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Köln.Sport

Fortuna Köln feiert 75. Geburtstag

„En d’r Südstadt jeiht et Leech aan“ – heute vor 75 Jahren wird in Köln-Bayenthal Kölner Fußballgeschichte geschrieben, als der S.C. Fortuna Köln gegründet wird.

Vereins-Ikonen von Fortuna Köln: Trainer Hannes Linßen (l.) und Präsident Jean Löring. Als Spieler und Trainer bestritt Hannes Linßen 591 Pfllichtspiele für den Südstadtclub. (Foto: IMAGO/Pfeil)
Vereins-Ikonen von Fortuna Köln: Trainer Hannes Linßen (l.) und Präsident Jean Löring. Als Spieler und Trainer bestritt Hannes Linßen 591 Pfllichtspiele für den Südstadtclub. (Foto: IMAGO/Pfeil)

Am Samstag, dem 21. Februar 1948 – nur acht Tage nach dem 1. FC Köln – wird im Kasino der Bayenthaler Maschinenfabrik ein weiterer Kölner Fußballclub gegründet. Die Rede ist vom S.C. Fortuna Köln, der im Schatten des eine Woche älteren großen Nachbarn aus Müngersdorf, heute seinen 75. Geburtstag feiert. Wie der FC entsteht auch die Fortuna durch eine Fusion. So schließen sich iin diesem Fall sogar drei Vereine, der SV Victoria 1911, der Sport-Verein Köln 1927 und der Bayenthaler SV, zusammen. Bemerkenswert: Bereits am nächsten Tag tritt die Fortuna beim SC Schwarzweiß Köln an und verliert dieses Spiel mit 0:1. Ein Fingerzeig für die Zukunft? Denn in der weiteren Zukunft kultiviert der Verein, wie wir aus der Rückschau wissen, das Scheitern zu einer Art Markenzeichen.

Beginn der Rivalität mit Viktoria Köln

So pendelt das Team aus dem Kölner Süden in den kommenden Jahren in den Niederungen zwischen Landesliga, Verbandsliga und Bezirksklasse. Am Ende der Saison 1966/67 steht der Aufstieg in die Regionalliga West, damals noch die zweithöchste Spielklasse in Deutschland. Dort trifft die Fortuna unter anderem auch auf den Stadtrivalen Viktoria Köln. Eine Lokalrivalität entsteht, die bis heute Bestand hat. Drei Jahre ist die Regionalliga sportliche Heimat der Südstädter. Nach dem Klassenerhalt im ersten Jahr beschließt die Fortuna die zweite Saison schon auf Platz vier. Platz zwei im dritten Jahr bedeutet dann 1973 den Aufstieg der Fortuna in die Bundesliga.

Willi Holdorf (r.), Zehnkampf Olympiasieger in Tokio 1964, trainierte Fortuna Köln vom 21.01.1974 bis zum 30.06.1974. Links: Fortuna-Präsident Jean Loering. (Foto: IMAGO/HORSTMUELLER)
Willi Holdorf (r.), Zehnkampf Olympiasieger in Tokio 1964, trainierte Fortuna Köln vom 21.01.1974 bis zum 30.06.1974. Links: Fortuna-Präsident Jean Loering. (Foto: IMAGO/HORSTMUELLER)

Damals ahnt niemand, dass es bis heute – trotz durchaus vorhandener Ambitionen – die einzige Saison im Fußballoberhaus bleiben wird. Am Ende der Saison steht der direkte Wiederabstieg. Entscheidend ist schließlich das um zehn Tore schlechtere Torverhältnis gegenüber dem Wuppertaler SV. Mit 79 Gegentoren ist die Fortuna die Schießbude der Liga. Daran vermochte auch der Trainerwechsel von Volker Kottmann zu Willi Holdorf im Winter nichts ändern. Ebensowenig das drei Spiele andauernde Intermezzo eines gewissen Jean Löring zwischen der Entlassung Kottmanns und der Anstellung Holdorfs.

