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Köln.Sport

Elf Jahre und auf dem Weg zur Spitze

Quelle: privat

Luzie Ronkholz auf ihrem BMX. Die 11-Jährige will in ihrem Sport Karriere machen.

Wächst im Schatten des Doms ein neues Supertalent im BMX-Sport heran? Die elfjährige Luzie Ronkholz trainiert bereits jetzt intensiv, um irgendwann ein Profi zu sein. Köln.Sport hat die junge Sportlerin getroffen.

Luzie Ronkholz ist schlank, leicht und drahtig, macht einen wachen, intelligenten Eindruck. Die 11-jährige Schülerin der sechsten Klasse des Mariengymnasiums in Leverkusen übt mit ihrem mechanisch fein abgestimmten BMX-Velo in der urigen Abenteuerhalle 59 in Kalk. Der Lärmpegel in der ehemaligen Werkshalle in der Christian-Sünner-Straße ist bemerkenswert niedrig, obwohl mindestens zwei Dutzend pubertierender Jugendlicher, vor Stürzen nur geschützt mit dünnen Knie- und Ellenbogenschonern und dem Helm, auf Rädern herumflitzen. Disziplin scheint oberstes Gebot zu sein. Die Kids nehmen vorbildlich Rücksicht aufeinander, die Vorfahrt wird durch kurzen Blickkontakt gesteuert.

Pausenlos und ohne Scheu prescht Luzie Ronkholz vor. Three-Sixty, Barspin, Nohand, Tricks im Sekunden-Takt. Das verblüfft sogar so manchen Piloten aus der Truppe der Jungs. Den Tailwhip, der hintere Teil des Rades wird samt Fahrer mit Verlassen der Pedalen einmal um den vorderen Teil gedreht, möchte Luzie in naher Zukunft auf die Rampe zaubern.

Vom 12. bis 14. Juli ging die talentierte Teenager aus Köln-Flittard zum ersten Mal auf Tuchfühlung mit der Weltelite. Radtrickser der Profis und Amateure präsentierten zum achten Mal in Köln zu den Weltmeisterschaften im Bicycle Moto Cross (BMX) ihr ganzes Repertoir. Die Akteure der SNIPES BMX Worlds 2013 im Jugendpark Mühlheim zelebrierten unter und neben der Zoobrücke feinste Kunst des BMX-Sports im Freestyle.

Die Disziplin Park, die spektakuläre Tricks beim temporeichen Überqueren eines Parcours von Holzrampen verschiedener Art (Quarter, Spine, step up) darbietet, erfordert primär Athletik, Wendigkeit und Geschmeidigkeit.

Auf die Jagd nach Siegerpokalen war Luzie Ronkholz, mit dem Privileg einer kurzen Anreise, in der Girls-Park-Konkurrenz unterwegs. Nach dem 13. Platz in der Endabrechnung rangierte zwar keine der Mitbewerberinnen hinter der Kölnerin, doch die ehrgeizige Schülerin konnte als jüngste Aktive im Feld – eine Klassement nach Altersklassen gab es nicht – dennoch überzeugen. Vor 4.000 begeisterten Zuschauern präsentierte der coole Youngster ausgefeilte Flugelemente aus einer selbst kreierten Kür, um die Wertungsrichter zu überzeugen.

Von Enttäuschung nach dem Auftritt bei der aufgeweckten Domstädterin, die seit zwei Jahren im Sattel sitzt, und sich ganz dem Kriterium Park verschrieben hat, keine Spur: „Ich möchte irgendwann mal unter die Top fünf bei den Worlds fahren“, bleiben ihre Ziele hoch gesteckt.

Mutter Silke Ronkholz erzählt: „Luzie hatte großen Spaß mit den weltbesten mitzufahren. Aufregung war bei ihr zu spüren, aber als es losging, war sie richtig gut drauf. Nicht nur die Freunde waren mit ihrer Punktewertung und der Platzierung unzufrieden. Sie sei besser unterwegs gewesen als es das Resultat aussagt.“

Um bei Meisterschaften weiter vorne zu landen, steht nun erst einmal wieder fleißiges Üben auf dem Programm. Bis zu fünf Stunden verbringt der fröhliche Youngster am Wochenende in der Halle 59. Auch Mutter Silke, und Vater Alexander sowie Bruder Lasse (8) steuern dann häufiger mal ein Moto Cross-Fahrrad, gönnen sich genau wie der begabte Spross der Familie den BMX-Spaß. In der Regel ein bis zwei Einheiten kommen für Luzie und Familie unter der Woche zur Pflege des Radfahr-Vergnügens, das sich neben Park, in die Disziplinen Race, Flatland, Street, Dirt und Vert aufteilt, noch hinzu.

Die Hallenatmosphäre in Kalk lässt eines deutlich werden, und das bestätigt auch Silke Ronkholz: „Die Szene BMX vermittelt den Kids ein Lebensgefühl. Die Jugendlichen lassen sich in kein Raster pressen, lieben die Freiheit und das lockere Miteinander. Jeder akzeptiert und unterstützt jeden. Viele sind extrovertiert und dokumentieren das mit Tattoos, Piercings oder verlängerten Ohrläppchen“, berichtet die Insiderin. „Vereine und Trainer sind nicht erwünscht. Die Kinder bringen sich alles, was sie können, selbst und untereinander bei. Jeder, der zur Truppe dazu stoßen möchte, ist willkommen.“ Daher ist sich Silke Ronkholz sicher: „Das sportliche Niveau lässt sich mit organisierter Vereinsbildung und ausgebildeten Trainern nicht steigern. Die Kinder wollen einfach ihre Ruhe und Spaß haben.“

Erste Runden auf einem wendigen BMX-Roller drehte die Tochter auf dem Bike eines guten Freundes. Beeindruckt von der Geschicklichkeit des Bekannten auf dem Sportgerät, schwang sie sich selbst in die Pedalen. Schnell war klar: Ein eigenes Rad muss her. Das erste schlichte BMX- Velo kaufte sich die Anfängerin vom gesparten Taschengeld. Der bald folgende Ausflug in die Halle in Kalk endete seiner Zeit allerding ganz unvermittelt mit einer Enttäuschung. „Das Chaos von tobenden Kids auf Rädern war zu viel. Luzie lief weinend aus der Halle“, erzählt Silke Ronkholz. Doch der Enthusiasmus behielt schließlich die Oberhand, und von da an ging es bergauf. „Ich liebe es, ständig neue Tricks zu probieren. Es ist cool, durch die Luft zu fliegen. Außerdem lerne ich immer neue Leute kennen, und wir Jugendliche unterstützen uns gegenseitig“, sagt Luzie. Angst vor Verletzungen habe sie manchmal schon, gesteht der Newcomer. Eine aufgeplatzte Lippe oder einen verstauchten Finger, mehr gab es aber noch nicht.

Sponsorensuche steht bei der 11-Jährigen ganz oben in der Karriere-Planung. Vom Klamotten-Label ICHI trägt sie schon T-Shirts. „Gerne würde ich für den Crow BMX–Store, direkt hier an der Halle, Reklame machen, oder mit dem Logo des Schokoriegelherstellers Schoko-Bon über die Schanzen fahren. Ein bisschen Geld für meinen Sport durch Sponsoring wäre schon toll“, philosophiert sie. Und dann geht es für die ambitionierte Jung-Sportlerin auch schon wieder auf den Parcour. Mit viel Herz, Spaß und Abflügen im Sekunden-Takt. Nicht vom Bike, sondern in die Luft, versteht sich.

Andrej Retiet