fbpx
Köln.Sport

Keine Halle ohne Hotel!

Eine mittelgroße Sporthalle, am liebsten für bis zu 3.000 Zuschauer, wünschen sich in Köln nicht nur die Basketballer der RheinStars oder die Volleyballerinnen von SnowTrex. Aber ob die neue Halle tatsächlich kommt und was sie dann bietet, hängt stark von den Rollstuhlbasketballern der Köln 99ers ab
Rollis_HP

Die Rollstuhlbasketballer der Köln 99ers müssen aktuell an vier verschiedenen Standorten in Köln trainieren (Foto: imago/Beautiful Sports)

Es ist ein leidiges Thema – die Sporthallensituation in Köln. Seit Jahren sehnen sich die Kölner Profisport-Vereine nach einer neuen Spielstätte, und das hat verschiedene Gründe: Die RheinStars beispielsweise wünschen sich einen Spielort mit einem Fassungsvermögen von mindestens 3.000 Zuschauern. Die Lanxess-Arena, in der sie bis vor Kurzem auf Korbjagd gingen, ist für sie aktuell noch viel zu groß und daher eine Belastung. Inzwischen laufen sie wieder in der Sporthalle des ASV auf – diese aber wäre bei einem eventuellen Aufstieg wiederum zu klein.

Auch die Volleyballerinnen der SnowTrex Köln kennen das leidige Thema. Jahr für Jahr müssen sie sich trotz sportlicher Qualifikation gegen einen Aufstieg in die erste Liga entscheiden, weil ihre Halle am Tiroler Weg in Junkersdorf nicht den Bundesliga-Standards entspricht und sich keine Ausweichmöglichkeit bietet. Und auch die Kölner Haie hätten wohl nichts gegen neue Eishalle in Köln, die sie zu Trainings- und Vorbereitungszwecken nutzen könnten – ebenso wie der KEC-Nachwuchs, der schon jetzt unter enormer Raumnot leidet.

„Wir sind die Initiatoren“

Ein Verein, der ebenfalls dringend eine moderne und größere Halle bräuchte, um seinen Sport ohne Barrieren ausüben und entwickeln zu können, wird in dieser Aufzählung in der Regel nur am Rande erwähnt: die Rollstuhlbasketballer der Köln 99ers. „So ist auch unsere Wahrnehmung“, sagt Sedat Özbicerler, Geschäftsführer des RBC, „dabei sind wir eigentlich die Initiatoren des Ganzen.“

Und Özbicerler beschreibt auch gleich die Probleme seines Vereins: „Wir sind mit mehreren Mannschaften im Ligabetrieb vertreten, trainieren derzeit jedoch an vier verschiedenen Standorten in Köln.“ Diese seien bestenfalls als „barrierefreundlich“ zu bezeichnen. Denn die Hallen sind aktuell nur bedingt für Menschen mit Behinderung geeignet. Entweder sind die Hallen nicht barrierefrei zugänglich, die Türen nicht breit genug, Aufzüge außer Betrieb oder die Sanitäranlagen nicht für Rollstuhlfahrer ausgelegt, um nur einige Beispiele zu nennen. „Das ist sehr bedauerlich, da wir neben unserem Spielbetrieb auch große Turniere und Events wie Länderspiele – zuletzt den Nations Cup Cologne- – im Rollstuhlbasketball veranstalten und unseren Gästen gerne bessere Bedingungen bieten würden“, sagt er.

Und bei diesen sportlichen Highlights machen den Ausrichtern vom RBC nicht bloß die nur eingeschränkt nutzbaren Hallen zu schaffen. „Bei solchen Events finden wir in Köln auch nicht genügend Hotels mit barrierefreien Zimmern. Und wenn es sie gibt, wie zum Beispiel in Rodenkirchen, haben die vielleicht 40 Zimmer – das reicht aber nicht, wenn man große internationale Turniere veranstalten will. Zudem ist der logistische Aufwand sehr groß, wenn man die Gastmannschaften von verschiedenen Hotels zur Wettkampfstätte transportieren muss.“

