fbpx
Köln.Sport

„Ich brauche einen außerordentlich guten Sommer“

Martin Kaymer zeigt nach einem schwierigen Start ins Jahr aufsteigende Form. Bei den BMW International Open holte er einen starken zweiten Platz. Im GOLFSPIEL-Interview verrät der zweifache Major-Sieger, ­wieso ihm ein Startplatz beim Ryder Cup so wichtig ist, wie er seine Teilnahmechancen einschätzt und was er vom Abstieg des 1. FC Köln hält.
Kaymer

Martin Kaymer ist der bislang einzige deutsche Sieger der BMW ­International Open. Bei der diesjährigen Ausgabe wurde der Lokalmatador Zweiter (Foto: Getty Images)

Herr Kaymer, in der letzten Ausgabe haben wir ein Interview mit Ihrem Caddie Craig Connelly geführt. Dabei hat er Sie in höchsten Tönen gelobt. Möchten Sie das Lob zurückgeben?

Absolut! Craig und ich ergänzen uns perfekt, sowohl auf als auch neben dem Platz. Gerade die Freundschaft neben dem Platz ist sehr wichtig, wenn man so viele Wochen gemeinsam im Jahr unterwegs ist.

Das Jahr hätte besser für Sie beginnen können. Bislang fehlt Ihnen noch ein Top-10-Resultat. Wie beurteilen Sie Ihre bisherigen Leistungen in der Saison 2018?

Ich habe in Abu Dhabi und Dubai gut in die Saison gefunden und habe mich mit meinem Spiel auf einem guten Weg gefühlt, nachdem ich im Winter sehr viel trainiert habe. Dann kam leider die Handgelenksverletzung dazwischen, die mich gerade vom Training wieder ein paar Wochen zurückgeworfen hat.

In welchen Bereichen sehen Sie aktuell Ihr größtes Verbesserungspotenzial?

Im kurzen Spiel und beim Putten. Gerade dort habe ich in der vierwöchigen Verletzungspause ein bisschen den Rhythmus verloren, und da ich direkt wieder Turniere gespielt habe, merke ich es dort am meisten.

Durch eine Verletzung am Handgelenk konnten Sie als Vorbereitung für das Masters nur die Houston Open spielen. Wie schätzen Sie angesichts dessen Ihre Leistung in Augusta ein?

Erstaunlich gut. Mehr konnte ich nach nahezu keinem Training und der Pause kaum erwarten. Ich muss jetzt einen Weg finden, durch Turniere und Training während der Turnierwochen wieder dorthin zu kommen, wo ich vor der Verletzung gewesen bin.

Ist das strategische Spiel auf einem anderen Platz noch annähernd so wichtig wie in Augusta?

Was die Strategie angeht, ist Augusta schon besonders. Ich kenne keinen anderen Platz auf der Tour, bei dem insbesondere beim Grünanspiel so wenig Raum für Fehlschläge ist.

Der Ryder Cup ist eines Ihrer großen Ziele für 2018. Wie sehen Sie Ihre Chancen, auch in diesem Jahr einen Platz im Team Europa zu erhalten?

Momentan ist es sehr schwierig, ich brauche einen außerordentlich guten Sommer. Der Platz in Frankreich liegt mir sehr, ich habe dort schon gewonnen und an den Ryder Cup insgesamt nur positive Erinnerungen. Ich werde alles geben, um es auch in diesem Jahr ins Team zu schaffen.

Wie schätzen Sie die Chancen für das europäische Team in diesem Jahr gegen Team USA ein?

Die Amerikaner werden auch in diesem Jahr ein sehr starkes Team haben, außerdem kommen sie als Titelverteidiger. Ich sehe uns dennoch nicht chancenlos, da der Platz sehr „europäisch“ ist. Es wird ein sehr spannender Ryder Cup, vielleicht der engste der letzten Jahre.

Was macht den Ryder Cup in Ihren Augen so besonders?

Es ist einfach ein ganz besonderes Gefühl. Sonst spielt jeder Spieler nur für sich und sein kleines Team, beim Ryder Cup aber repräsentierst du die Kapitäne, deine elf Teamkameraden, dein Heimatland und ganz Europa. Außerdem geht es um die Ehre und nicht um Preisgeld.

Wie groß ist eigentlich der Heimvorteil beim Ryder Cup?

Sehr groß. Man hat es in den letzten Jahren gesehen, dass sich das Setup des jeweiligen Platzes schon auch am Spiel der Teammitglieder des austragenden Kontinents richtet.

Dieses Jahr findet der Ryder Cup auf dem Kurs „Le Golf National“ in Frankreich statt. Der Platz ist gleichzeitig der Austragungsort der Open de France. Ein Turnier, bei dem Sie schon sechs Mal in den Top 10 gelandet sind und das Sie 2009 gewannen. Was mögen Sie an dem Platz besonders?

Der Platz ist schwer, das mag ich besonders. Jedes Birdie muss man sich erkämpfen und ständig fokussiert bleiben, dass man keine Leichtsinnsfehler begeht.

Mit Max Rottluff hat es in diesem Jahr wieder ein Spieler aus dem Rheinland auf die Web.com-Tour geschafft. Kennen Sie sich, und was trauen Sie ihm zu?

Wir kennen uns bestimmt schon 15 Jahre. Wir haben früher schon in Meerbusch, Max’ Heimatplatz, gemeinsam Turniere gespielt, als er noch so klein war und an den Par-3-Bahnen nicht mit dem ersten Schlag aufs Grün kommen konnte. Ich freue mich wirklich sehr für ihn, er ist seinen Weg in den USA gegangen und noch nicht am Ende seiner Entwicklung.

Mit dem Final Four der DGL steigt das größte Mannschaftsturnier Deutschlands zum zweiten Mal in Folge im Kölner Golfclub. Was bedeutet das für den Wert der Golfregion im Rheinland?

Es zeigt, wie stark die Region im Golfsport ist. Auch die Tatsache, dass der GC Hubbelrath in den letzten Jahren mehrfach Deutscher Meister geworden ist, untermauert diese Tatsache.

Sie sind ein großer Fan des 1. FC Köln. Hat Ihnen das schlechte Wochenende manchmal das Wochenende vermiest?

Das wäre übertrieben. Aber ich denke, der Abstieg ist der unnötigste von allen. Nichtsdestotrotz bin ich der Meinung, dass der FC gut aufgestellt ist und sehr gute Chancen hat, in zwei Jahren wieder in der Bundesliga zu spielen.

Wie intensiv verfolgen Sie die Spiele?

Ich habe es leider diese Saison nicht einmal ins Stadion geschafft. Wir waren sonst immer mal wieder mit der Familie bei Spielen, weil die Atmosphäre sehr beeindruckend ist. Ansonsten schaue ich mir natürlich die Ergebnisse an oder verfolge einzelne Spiele, wenn es die Zeitverschiebung zulässt.

Wie erklären Sie sich den Absturz in der vergangenen Saison nach der Qualifikation für die Europa League im letzten Jahr?

Ich denke, da sind einige Dinge zusammengekommen, die von außen schwer zu beurteilen sind. Auch das riesengroße Verletzungspech in der Hinrunde hat natürlich eine Rolle gespielt. So war es in der Rückrunde schwer aufzuholen, auch wenn die Mannschaft sich nie hat hängen lassen. Ich glaube, wenn weniger entscheidende Spieler teils sehr lange verletzt gewesen wären, wäre der FC im sicheren Mittelfeld gelandet.

Das Interview erschien zuerst in der GOLFSPIEL 02/18. Das Gespräch führte Benjamin Stroka.