FC: „Ich halte das für rechtswidrig“
30.000 Euro Schadensersatz muss ein FC-Fan für einen Böllerwurf an den Verein zahlen – das hat das Landgericht nun entschieden. Doch das Urteil findet nicht nur positive Resonanz.
Ein Fan des 1. FC Köln muss dem Klub Schadensersatz in Höhe von 30.000 Euro zahlen – so hat das Kölner Landgericht entschieden. Der 41-Jährige hatte beim Heimspiel im Februar 2014 gegen den SC Paderborn einen Böller geworfen und dabei sieben Besucher verletzt – ein Betroffener leidet noch heute unter Schwindelanfällen. In einem vorangegangen Strafprozess war der Fan bereits zu 18 Monaten Haft auf Bewährung und 4.000 Euro Schmerzensgeld verurteilt worden. Wegen diesem und anderen Vorfällen wurde der FC vom Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zu einer Strafe von 80.000 Euro verurteilt – den Anteil der Summe, der auf den Böllerwurf zurückzuführen ist, muss der Verursacher nun begleichen, das Vorgehen des Vereins sei korrekt, befand das Gericht.
Dass einer solchen Forderung gerichtlich stattgegeben wird, ist ein Novum. Im Jahr 2012 urteilte das Kölner Amtsgericht in einem ähnlichen Fall noch anders: Damals wollte ein Beschuldigter die geforderten 3.333 Euro für einen vermeintlichen Becherwurf in der Arena auf Schalke nicht begleichen – das Gericht gab ihm Recht, da die Höhe der Strafe nicht vorhersehbar gewesen sei. Das jetzige Urteil begrüßt der FC gegenüber Köln.Sport: „Uns war es wichtig, unsere Position gerichtlich feststellen zu lassen, um für diesen Fall und für weitere Fälle Rechtssicherheit zu haben“, erklärt der Verein. Zudem erwarte der DFB von den Klubs eine „täterorientierte Reaktion“ und die „Inregressnahme von Tätern“.
Kritik an Entscheidung
So positiv wird das Urteil jedoch nicht überall aufgenommen. Die „Interessengemeinschaft Unsere Kurve“ äußerte im Gespräch mit Köln.Sport Kritik an diesem Vorgehen. „Die Bewertung des Strafmaßes ist schwierig, weil die Sanktionen des Verbandes nicht transparent genug sind“, erklärt Sprecher Robert Pohl. Auch der Kölner Jurist Tobias Westkamp, der sich in der „Arbeitsgemeinschaft Fananwälte“ engagiert, ist „nicht glücklich“ mit dem Urteil. „Ich erachte das losgelöst vom Einzelfall als rechtswidrig“, sagt Westkamp. „Wenn es Schadensersatzansprüche gibt, weil man gegen eine Schutznorm verstoßen hat, muss der Schaden vom Schutzzweck der Norm abgedeckt sein – aber es ist ja nicht verboten, Böller zu werfen, damit der Verein keine Geldstrafe begleichen muss“, erklärt der Fananwalt. Auch dass die Strafhöhe von der wirtschaftlichen Situation des Vereins statt von der des Täters abhängig gemacht wird, sei zweifelhaft.
„Jedem Stadionbesucher sind die Sanktionen gegen die Vereine ebenso bekannt wie die Stadionordnung“, heißt es beim FC. Wer dennoch gegen die Regeln verstoße, sei sich bewusst, welche Strafzahlungen auf ihn zukommen können. Grundsätzlich sei man jedoch den eigenen Mitgliedern gegenüber verpflichtet, unverschuldete Strafen zurückzufordern. „Da machen es sich die Vereine zu leicht“, sagt Westkamp. „In Hannover wurde kürzlich ein Pyrotechnik-Verfahren mit einer Geldauflage in Höhe von 500 Euro eingestellt – da kann man nun sagen, die ordentlichen Gerichte seien viel zu läppisch, man kann aber auch zum Schluss kommen, dass die DFB-Strafen in keinem Verhältnis mehr zum möglichen Schuldgehalt stehen.“ Für eine verbindliche, dauerhafte Rechtsprechung müsste der Bundesgerichtshof sorgen – das sei momentan jedoch nicht abzusehen.
David Schmitz