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Köln.Sport

Köln der weiße Handball-Fleck

Foto: Holger Dahlke

Mit dem MTVD Köln spielt Marian Dahlke (rot) in der Verbandsliga

Ob auf dem Land oder in der Stadt: Profi-Handball funktioniert heutzutage überall – nur in Köln nicht! Köln.Sport erklärt, warum die in Deutschland so populäre Sportart bei uns praktisch keine Rolle spielt.

Am 26. Dezember 2011 kehrt der große Handball-Zirkus nach Köln zurück: Zum Jahresabschluss empfängt der VfL Gummersbach in der Lanxess-Arena den Bundesliga-Spitzenreiter THW Kiel. Für alle Kölner Handball-Fans ein besonderes Erlebnis, denn heiße Duelle auf der „Platte“ sind in der Domstadt Mangelware. In anderen Großstädten wie Hamburg oder Berlin sieht das ganz anders aus. Mehr als 8.000 Zuschauer besuchen regelmäßig die Heimspiele der dortigen Topclubs und beweisen, dass der Handball auch in einer Millionenmetropole erfolgreich sein kann. In Köln dagegen sucht man vergebens nach einem Spitzenteam – die Domstadt ist auf der Handball-Landkarte lediglich ein weißer Fleck. 

Egal ob Verbands- oder Oberliga, viele Zuschauer kommen nicht zu den Spielen im Kölner Handball. Zwischen 100 und 150 Fans beobachten die Partien in der Verbandsliga (5. Liga), in der sich gleich vier Kölner Mannschaften tummeln. Dazu zählen der Dünnwalder TV, der HSV Bocklemünd, Fortuna Köln und die SG MTVD Köln. Das beste kölsche Team ist zur Zeit der Longericher SC, der in der Oberliga (4. Liga) um den Aufstieg in die Regionalliga kämpft. Gelingt dies, wäre erstmals seit 2008/09 wieder ein Kölner Club (der LSC stieg damals ab) in der dritthöchsten Handball-Spielklasse vertreten. Immerhin. 

Dennoch ist dies eine ziemlich magere Bilanz für die Sportstadt Köln. Gerade die fehlende Tradition macht es für den Handball schwierig, sich gegen starke Konkurrenz-Sportarten wie Eishockey oder „König Fußball“ durchzusetzen. „Wir haben in der Stadt den 1. FC Köln und andere Fußballclubs, die sehr viele Fans abgreifen“, stellt Günter Knickmann, Vorsitzender des Handballkreises Köln/Rheinberg, fest. „Aber selbst der Hockeyclub Rot-Weiss ist bekannter und auch erfolgreicher als die Kölner Handballer.“

Keine Halle, keine Jugend

 Auch nach dem Final-Erfolg der deutschen Nationalmannschaft bei der WM 2007 in der Lanxess-Arena schwappte die Handball-Euphorie nicht auf die Kölner über. Die Vereine bemerkten zwar kurzfristig einen erhöhten Zulauf an neuen Mitgliedern, doch mittlerweile sei davon nichts mehr zu spüren. Ein Grund dafür ist die mangelhafte Hallensituation in Köln. Viele Sporthallen sind einfach überbelegt, so dass die Hallenzeiten viel zu gering ausfallen. Deshalb kann sich die Handball-Abteilung von Fortuna Köln keine Jugend-Mannschaft leisten, da es an geeigneten Trainingsmöglichkeiten fehlt. „Die Hallenzeiten in Köln sind ein Trauerspiel. In den letzten Jahren haben wir einen starken Rückgang an Hallenkapazitäten“, erklärt Tim Klein, Geschäftsführer der Handball-Abteilung von Fortuna Köln.

Aber die Vereine haben mit weiteren Problemen zu kämpfen. Lediglich kleinere private Unternehmen kommen für die Clubs als Sponsoren in Frage. Genügend Geld lässt sich damit aber nicht verdienen. Daher können Spieler, die eine weite Anreise haben, auch nicht entsprechend entschädigt werden. So engagieren sich auch nahezu alle Mitarbeiter bei den Handballvereinen ehrenamtlich. Leider lässt die Unterstützung des Verbandes laut Aussage der SG MTVD Köln zu wünschen übrig. „Der Verband ist eigentlich nur am Rande tätig, da fühlt man sich als Verein oft allein gelassen“, kritisiert Jesco Krause. Der MTVD-Vorsitzende: „Man fragt sich, ob der Verband für die Vereine oder die Vereine für den Verband zuständig sind.“ 

Spielgemeinschaft als Lösung?

Doch auch der Kreisverband Köln/Rheinberg klagt über mangelnde Unterstützung: Finanzielle Zuschüsse durch den Landessportbund, den Deutschen Handball Bund oder der Stadt Köln sind in den letzten Jahren weggefallen. „Wenn wir das nötige Kleingeld hätten, würden wir natürlich jedem Verein etwas abgeben. Aber es reicht gerade mal dafür, dass wir unsere eigenen Jugend-Auswahlmannschaften so eben durchbringen.“, erklärt Kreisvorsitzender Günter Knickmann.

Die Vereine haben die Problematik erkannt und sind offen für Neuerungen. „Die Zukunft des Kölner Handballs kann nur aus Zusammenschlüssen von mehreren Vereinen bestehen, da der Kostenapparat einfach zu hoch ist“, meint Jesco Krause. „Wir Vereine müssen uns auch mal an die eigene Nase fassen und über einen gemeinschaftlichen Verein nachdenken, der dann bis in den Profi-Bereich vordringen kann.“ Doch das wird wohl vorerst Zukunftsmusik bleiben, so dass es dem VfL Gummersbach vorbehalten bleibt, wenigstens hin und wieder für Aufmerksamkeit im kölschen Handballsport zu sorgen. Michael Heeg

Artikel aus Köln.Sport #01/2012