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Köln.Sport

Inspektion in der Bayer-Werkstatt

Bild: KS-Verlag

Im Anti-Gravitationsgerät

Die BayArena beheimatet mit dem neuen Trainings- und Rehazentrum von Bayer 04 eine der europaweit modernsten Einrichtungen dieser Art. Grund genug für Köln.Sport, einen Blick hinter die Kulissen der „Bayer-Werkstatt“ zu werfen.

Als Dr. Holger Broich tief im Bauch der BayArena seinen Chip vor das Lesegerät am Fahrstuhl hält, öffnen sich die chromblinkenden Türen wie von Geisterhand. Per Lift geht’s binnen Sekunden vom Spielerbereich im Erdgeschoss des Westgebäudes hinauf auf die dritte Etage.

Und hinein in Bayers 2.000 Quadratmeter große Hightech-Welt der Trainingssteuerung und Leistungsdiagnostik. „Unsere Einrichtung gehört sowohl national als auch international zu den besten“, sagt Holger Broich.

Er muss es wissen. Schließlich gilt Leverkusens Konditionstrainer und Leistungsdiagnostiker in der Branche als absoluter Experte auf seinem Gebiet. So war der 37-jährige Fitmacher maßgeblich an der Gestaltung des medizinischen Zentrums beteiligt. „Unsere Profis finden hier perfekte Bedingungen vor“, sagt er zufrieden.

Bayer-Werkstatt – dieser griffige Name passt perfekt. Schließlich wird hinter der luftigen Fassade aus Glas und Beton richtig gearbeitet. Michael Ballack, Stefan Kießling und Co. haben hier schon richtig Schweiß und sogar Blut gelassen. 

Keine Spur von Folterkammer

„In unserer medizinischen Abteilung mit angeschlossenem Labor führen wir regelmäßig Blutuntersuchungen durch“, verrät Broich. „So können wir bei den Profis, entsprechend der einzelnen Parameter, eine individuelle Trainingssteuerung durchführen.“

Auch wenn in der Fußballbranche nicht gerne über Zahlen gesprochen wird, dürfte die Ausstattung der Hightech-Einrichtung einen siebenstelligen Betrag gekostet haben.

Die Bayer-Stars kennen diese Räume richtig gut. So spulte Stefan Kießling nach dem Riss des Syndesmosebandes im Oktober 2010 hier sein tägliches Reha-Programm ab. Von „Folterkammer“ keine Spur. Computergesteuerten Biofeedback-Maschinen mit ihren blinkenden Touchscreens vermitteln vielmehr das Bild eines wissenschaftlichen Zentrums.

„Die Profis können an jedem Trainingsgerät ihren persönlichen Code eingeben. Anschließend wird jeder durch sein ganz individuelles Programm geführt“, klärt Broich auf. Zur besseren Qualitätskontrolle laufen alle Daten in einem Zentralrechner zusammen.

„So entsteht ein sehr genaues Profil jedes einzelnen Spielers“, sagt der Experte. „Gläserne Profis“, die ihm und seinen Mitarbeitern jederzeit ihre „inneren Werte“ offenbaren.

Bayer setzt Maßstäbe

Bayers Anspruch ist es, mit der „Werkstatt“ immer „State of the Art“ zu sein – um der anspruchsvollen Klientel den höchsten verfügbaren Entwicklungsstand anbieten zu können. Neben umfassender medizinischer Betreuung, Krafttraining und Kraftdiagnostik setzt der Klub auch im Bereich Ausdauertraining sowie Ausdauerdiagnostik neue Maßstäbe.

Dabei fasziniert den Doktor der Sportwissenschaften bei seinem täglichen Gang durch die Räumlichkeiten das Zusammenspiel der einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen immer wieder aufs Neue. „Ein Traumjob in einem traumhaften Umfeld“, nennt Broich selber seinen Arbeitsplatz in der BayArena.

Seit sechs Jahren leitet er die Konditions- und Regenerations-Einheiten der Profimannschaft von Bayer 04 Leverkusen. Außerdem führt er prominente Rekonvaleszente wie Michael Ballack nach dessen Schienbeinverletzung im Winter 2010/11 wieder an die Mannschaft heran.

Training auf Himalaya-Niveau

Dabei vertraut Bayer auf modernste Technologie. In zwei unabhängig voneinander nutzbaren Hypoxieräumen können Höhen von bis zu 6.000 Metern simuliert werden. Auf Laufbändern oder Spinning-Bikes könnten die Stars in Leverkusen theoretisch auf Himalaya-Niveau ihre Trainingseinheiten durchführen.

Normalerweise geht’s im dritten OG aber „nur“ rauf auf 3.250 Meter. „Wir setzen diese beiden Räume vor allem in der Reha ein, um in der dünnen Höhenluft eine vermehrte Produktion von roten Blutkörperchen zu erzielen“, verrät Broich. „So können wir die Spieler schneller wieder auf ihr altes bzw. ein neues Leistungsvermögen führen.“

Komplett ist unser Rundgang mit einem Blick ins „Icelab“. Die Kältekammer komplettiert seit dieser Spielzeit das umfangreiche therapeutische Angebot. Drei separate Räume können auf bis zu 110 Grad Minus heruntergekühlt werden. „Drei Minuten in dieser Kammer wirken wie ein Jungbrunnen“, lacht Holger Broich. Das dürfte vor allem Routinier Michael Ballack freuen.

In der Bayer-Werkstatt, so scheint es, ist fast alles möglich.

Dieser Artikel ist in unserer Köln.Sport-Ausgabe 10/2011 erschienen.