Deshalb entstand 2012 die Idee, am besten eine eigene Halle zu bauen und daran gleichzeitig ein Hotel „anzudocken“, um diese Problematik pragmatisch zu lösen. „In der Idee war auch die Vorstellung enthalten, dass dieses Sportzentrum idealerweise durch einen Inklusionsbetrieb geführt werden sollte“, sagt Özbicerler. „Wir waren uns bewusst, dass nur eigenes Handeln und eigene Lösungsvorschläge uns hier weiterbringen würden. Es hat keinen Sinn, darauf zu hoffen, dass irgendwer uns eine Halle hinstellt.“

Absolutes Vorzeigeobjekt

Bei dem Vorhaben geht es den 99ers nicht nur um die großen Events, die an so einem Standort mit angeschlossenem Hotel möglich wären. Der Verein will seinen Trainingsbetrieb für die über 90 Mitglieder verbessern. „Die Förderung der Talente ist eine unserer wichtigsten Aufgaben. Hier wollen wir unseren Athleten die Möglichkeit geben, sich weiterzuentwickeln und auch schon mal bei einer höherklassigen Mannschaft am Training teilzunehmen. Derzeit müssen die Spieler dafür aber den Transport von Halle A nach B organisieren. Das ist mit Alltags- und Sportrolli immer eine Mammutaufgabe oder für die Eltern ein hoher Aufwand.“ Auch diese Problematik könnte mit der neuen Halle gelöst werden.

Mit diesen Überlegungen traten die 99ers kurze Zeit später an die Kämpgen-Stiftung heran und fanden bei Geschäftsführerin Ingrid Hilmes großen Zuspruch. 2015 wurde dann mit Hilfe dieser Stiftung die Idee in eine Konzeptentwicklung überführt, eine Benchmark-Analyse und ein Anforderungsprofil wurden entwickelt. Die Ergebnisse der Vorstudie zeigten, dass die Idee gerade in Zeiten der Inklusion einen hohen gesellschaftlichen Mehrwert bringen würde. „Wir wissen aber auch, dass wir so eine Halle nicht alleine auslasten würden“, sagt Özbicerler. Also machte der RBC sich auf die Suche nach möglichen Verbündeten für sein Unterfangen – und wurde bei den Basketball-Kollegen von den RheinStars vorstellig. „Stephan Baeck sagte jedoch, die RheinStars würden nur dann mitgehen, wenn wir die Halle von vornherein für 5.000 Zuschauer planen, damit sie bei einem Aufstieg in die BBL auch dort bleiben könnten. Das haben wir zur Kenntnis genommen, es wäre jedoch allein von den Bau- und Betriebskosten her eine riesige Herausforderung geworden“, sagt er.

So stieß der RBC auf die Volleyballerinnen von SnowTrex. „Für deren Bedürfnisse würde eine Halle mit 1.000 bis 1.500 Zuschauern absolut ausreichen. Sie konnten sich vorstellen, bei so einer Halle mitzugehen und dort ihre Wettkämpfe – dann in der Bundesliga – auszutragen.“ So beschloss man, zunächst das „kleinere“ Hallenprojekt zusammen mit SnowTrex weiterzuentwickeln.

Im weiteren Verlauf wurde das Konzept auch bei Sportdezernentin Dr. Agnes- Klein und dem Sportamt vorgestellt. „Wir hatten hier ein Projekt, dass für die Stadt Köln ein Stück weit auch ein Vorzeigeobjekt wäre, weil so ein von vornherein allumfassend barrierefrei gedachtes Angebot – für Sportler und Zuschauer mit unterschiedlichsten Einschränkungen – in Deutschland einmalig wäre“, sagt Özbicerler und er baut gerade deshalb auf große Unterstützung der Stadt. Die Gespräche verliefen positiv, es wurde Hilfe zugesichert und der Kontakt zum Liegenschaftsamt hergestellt. Dieses bot den Rollstuhlbasketballern zwei mögliche Grundstücke an, unter anderem eines in Stammheim, für das bereits ein Bebauungsplan vorliegt.

„Nicht hinten rausfallen“

„Da war es dann langsam Zeit für eine erste Machbarkeitsstudie, um weitere belastbare Zahlen und Fakten zu erhalten“, erzählt Özbicerler. „Leider hat sich so schnell niemand gefunden, der bereit war, diese Studie zu finanzieren. Es gibt viele Stiftungen und Organisationen, die uns bei Bau und Betrieb unterstützen würden, diese dürfen laut ihren Statuten allerdings keine Machbarkeitsstudien finanzieren.“ Im Sommer 2017 brachte das Sportamt deshalb den RBC und den KEC zusammen. Denn der Eishockeyclub suchte ebenfalls nach Möglichkeiten, seine angespannte Trainingssituation im Amateurbereich zu verbessern und dies durch den Bau von zwei Eishallen zu lösen.

