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Köln.Sport

Ein Tor als Rückkehr ins Leben

Daniel Engelbrecht bricht beim Spiel gegen Holstein Kiel im August 2013 zusammen Foto: IMAGO/Eibner

Daniel Engelbrecht bricht beim Spiel gegen Holstein Kiel im August 2013 zusammen
Foto: IMAGO/Eibner

ÜBERLEBENSKAMPF

Du hast eine Herzmuskelentzündung! So lautet die harte Diagnose nach einer Odyssee mit unzähligen Arztbesuchen. „Das war das Schlimmste überhaupt“, erinnert sich Daniel Engelbrecht. Er hat diese Geschichte schon oft erzählt. Und doch haben seine Worte noch immer eine hoch emotionale Wirkung, als er zwei Tage vor Weihnachten 2014 in der Köln.Sport-Redaktion zu Gast ist. Der in Bedburg im Rhein-Erft-Kreis aufgewachsene Modellathlet senkt die Stimme, als er davon spricht, wie es ihm den Boden unter den Füßen weggerissen hat, als die Ärzte ihm nach drei Monaten mitteilten, dass die Herz- rhythmusstörungen bösartig sind und er bleibende Schäden davontragen werde.

„Das war der absolute Zusammenbruch. Ich bin in ein Loch gefallen.“ Ein Loch, aus dem der damals 23-Jährige allein wohl kaum mehr rausgekommen wäre. Doch mit Hilfe von Familie, engen Freunden, seiner Ex-Freundin und eines Psychologen fasst Engelbrecht neuen Mut: „Ich wollte weiter Fußball spielen und unbedingt zurück auf den Platz.“ Bedingung dafür ist ein Defibrillator. Das Gerät, etwas kleiner als eine Packung Zigaretten, wird implantiert, hat direkten Kontakt zum Herzmuskel und löst bei Aussetzen des Herzschlags selbstständig aus. Dieser Defibrillator macht Daniel Engelbrecht Ende 2014 schließlich zu einem der gefragtesten Interviewpartner des ganzen Landes. Für seinen Trainer ist der sympathische Rheinländer ohnehin der Mensch des Jahres. „Er hat so viel durchgemacht und ist ein tolles Vorbild für Menschen in solch schwierigen Situationen“, sagt Horst Steffen im Interview mit dem SWR.

Großen Zuspruch erhält Daniel Engelbrecht von den Fans der Kickers Foto: IMAGO/Sportfoto Rudel

Großen Zuspruch erhält Daniel Engelbrecht von den Fans der Kickers
Foto: IMAGO/Sportfoto Rudel

Doch es war ein weiter und steiniger Weg, den Daniel Engelbrecht zu bewältigen hatte: auf dem Weg zurück in den Profi-Fußball, auf dem Weg zurück ins Leben. Insgesamt vier Operationen waren notwendig, in denen der Defibrillator eingesetzt und die Herzzellen, die falsche Impulse auslösen, mit Hochfrequenzstrom verödet wurden. Das Problem: Um diese Herzzellen veröden zu können, müssen Rhythmusstörungen vorliegen, die der Patient selbstständig hervorrufen muss.

„Ich bin im Krankenhaus zehn Stockwerke hoch und runter gelaufen und habe bei einem Pulsschlag von 300 Kammerflimmern bekommen.“ Die Folge: Herzstillstand. „Ich hätte nie geglaubt, dass es so etwas gibt. Aber ich habe mein Leben in diesem Moment an mir vorbeiziehen sehen.“ Dann reagiert der Defibrillator und Daniel Engelbrecht erlebt bei vollem Bewusstsein, wie 830 Volt durch seinen Körper schießen: „Es war ein Gefühl des inneren Verbrennens. Als wäre da ein Feuer in mir, dass nach draußen will.“ Noch Tage später plagen ihn Schmerzen am ganzen Körper.

„Dieser Schock hat mir vor allem psychisch noch mal einen großen Knacks gegeben. Ich konnte nicht mehr schlafen, weil ich riesige Angst hatte. Nicht vor dem Tod, sondern vor dem Gefühl noch mal geschockt zu werden. So etwas will ich nie wieder erleben und wünsche es selbst meinem schlimmsten Feind nicht.“

Die vierte und letzte OP dauerte nochmals acht Stunden. Nach dem Aufwachen gibt es für Daniel Engelbrecht dann endlich die Nachricht, auf die er so sehnlichst gewartet hatte, und die sein Leben abermals verändern sollte: „Als die Ärzte mir und meiner Familie sagten, dass wir es geschafft haben. Das war für mich wie eine Wiedergeburt. Ich hatte direkt ein völlig neues Körpergefühl.“

Endlich wieder Sport machen zu können – für den leidenschaftlichen Kicker ist das die perfekte Therapie. Auch wenn das Vertrauen in den eigenen Körper erst Stück für Stück zurückkommt. Auch nach Monaten ist die Angst noch nicht ganz verschwunden, „aber jeden Tag, an dem ich trainieren kann, vertraue ich meinem Körper mehr“.

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