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Köln.Sport

EM-Tagebuch, Tag 16 (3. VF)

Nach der doch etwas länger als geplant ausgefallenen gestrigen Siegesfeier ging es heute bei bestem Wetter zunächst zum „Veedelscup“ auf die Stadion-Vorwiesen. Es gibt doch nichts Schöneres, als sich mit einem kühlen Kölsch auf ne Wiese in die Sonne zu legen und anderen beim Sport treiben zuzuschauen.

Gut, nach zwei Wochen EM hätte der immer schwabbeliger werdende Körper wohl auch die eine oder andere körperliche Ertüchtigung verdient, aber eine EM ist ja auch kein Kindergeburtstag. Die Zeit zwischen den Spielen muss für die notwendigsten Dinge wie Schlafen, Essen, Zähne putzen und Bier kaufen reserviert bleiben. Alles andere muss warten.

Nachdem „Veedelscup“-Moderator Ulli Potofski auch die letzten Zuschauer und Teilnehmer mit seinen flachen Kalauern und gruseligen Kommentaren vergrault hatte, bereits während der Halbfinalspiele alle Sitzgelegenheiten eingepackt und nahezu alle Verpflegungsstände abgebaut waren, wurde es Zeit zum Ortswechsel. Kurze Einkehr im „Treffer“, der stilsicher eingerichtet war (u.a. jede Menge Fähnchen der teilnehmenden Nationen auf den Tischen), doch da der Anpfiff noch weit weg war, zog die Karawane nach zwei-, dreimaligem „Kopf in den Nacken“ weiter in die nächste Kaschämm.

Spontan entschlossen wir uns zu einer R(h)eintour, also da mal rein und da mal rein etc. Der Kölner weiß, was gemeint ist. Zunächst mal zum Aachener Weiher, wo zwar das Akustik-Quartett „Jack is back“ den Biergarten groovte, die Sicht auf Fernseher und Leinwand sonnenmäßig jedoch stark eingeschränkt war. Und da, wo es geklappt hätte, war mal wieder reserviert. Übers Brauhaus Pütz (schönen Gruß und danke für die wirklich sehr kompetente Fußball-Diskussion an unseren türkischen Freund M.) auf den Ring. Ich meine mich zu erinnern, dass wir das Spanien-Spiel letztlich in gefühlten 18 Kneipen gesehen haben. Hab aber irgendwann nicht mehr mitgezählt. Nicht sehr gesellig zugegebenermaßen, aber so bekommt man doch mehr mit.

Wieder einmal haben wir den deutschen TV-Kommentar nicht verstanden, der einmal mehr die spanische Leistung herabwürdigte, obwohl der Sieg völlig souverän nach Hause gebracht wurde, aber im Gegensatz zu den vielen hochbezahlten Experten und Moderatoren bei ARD und ZDF haben wir ja auch keine Ahnung von Fußball.

Und wir erlebten erneut ein facettenreiches Bild nach dem Schlusspfiff auf dem Ring: Die Spanier feiern ordentlich den Halbfinaleinzug in ordentlich hupenden Autos; einige Stretchlimousinen kutschieren junges, kreischendes Partyvolk zwischen Barbarossa- und Friesenplatz rauf und runter; frisch gestrichene Damen in kurzen Röcken wundern sich über die spanischen Jubelszenen, obwohl heute doch Portugal gegen Frankreich gespielt hat (?) und Bierflaschen- und Dosensammler prügeln sich um Einwegflaschen. Dazwischen wir – nur relativ schachmatt. Ich liebe diese Stadt.

„Und morgen Deutzer Bahnhof?“, höre ich an mein Ohr dringen. Oder bilde ich mir das nur ein?