Fortuna Köln im Pokalfinale gegen den 1. FC Köln

Vor dem DFB-Pokalfinale 1982/1983 zwischen dem 1. FC Köln und Fortuna posieren Torwart Harald „Toni“ Schumacher (l. 1. FC Köln) und  Dieter Schatzschneider (SC Fortuna Köln) mit antiken Pistolen als Duellanten (Foto: IMAGO/Sven Simon)
Vor dem DFB-Pokalfinale 1982/1983 zwischen dem 1. FC Köln und Fortuna posieren Torwart Harald „Toni“ Schumacher (l. 1. FC Köln) und Dieter Schatzschneider (SC Fortuna Köln) mit antiken Pistolen als Duellanten (Foto: IMAGO/Sven Simon)

Als Tabellen-17. lässt Fortuna Köln auf dem Rückweg in die Zweitklassigkeit wenigstens noch Hannover 96 hinter sich. In der Saison 1974/75 geht es für die Südstädter in der neu gegründeten 2. Bundesliga Nord weiter. Die 2. Bundesliga bildet fortan die zweithöchste Spielklasse im deutschen Fußball und löst die fünf Regionalligen als zweithöchste Spielklasse für Profifußball ab. Diese 2. Bundesliga wird für viele Jahre zum Biotop des S.C. Fortuna Köln. 26 Spielzeiten verbringen die Südstädter ununterbrochen in der Liga – eine Serie, die erst im Sommer 2000 mit dem Abstieg in die Regionalliga reißt.

Die Bilanz der Fortuna in Liga 2 darf durchaus als durchwachsen bezeichnet werden. Manchmal ist man oben mit dabei, genauso oft im Tabellenkeller – häufig jenseits von Gut und Böse. 1983 stößt die Fortuna bis ins DFB-Pokalfinale vor. Der größte sportliche Erfolg der Vereinsgeschichte. Historisch, denn es ist bis heute das einzige Lokalderby im Endspiel des DFB-Pokals. Gegner ist der 1. FC Köln, in dessen Heimspielstätte in Müngersdorf auch das Finale ausgetragen wird. 61.000 Zuschauer im weiten Rund feuern mehrheitlich den Underdog aus der Südstadt an. Nichtsdestotrotz verliert Fortuna Köln nach leidenschaftlich geführten 90 Minuten das Spiel unglücklich mit 0:1.

Fortuna Köln vs. Borussia Dortmund – Relegation in drei Akten

13.05.1986, Köln Müngersdorf: Der Fortune Dieter Lemke (Köln) bejubelt den 1:0 Führungstreffer von Bernd Grabosch zum 1:0 im Hinspiel der Aufstiegs-Relegation gegen Borussia Dortmund (Foto: IMAGO/Pressefoto Baumann)
13.05.1986, Köln Müngersdorf: Der Fortune Dieter Lemke (Köln) bejubelt den 1:0 Führungstreffer von Bernd Grabosch zum 1:0 im Hinspiel der Aufstiegs-Relegation gegen Borussia Dortmund (Foto: IMAGO/Pressefoto Baumann)

Ein weiteres Highlight drei Jahre später: 1986 erreicht man als Tabellendritter die Relegation zum Bundesliga-Aufstieg. Dort wartet der Bundesliga-Sechzehnte, Borussia Dortmund. Nach einem 2:0-Heimsieg und einer 1:3-Auswärtsniederlage, kommt es zum Entscheidungsspiel. Die Partie wird im Düsseldorfer Rheinstadion ausgetragen und der Bundesligist aus dem Ruhrgebiet gewinnt sage und schreibe 8:0. Die Fortuna verweilt somit weitere 14 Jahre in der 2. Bundesliga.

Machtwechsel im Kölner Fußball?

Im 13. Jahr – die Fortuna hat die Spielzeit 1997/98 unter Neu-Trainer Bernd Schuster gerade als Tabellen-Sechster abgeschlossen – kommt es erstmals zum Aufeinandertreffen mit dem 1. FC Köln im regulären Spielbetrieb. Der „Blonde Engel“ hat inzwischen die Seiten gewechselt und trainiert nun die Geißböcke. Beide Spiele finden im Müngersdorfer Stadion statt, beide Spiele gewinnt der S.C. Fortuna Köln. Mit 3:0 und 4:2 obendrein relativ deutlich.

