EM-Tagebuch, Tag 9
- Updated: Juni 17, 2012
Toni weiß Bescheid (Name geändert). Denn Toni hat Ahnung von Fußball. „Is doch janz ejal, wen mer im Viertelfinale weghauen!“ tönt er aus tiefstem Brustton der Überzeugung, als im „Anno Pief“ die Diskussion aufbrandet, ob Russland, Tschechien oder Griechenland für unsere Jungs in der nächsten Runde besser zu „bespielen“ sei.
Toni ist bekannt vor Ort. Und niemand widerspricht ihm offen. In der 2. Halbzeit während der TV-Konferenz der letzten Spiele in Gruppe A traut sich dann doch einer am Nebentisch. „Hühr doch upp! Do häss och jesaat, dat dr FC in de Europapokal kütt.“ Doch nur um 10 Plätze vertippt, Toni. „Ja wenn die dä Glatzkopp och esu spät eruss schmieße…“ Niemand verspürt große Lust, mit Toni zu diskutieren. Sein Deckel weist schon jede Menge Striche auf. Und Kölsch verführt bisweilen nicht nur zu lebhaften, sondern auch zu lauten Diskussionen. Heute wollen die meisten das Drama um Gastgeber Polen und Geheimfavorit Russland aber in Ruhe verfolgen.
Zwischenzeitlich schaut eine Truppe rein, die sich via Facebook spontan zum „11 Kölsch in 11 Kneipen“-Trinken verabredet hat. Sind aber auch bald weiter gezogen.
Griechenland kommt weiter. „Wer will denn die Ouzo-Brüder?“, fragt Toni. „Die sinn doch pleite! Wehe, die lassen uns nit jewinne, dann jitt et kei Jeld mieh von uns!“ Wir ersparen uns jeden Kommentar, der sowieso nur endlose Schwafelei nach sich zöge. Wir haben in diesem Moment vielmehr Mitleid mit den ausgeschiedenen Gastgebern.
Zum Wesentlichen: Das „Anno Pief“ hat trotz seiner überschaubaren Größe fünf TV-Geräte angeschlossen, auf die gute Sicht von allen Plätzen herrscht. Besonderer Service: Das abendliche Parallelspiel läuft (ohne Ton) auf einem der Fernseher, so dass man bei Wahl eines geeigneten Platzes beide Spiele gleichzeitig sehen kann. Darüber hinaus ist die Decke mit Flaggen aller teilnehmenden Nationen, korrekt sortiert nach den jeweiligen Gruppen (!), dekoriert. Sehr schön!
Vorher auf einen Sprung im „Lapidarium“ vorbeigeschaut. Ein Fernseher für Raucher und Freiluft-Fetischisten draußen, vier Fernseher drinnen. Auch hier auf alle gute Sicht. Stimmung akzeptabel, auch wenn die Stimmbänder fürs morgige letzte deutsche Gruppenspiel geschont werden. Ist aber ebenso einen Besuch wert. Nur frühes Erscheinen wäre ratsam. Spätestens ab dem Viertelfinale.
Toni wird jedenfalls dabei sein. Nur 80 m weiter.