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Köln.Sport

Kölsche WM-Helden – Wolfgang Weber

In einer Serie über die größten Kölner WM-Helden, kommt man an Wolfgang Weber keinesfalls vorbei. Der Vorstopper wurde 1966 Vize-Weltmeister und ist wohl der beste Augenzeuge des legendären Wembley-Tores.
Wolfgang Weber

Während seine Mitspieler konsterniert den Rasen verlassen, steht „Bulle“ Weber wie festgenagelt auf dem Rasen des Wembley-Stadions (Foto: imago/Pfeil)

London, 30. Juli 1966. WM-Finale. 93.000 Zuschauer im Stadion. Deutschland gegen England. Die Queen sieht zu. Ganz England hofft darauf, anlässlich des 100-jährigen Bestehens des englischen Fußballverbandes FA zum ersten Mal Weltmeister zu werden.

Wäre da nicht Wolfgang Weber. Der bullige Rheinländer schießt in der 90. Minute das 2:2 für die Deutschen und rettet die Mannschaft von Helmut Schön in die Verlängerung. Die deutschen schnuppern am WM-Pokal, doch dann geschieht etwas, über das sich noch Generationen von deutschen und englischen Fußballfans streiten werden.

Nach einer Hereingabe von George Cohen schießt Geoff Hurst in Richtung Tor, der Ball springt an die Latte und von dort aus wieder auf die Linie – Oder hinter die Linie? Weber köpft den Ball ins Toraus, doch die Engländer jubeln. Der Schiedsrichter spricht sich mit dem Linienrichter ab, dann ist das Schicksal besiegelt – Tor für England! Die Queen applaudiert. Wenige Minuten später steht England als Weltmeister fest. Die deutschen gucken in die Röhre.

Anfänge auf der „Schäl Sick“

Während manche seiner Teamkollegen wie Franz Beckenbauer oder Wolfgang Overath wenige Jahre später im eigenen Land die Schmach vergessen machen und Weltmeister werden, bleibt Wolfgang Weber dieser Titel verwehrt. Nichtsdestotrotz kann der Kölner Vorstopper auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken: Wie später Bernd Cullmann, erlernte Wolfgang Weber das Fußballspielen auf der „Schäl Sick“, bei der SpVg. Porz. Bei einem Jugendauswahlspiel wurde er von Kölns Erfolgs-Trainer „Tschik“ Cajkovski entdeckt, unter dessen Leitung der FC 1964 Deutscher Meister wurde.

Weber gehörte zum Kern dieser Mannschaft. Seine aktive Zeit war die erfolgreichste der Vereinsgeschichte: 1968 und 1977 wurde die Kölner Mannschaft DFB-Pokalsieger, 1978 holte sie sogar das Double.

Einmal, in der Saison 1964/65, gelang es den Geißböcken sogar, das Viertelfinale des Europapokals der Landesmeister zu erreichen. Gegen Liverpool spielte Wolfgang Weber 70 Minuten lang mit einem gebrochenen Wadenbein, da damals noch keine Wechsel durchgeführt werden durften. Gelohnt hat es sich nicht: Da es auch noch kein Elfmeterschießen gab, wurde das Spiel per Münzwurf entschieden – zu Ungunsten des 1. FC Köln.

Spitzname „Bulle“

Kein Wunder also, dass Weber den Spitznamen „Bulle“ verliehen bekam. Doch wenn er von der WM 1966 spricht, sagt selbst der beinharte Verteidiger, dass die Spielweise damals „unglaublich brutal“ war. Leider war Weber auch in der Nationalelf der tragische Held, als diese im WM-Finale an Gastgeber England scheiterte. Weber stand dort in allen sechs Spielen der deutschen Mannschaft auf dem Platz.

Im Spiel gegen England schoss er kurz vor Ende der regulären Spielzeit den Ausgleich, der Rest ist Geschichte. Bis heute ist unklar, ob der Ball damals die Linie überquert hatte oder nicht. Zum zweiten Mal in zwei Jahren musste Weber also miterleben, wie sein Team gegen eine englische Mannschaft auf zweifelhafte Art und Weise verlor.

Er selbst hatte damals beste Sicht auf das vermeintliche Tor zum 3:2 für England, weil er direkt davor stand, als der Ball von der Latte prallte – „auf die Linie“, wie Weber sagt. Bei der WM 1970 kam der Kölner Verteidiger nicht über einen Stammplatz hinaus. Dort wurde er lediglich in einem Vorrundenspiel und im Spiel um Platz drei eingesetzt.

Lesen sie hier Teil 1 (Bodo Illgner) und 2 (Bernd Cullmann) und 3 (Karl-Heinz Schnellinger) unserer Reihe zu den Kölschen WM-Helden.

Von Yannik Stracke