Weltstar Bernd Schuster (l.) kehrt 1997 nach Köln zurück, um bei Fortuna Köln seine Trainerkarriere zu starten. Hier gibt seinem Spieler Hansjörg Schneider vor dessen Einwechslung letzte Anweisungen. (Foto: IMAGO/Kicker/Liedel)
Weltstar Bernd Schuster (l.) kehrt 1997 nach Köln zurück, um bei Fortuna Köln seine Trainerkarriere zu starten. Hier gibt seinem Spieler Hansjörg Schneider vor dessen Einwechslung letzte Anweisungen. (Foto: IMAGO/Kicker/Liedel)

So mancher Kölner spricht schon ungläubig und hinter vorgehaltener Hand vom „Machtwechsel“ in der Stadt. Doch getreu der Tradition des Scheiterns bei der Fortuna kommt alles ganz anders. Während der FC in der folgenden Spielzeit in die Bundesliga zurückkehrt, steigt die Fortuna am Ende der Saison 1999/2000 in die Regionalliga ab.

Präsident, Patriarch, Pleitier – Jean Löring

Ganz eng verbunden mit dem Verein Fortuna Köln bleibt der Name Jean Löring († 06.03.2005), der von 1967 bis 2001 als Präsident die Geschicke des Vereins lenkt. „Ming Vereinche“ nennt er den Club gerne. Und wenn Not am Mann ist, weil er gerade mal wieder den Trainer entlassen hat, setzt er sich zwischendurch immer wieder als Interimscoach auf die Bank. Zuletzt nach der legendären Entlassung von Chefcoach Toni Schumacher am 15. Dezember 1999. Fortuna Köln hatte am 16. Spieltag Waldhof Mannheim zu Gast und lag nach 28 Minuten 0:2 zurück. Nach dem Halbzeitpfiff von Schiedsrichter Dirk Margenberg wurde Schumacher von Löring in der Kabine mit – so die Überlieferung – harschen Worten entlassen. Weil der damalige Co-Trainer Ralf Minge seinem Chef freiwillig folgte, setzte sich Jean Löring schließlich selbst auf die Bank.

In der Winterpause holte Löring dann die österreichische Fußballlegende Hans Krankl zur Fortuna. Der österreichische Nationalspieler kann das Ruder jedoch auch nicht herumreißen. Über Löring verliert er aber kein schlechtes Wort: „Bevor ich nach Köln ging, hat man mich vor ihm gewarnt, aber er war einer der nettesten Menschen, die ich im Fußballgeschäft kennengelernt habe: ein wirklicher Patriarch, aber im positiven Sinne. Der war für alle da, sogar für die Kinder der Spieler. Er war wie ein Großvater, sehr großmütig.“

Nach Bernd Schuster und Toni Schumacher folgt mit dem Österreicher Hans Krankl (Foto) ein weiterer großer Name auf dem Trainerstuhl bei Fortuna Köln. Die Kehrtwende schafft auch er nicht. Die Fortuna steigt am Ende der Saison 1999/2000 nach 26 Jahren aus der 2. Bundesliga ab. (Foto: IMAGO)
Nach Bernd Schuster und Toni Schumacher folgt mit dem Österreicher Hans Krankl (Foto) ein weiterer großer Name auf dem Trainerstuhl bei Fortuna Köln. Die Kehrtwende schafft auch er nicht. Die Fortuna steigt am Ende der Saison 1999/2000 nach 26 Jahren aus der 2. Bundesliga ab. (Foto: IMAGO)

