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Köln.Sport

Ein Leben für den Radsport

Als „Mr. Rund um Köln“ hat Artur Tabat seit 1973 das beliebte Radrennen in Köln und dessen Umland organisiert. Nun hört er nach 45 Jahren auf. Im Köln.Sport-Interview blickt er zurück auf unvergessliche Erinnerungen – und wagt einen kleinen Blick in die Zukunft.
Artur Tabat

„Mr. Rund um Köln“ gibt den Staffelstab nach fast fünf Jahrzehnten weiter (Foto: PA / Roth & Augenklick)

Die Karosseriewerkstatt von Artur Tabat in Hürth-Hermülheim ist ein Radsport-Museum. In unzähligen Schränken, Kisten und sogar zwei Schiffscontainern hat er Erinnerungen an die vergangenen 45 Jahre aufbewahrt. Bilder an den Wänden zeigen ihn mit Lance Armstrong, Jan Ullrich, Erik Zabel. Jetzt hört der Radsport-Enthusiast auf und gibt sein Lebenswerk, das „Rund um Köln“ in jüngere Hände. Eine schöne Gelegenheit, mit ihm einmal in Erinnerungen zu schwelgen.

Artur Tabat, hätte Ihnen 1973 jemand gesagt, dass Sie bis 2018 das „Rund um Köln“ organisieren würden – hätten Sie das für möglich gehalten?

Niemals. Ich war gerade fünf Jahre selbstständig, 32 Jahre alt. Vorher habe ich sieben Jahre lang mit meinem Vorgänger Gerd Uhlenbruch „Rund um Köln“ gemacht – und lese dann 1973 kurz vorm Renntag: Uhlenbruch wirft das Handtuch. Ich war der Einzige, der wusste, wie es funktioniert. Dann kamen alle zu mir und haben gesagt: „Das musst du machen.“ Ich habe mich dazu bereit erklärt, und das war ein Erfolg. Trotzdem dachte ich, anschließend käme jemand, würde weitermachen – aber es kam keiner. Und so sind 45 Jahre draus geworden.

Wie haben Sie Ihre Begeisterung für den Radsport entdeckt?

Mein Vater war 1936/37 Nationalfahrer beim Bund Deutscher Radfahrer. Er hätte uns in den 1950er-Jahren zum Radsport führen können, hatte aber kein Geld und konnte uns kein Fahrrad kaufen. Dann kamen noch zwei Nachzügler, und unserem Jüngsten, der acht Jahre jünger ist als ich, habe ich das erste Fahrrad gekauft. Nach einigen Rennen in der Jugendklasse gewann er schon fast jedes Zweite. Also habe ich habe ihn zu den Rennen gefahren und gefördert. Als ich älter wurde, fing ich an, Radrennen zu organisieren. In den 1970er- Jahren machten wir mit „Rund um Köln“ an die 6.000 bis 7.000 Mark Minus. Mithilfe von Sponsoren konnte ich jedoch ein Rennen auf dem Eigelstein organisieren. Da machten wir 10.000 Mark Gewinn und konnten den Verlust vom Rund um Köln auffangen. Wenn in den früheren Jahren mal etwas Not am Mann war, habe ich auch selber privates Geld reingesteckt. Aber es hat immer geklappt, bis zum heutigen Tag.

Was sind Ihre schönsten Erinnerungen an das Event?

Ich erinnere mich sehr gerne an 2003, als Jan Ullrich in Köln das Rennen gewonnen hat. Als der die letzten 50 Kilometer alleine weggefahren ist, das war schon ein Höhepunkt. Da stand ich auf der Bühne, und mir liefen die Tränen runter, weil ich schon Schwierigkeiten hatte, ihn überhaupt an den Start zu kriegen – und dann gewinnt er auch noch! Ein Jahr war er ja damals ohne Rennen gewesen, gab bei uns sozusagen sein „Comeback“. Und beim Treffen vorher habe ich ihm gesagt: Wenn du Rund um Köln gewinnst, bist du wieder ganz oben, denke daran! Und das hat er nicht vergessen (lacht).

