb ihrer Freizeit auf den Golfplatz und haben daher einen gewissen Anspruch, eine ‚schöne‘ Zeit zu verbringen.

Daher ergibt sich die Ausrichtung von selbst – verkrampfte Ansprüche und Vorgaben passen hier mit der Situation nicht überein“, analysiert Matthias Geraats, Marketingleiter bei GolfCity, und ergänzt: „Der deutsche Golfsport hängt dieser Erkenntnis und den daraus resultierenden Ansprüchen natürlich ein wenig hinterher.“ Damit verweist Geraats darauf, dass Golfclubs in Schottland oder den USA diesen Ansatz bereits seit Jahren verfolgen.

Günstige Greenfees, Golfen ohne Platzreife – diesem Konzept kann Risters vom GC Am Alten Fliess nicht viel abgewinnen. „Alle Anlagen, die sich für ein Billigkonzept entscheiden, werden langfristig scheitern“, sagt der Geschäftsführende Gesellschafter des Premium-Clubs Am Alten Fliess. „Golf kann niemals billig sein. Erstens ist das Land gerade im Kölner Umfeld zu teuer. Die Lohn und Gehaltskosten allein im Bereich Greenkeeping sind hoch, der Maschinenpark ist sehr kostenintensiv“, begründet Risters. „Wer auf ‚billig‘ setzt, wird über kurz oder lang sein Produkt respektive den Golfplatz ruinieren.

“ Ein „Billigkonzept“ zu verfolgen, dagegen würde sich viele derjenigen Clubs, die auf das Prinzip „Masse“ setzen, wohl verwahren. Dennoch, ein Trend zu mehr hochfrequentierten Golfanlagen, deren niedrige Greenfees bzw. Mitgliederbeiträge und viele Events in der Summe die notwendigen betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen erfüllen, ist nicht von der Hand zu weisen. Ihnen gegenüber stehen Vereine, die bewusst auf Tradi­tion und besondere Qualität setzen.

Konkurrenz belebt das Geschäft

Exklusivität und Qualität als Faustpfand, das funktioniert bei Clubs wie dem GC Gut Lärchenhof oder dem Golf- und Land-Club Köln schon seit Jahrzehnten. Die im Vergleich zu den „Masseclubs“ für Mitglieder und Gastspieler wesentlich kostspieligeren Premiumanlagen vertrauen auf ihre anspruchsvolleren und hochwertigen Kurse, die den Golfer sportlich und strategisch mehr fordern, sowie ihrem einmaligen Ambiente – vom Abschlag bis zum Clubhausbesuch nach der Runde.

Auch Guido Risters­ verschreibt sich beim GC Am Alten Fliess einer sportlich-qualitätsorientierten Philosophie, in der die klassischen Golfwerte und eine gewisse Etikette hochgehalten werden. Für ihn steht ein Kurswechsel nicht zur Debatte: „Wir bieten viele gute Gründe für den modernen Golfer. Die vielen treuen Mitglieder und die vielen neuen Mitglieder, die jährlich zu uns kommen, sind ein Indikator dafür, dass unsere Philosophie am Markt Bestand hat. Darum werden wir auch in Zukunft diesen Weg gehen“, so Risters. Von den jungen Golfclubs, die den Freizeitcharakter in den Vordergrund rücken, fühlt er sich nicht bedroht.

Also eher doch nicht „Masse vs. Klasse“, sondern gesunde Konkurrenz? Der Marketingleiter von GolfCity jedenfalls ist sich sicher, dass alle Golfanlagen im Kölner Raum vom Konzept „barrierefreier“ Anlagen profitieren: „Vermutlich gibt es keine Golfanlage im Kölner Umland, die nicht ein Mitglied hat, dass durch GolfCity den Einstieg in den Sport gefunden hat“, ist sich Matthias Geraats sicher.

Verifizierbar ist diese Aussage freilich nicht. Doch solange die Konzepte der Clubs so unterschiedlich wie ihre Zielgruppen sind, scheint das Nebeneinander die starke Kölner Golfregion insgesamt zu bereichern. Schwierigkeiten hingegen bekommen Clubs, die sich nicht so recht entscheiden können, welchen Weg sie gehen und wofür sie stehen wollen. „Das Problem sind Golf­anlagen, die andauernd zwischen den beiden Polen schwimmen und dem Kunden gegenüber natürlich ‚verwässern‘“, analysiert Geraats.

So geschehen beim Kölner Golfclub, der ursprünglich mit einem breitensportlichen Konzept gestartet war, in der jüngeren Vergangenheit aber vermehrt auf Spitzensport setzte. Anfang des Jahres ruderte der Club dann wieder zurück – das Konzept der Zukunft ist das der Vergangenheit: Golfen für jeden, der möchte (mehr zum Kurswechsel des Kölner Golfclubs ab Seite 22).

Neue Trends aus den USA

Ob „Masse“ oder „Klasse“ – die Betreiber und Vereine werden auch in Zukunft die nationalen wie internationalen Entwicklungen des Golfsports im Auge behalten und mit der Zeit gehen müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Die Region braucht sicher beides – einerseits die klassischen Traditionsclubs, andererseits die unkonventionellen und innovativen. Denn: „Das Entscheidende ist doch, dass man dem Kunden bietet, was der Kunde haben möchte“, bilanziert Matthias Geraats­ von GolfCity. Genau das tun die Clubs mit ihren unterschiedlichen Ansätzen, einerseits für unorganisierte Freizeitgolfer, andererseits für ambitionierte, traditionsbewusste Spieler.

Welche Philosophie eine Anlage auch vertritt, eines ist längst klar: Ein Golfclub im 21. Jahrhundert muss mehr zu bieten haben als gut gemähten Rasen und Abschlagplätze. Unterhaltung, Spaß, guter Service, flexible Mitgliedschaften – diese Reize müssen Betreiber schaffen. In den USA ist die Entwicklung sogar schon so weit, dass Anbieter neue Regeln definieren und dabei ohne Golfplatz auskommen. Bestes Beispiel ist „TopGolf“. Das Konzept des Unternehmens: Von einer Driving Range müssen Bälle in verschiedene Zonen geschlagen werden, die Spieler sind Laien, die ihren Geburtstag hier feiern oder mit ihren Freunden Spaß haben wollen.

Mit klassischem Golf hat das zwar wenig zu tun, doch das Geschäft boomt. Ein Grund für die hiesigen Vereine, alles infrage zu stellen, ist das sicher nicht. Vielmehr stehen sie heute und in der Zukunft vor der Herausforderung, den schmalen Grad zwischen Altbewährtem und neuen Trends mit dem richtigen Augenmaß zu meistern.