Niedergang und Rettung unter Klaus Ulonska

Die sportliche Misere der Fortuna offenbart auch die wirtschaftlichen Probleme Jean Lörings. Der Präsident, der dem Club immer wieder mit Geld aus seinem Privatvermögen aus der Patsche hilft ist pleite, Fortuna Köln muss 2001 in die Insolvenz. In der Saison 2004/2005 muss der Spielbetrieb sogar komplett eingestellt werden. Es bedarf einer Spendenaktion und eines Benefizspiels gegen den 1. FC Köln, um den Spielbetrieb der Fortuna, deren Jugendabteilung mit 500 Spielern, 25 Mannschaften und 90 Trainern sowie Betreuern zu retten. Der ehemalige Leichtathlet des ASV Köln, Klaus Ulonska († 14. März 2015), erklärt sich kurzerhand bereit, den Vereinsvorsitz zu übernehmen. „Präsident“ wird er aber nicht. „Präsident der Fortuna wird immer Jean Löring sein“, sagt er einmal im Köln.Sport-Magazin.

So werden ihn Fortuna-Fans für immer in Erinnerung behalten: Klaus Ulonska, Vorsitzender des S.C. Fortuna Köln, sammelt mit dem legendären Spendenball auf der Tribüne im Kölner im Südstadion Spenden für die Jugendarbeit des Vereins. (Foto: IMAGO/Thilo Schmülgen)
So werden ihn Fortuna-Fans für immer in Erinnerung behalten: Klaus Ulonska, Vorsitzender des S.C. Fortuna Köln, sammelt mit dem legendären Spendenball auf der Tribüne im Kölner im Südstadion Spenden für die Jugendarbeit des Vereins. (Foto: IMAGO/Thilo Schmülgen)

Die Fortuna gelangt unter dem umtriebigen Vorsitzenden, der bei jedem Heimspiel mit dem Fortuna-Spendenball auf den Tribünen im Südstadion Geld für den Verein sammelt, wieder in ruhigere Gefilde. In der Saison 2007/2008 gelingt der Aufstieg in die NRW-Liga (Oberliga). Gleich in der ersten Saison reicht es zu einem einstelligen Tabellenplatz (9.). Mit Unterstützung des Projekts www.deinfussballclub.de führt der neue Trainer Uwe Koschinat die Fortuna im Sommer 2011 zum Aufstieg in die Regionalliga West.

Dort 2014 setzt sich die Fortuna schließlich in zwei Relegationsspielen gegen Bayern München II durch und steigt in die 3. Liga auf. Hier halten sich die Südstädter fünf Jahre lang, ehe am Ende der Spielzeit 2018/19 als Vorletzter zurück in die Regionalliga geht. In der Liga mit alten Rivalen aus Zweitligazeiten wie Alemannia Aachen, RW Oberhausen, Rot Weiss Ahlen und Wattenscheid 09 belegt die Kölner Fortuna – jenseits von Aufstiegsambitionen und Abstiegsnöten – aktuell einen Platz im gesicherten Mittelfeld.

Die sportliche Gegenwart von Fortuna Köln heißt Regionalliga West: Hier versuchen Jean-Marie Bertrand Nadjombe (hinten, Mitte) und Adrian Stanilewicz (r., beide Fortuna Köln) Marvin Lorch vom 1. FC Bocholt den Ball abzunehmen. (Foto: IMAGO/Fotografie73)
Die sportliche Gegenwart von Fortuna Köln heißt Regionalliga West: Hier versuchen Jean-Marie Bertrand Nadjombe (hinten, Mitte) und Adrian Stanilewicz (r., beide Fortuna Köln) Marvin Lorch vom 1. FC Bocholt den Ball abzunehmen. (Foto: IMAGO/Fotografie73)

Erfolge

  • Aufstieg in die 2. Liga West 1950
  • Aufstieg in die Verbandsliga Mittelrhein 1956
  • Meister und Aufstieg in die Landesliga Mittelrhein 1961
  • Meister und Aufstieg in die Verbandsliga Mittelrhein 1965
  • Vize-Meister und Aufstieg in die Regionalliga West 1967
  • Vize-Meister und Aufstieg in die 1. Bundesliga 1973
  • Deutscher Pokalfinalist 1983
  • Relegationsspiele zur 1. Bundesliga 1986
  • Vize-Meister und Aufstieg in die NRW-Liga 2008
  • Aufstieg in die Regionalliga West 2011 
  • Aufstieg in die 3. Liga 2014