„Präsident Rainer Maedge hat uns in dieser Sache sofort toll unterstützt und auch die Idee des barrierefreien Sportparks verinnerlicht“, sagt Özbicerler. Eine neue Abteilung im KEC für Para-Sledgehockey ist ebenfalls angedacht. Beide Clubs verfolgen seither das gemeinsame Ziel, einen „barrierefreien Sportpark“ zu entwickeln. „Im Frühjahr 2018 haben wir eine gemeinsame Absichtserklärung verfasst und unterzeichnet und später das Projekt auch im Sportausschuss vorgestellt. Mit dem Einstieg des KEC bekam das Projekt eine neue Dynamik und Aufmerksamkeit“, so der Geschäftsführer der 99ers, dem man anmerkt, wie sehr ihm das Projekt am Herzen liegt und der unbedingt eine Möglichkeit finden will, es zu realisieren.

Mithilfe der Kämpgen-Stiftung wurden dann im Sommer letzten Jahres die Prof.-Otto-Beisheim-Stiftung aus München und auch die Aktion Mensch als Geldgeber für die Machbarkeitsstudie gefunden. Sie sagten einen Großteil der benötigten Summe zu – unter der Bedingung, dass sich die Stadt an dem Projekt beteiligen würde. Seitens des Sportamtes kam dann die Empfehlung, sich noch einmal mit den RheinStars an einen Tisch zu setzen und zu schauen, ob ein gemeinsames Vorgehen realisiert werden könne.

Unter der Prämisse, das ursprüngliche Konzept nicht zu „vergessen“, wird nun der Hallenbau für 1.500 sowie 3.000 Zuschauer geprüft. Doch egal welche der beiden Varianten sich als realisierbar herausstellt – an ihrer ursprünglichen Forderung nach einem gemeinnützig betriebenen, barrierefreien Sportpark, in dem das als Inklusionsbetrieb geführte Hotel ein elementarer Baustein ist, halten die Rollstuhlbasketballer der Köln 99ers fest. „Grundsätzlich würden wir liebend gern mit allen vier Vereinen das Projekt umsetzen“, versichert Özbicerler und fügt hinzu: „Es wäre toll, wenn wir gleich vier Fliegen mit einer Klappe schlagen würden und wenn das dann auch noch für alle Seiten passen würde.“ Aber auf eine Einschränkung legt er großen Wert:  „Wir wollen nur vermeiden, dass wir am Ende sozusagen ‚hinten rausfallen‘. Da müssen wir schon auf unsere eigenen Interessen achten. Denn auch die Stiftungen und Förderer, die uns unterstützen, haben die Auflage gemacht, dass dieses Zentrum auf jeden Fall vorrangig dem Behindertensport zugänglich und nutzbar gemacht wird. In diesem Kontext ist auch das barrierefreie Hotel für unser Konzept unerlässlich und ein ausschlaggebender Bestandteil.“

Die RheinStars und SnowTrex wären in diesem Konstrukt Mieter, das Zentrum würde in erster Linie dem Behindertensport zur Verfügung stehen. Die anderen Beteiligten wären Mitnutzer. „Wir wollen uns in der Angelegenheit nicht aufspielen, wissen, dass wir eine Randsportart unter den Randsportarten sind. Dennoch muss man bei dem Projekt die Initiatoren und Player klar so benennen, wie sie sind.“

In der Zwischenzeit haben alle vier Vereine eine kleinere Vorstudie, die den Standort auf mögliche K.o.-Kriterien überprüft, in Auftrag gegeben. Die Ergebnissen zeigen laut Özbicerler keine unüberwindlichen Auflagen, sodass man nun die große Machbarkeitsstudie angehen kann. Wird dafür nun noch die Restsumme aufgebracht, könnten Ergebnisse bereits im Sommer vorliegen. „Und dann wüssten wir, wie das Thema weiter voranzubringen ist“, sagt Özbicerler. Doch ungeachtet der Resultate der großen Studie steht bereits fest: In der Kölner Hallenfrage hängt mehr vom RBC Köln 99ers ab, als bisher in der Öffentlichkeit bekannt war.