Haben Sie noch Kontakt?

Im Februar 2017 zum letzten Mal. Da hat er mir geschrieben, es sei schön, so einen Freund zu haben. Ich hatte ihn ja auch noch Anfang Februar 2016 auf Mallorca besucht und wollte ihn als sportlichen Leiter verpflichten. Doch da machte mir ein Reporter der „Bild“-Zeitung einen Strich durch die Rechnung. Er hetzte alle meine Sponsoren auf. Einer meiner Hauptsponsoren teilte mir mit, wenn ich Jan Ullrich verpflichte, würden sie ihr Sponsoring zurückziehen. Da ging es um ca. 100.000 Euro, und ich musste ihm sagen: „Tut mir leid, wir müssen aufhören.“ Das hat schon wehgetan, es war immer mein Wunsch, wenn Rudi Altig nicht mehr dabei sein kann, ihn nach Köln zu holen. Ich habe Jan als jungen, 19-jährigen Rennfahrer in Oslo bei der Rad-WM 1993 kennengelernt und stand ca. 150 m hinter dem Zielstrich, mit meiner Videokamera in der Hand. Jan kam zu mir, und ich rief ihm zu: „Hast du gewonnen?“, und er antwortete „Ja“. So war ich der Erste, der ihm zu dem Titel „Weltmeister“ gratulierte. Das hat mich schon begeistert.

Welche Rolle spielt Radsport für Sie – und welche das Rennen für Köln?

Mich hat der Radsport schon in jungen Jahren interessiert,auch wenn ich noch keine Rennen gefahren bin. Vielleicht habe ich das in den Genen. Aber man muss ja hingeführt werden, das geschah erst durch meinen Bruder Peter. Seitdem hat der Radsport in meinem Leben immer eine große Rolle gespielt. Ich habe viel dafür gemacht und getan, aber auch viele Entbehrungen hingenommen. Und zu Köln: Die Stadt kann froh sein! Andere Städte würden sich doch die Finger danach lecken, Deutschlands ältestes Profirennen veranstalten zu können. Rund um Köln hatte schon damals einen hohen Stellenwert, und das hat mich immer beflügelt. Und jetzt habe ich ganze Container hier mit Erinnerungen stehen. Da sammelt sich einiges an.

Jetzt übernimmt als Nachfolger Alexander Donike. Was können Sie über ihn verraten?

Alexander kommt ja auch aus einer Radsportfamilie, ich habe ihn und seinen Bruder 2002 als Dienstleister ins Boot geholt. Der Grund war, dass ich damals die Giro d’Italia-Etappe von Köln nach Lüttich organisiert habe, und Alexander hatte sich mit seinem Bruder Manfred selbstständig gemacht. Sie haben dann unter anderem die Streckenführung für mich organisiert. Seit 16 Jahren ist Alexander inzwischen meine rechte Hand, wir haben alles besprochen und durchgeführt, waren ein sehr gutes Team. Ich habe ihm versprochen, dass er weitermachen kann, wenn ich aufhöre. Und jetzt ist die Zeit gekommen. Ich hoffe, dass er mein bis dahin gemachtes Erbe gut weiterführt. Er weiß, wie alles funktioniert, gerade klären wir noch einige Sachen bezüglich des Rennens. Ich bin aber zuversichtlich, dass alles gut über die Bühne geht.

Worauf können sich die Kölner bei dem Rennen in Zukunft freuen?

Das Niveau ist schon sehr hoch, und das wollen wir beibehalten. Das kann wachsen, indem mehr Teilnehmer kommen, wir den Bereich im Rheinauhaufen vielleicht noch erweitern können. Das Rad kann nicht neu erfunden werden. Wenn wir das aktuelle Niveau halten können, sind wir schon zufrieden. Und wie bleiben Sie dem Rennen zukünftig verbunden? Ich werde auf jeden Fall meine Erfahrung weitergeben, ich bin ja nicht aus der Welt, noch klar im Kopf. Wenn Not am Mann ist und man fragt mich, bin ich der Letzte, der nicht versucht, sich einzubringen.