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Köln.Sport

Ein echter Kraftakt

Vor anderthalb Jahren existierte der Verein Kraftsport Colonia nur in den Gedanken von zehn frustrierten Athleten. 20 Monate später gehört der Klub landesweit zu den besten Adressen für Kraftdreikämpfer. Doch dafür mussten Präsident Tim Konertz und Co. einiges stemmen.
Kraftsport

Kraftsport Colonia-Athlet Brin Hasan schafft beim Kreuzheben locker über 300 kg. (Foto: Andrea Wilczek)

Der Kraftraum in der Turnhalle Beuthener Straße in Köln-Mülheim ist klein und schmucklos. Tim Konertz und seinen Trainingspartnern macht das aber nichts aus. Seit ein paar Monaten trainieren er und die restlichen Mitglieder von Kraftsport Colonia hier, vorher mussten sie mit einem externen Fitnessstudio vorliebnehmen. Mit ihrem eigenen Kraftraum sind sie jetzt zufrieden.

Kein Wunder, denn vor anderthalb Jahren hätte noch keiner von ihnen für möglich gehalten, dass es diesen Kraftsportverein überhaupt geben würde. Damals trainierten Konertz und Co. noch beim Kölner Athleten-Club 1882 e.V., einem der ältesten noch aktiven Gewichthebervereine der Welt. Doch zum Jahreswechsel 2016/2017 kam es zum Bruch. Die Abteilung der Kraftdreikämpfer fühlte sich von der Gewichtheber-Abteilung boykottiert – nach einem Rechtsstreit war Anfang 2017 klar, dass es keine gemeinsame Zukunft geben würde.

Tim Konertz aber wollte, wie viele seiner Kraftdreikampf-Kollegen, endlich wieder starten, und so gründete er im April vergangenen Jahres mit neun Gleichgesinnten kurzerhand den schon erwähnten neuen Verein. Seitdem haben die Athleten von Kraftsport Colonia schon so einiges „gerissen“.

Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben

Der Verein wuchs trotz schwieriger Trainingsumstände rasant, mittlerweile zählt Kraftsport Colonia über 60 Mitglieder. „Viele kamen vom Kölner AC zu uns, dazu einige Gewichtheber von der Spoho, außerdem haben wir über unsere Social-Media-Kanäle auf den neuen Verein hingewiesen, deswegen hat sich das schnell herumgesprochen“, berichtet Tim Konertz, der nicht nur Präsident des jungen Vereins ist, sondern in seiner Wettkampfsportart auch zu den weltweit besten Athleten gehört.

Kraftdreikampf (KDK), international auch „Powerlifting“ genannt, besteht aus drei Disziplinen: Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben. Hierzulande bekannter ist der olympische Zweikampf, bestehend aus Reißen und Stoßen. Konertz allerdings hat schon eine Trendwende ausgemacht: „KDK wird immer populärer, das Interesse wächst, und es gibt immer mehr Kraftsportler, die sich dem Kraftdreikampf verschreiben.“

Inzwischen ist Kraftsport Colonia schon überregional bekannt. Bei der Landesmeisterschaft NRW am ersten Maiwochenende war der Verein mit 20 Athleten und Athletinnen präsent und räumte in fast allen Alters- und Gewichtsklassen ab. „Obwohl wir einige Ausfälle zu verkraften hatten, sind wir mit neuem Mannschaftspunkte-Rekord NRW-Landesmeister geworden, sogar unsere 2. Mannschaft kam auf Rang drei unter neun Teams“, lobt Konertz seine Schützlinge. Für ihn ist der Zusammenhalt ein wichtiges Merkmal des Vereins. „Unser Motto ist: ‚Kraftsport ist Mannschaftssport‘. Wir würden unsere Athleten niemals allein zu Wettkämpfen schicken“, sagt Konertz.

Nächstes Ziel: Bundesliga

Er selbst reist im Herbst zu den Weltmeisterschaften nach Kanada, wo er in der Gewichtsklasse bis 105 Kilogramm antritt. In den drei Disziplinen bewegt der A-Kader-Athlet des Bundesverbandes Deutscher Kraftdreikämpfer e. V. knapp 800 Kilogramm. Doch Konertz hat nicht nur als Aktiver große Ziele. „Als Verein würden wir gerne unsere KDK-Abteilung mit der Gewichtheber-Abteilung, die aus Platzmangel derzeit noch im Kölner Westen trainiert, zusammenbringen. Dazu muss auf lange Sicht ein größerer Raum her. Außerdem würden wir gerne eigene Wettkämpfe veranstalten“, so der Präsident.

Auf die Hilfe von Sponsoren kann der Verein dabei bislang noch nicht bauen. Equipment und Fahrtkosten wurden bis jetzt zum Großteil durch die Fördergelder der Stadt Köln gedeckt. Wächst Kraftsport Köln weiterhin so schnell wie bisher, könnte sich das womöglich ändern. Auch über eine Teilnahme an der Bundesliga, zu die Kölner Kraftpakete durch den Erfolg bei den Landesmeisterschaften berechtigt wären, diskutieren die Vereinsmitglieder bereits.

Dort allerdings wird mit leistungssteigernden Anzügen gearbeitet, ein Equipment, das sich der junge Verein nicht für alle Mitglieder leisten kann, weswegen bei Kraftsport Köln fast alle „Raw-Starter“ (ohne Anzüge) sind. „Es wäre natürlich cool, in der Bundesliga mitzumachen und da auch ohne Ausrüstung für Furore zu sorgen“, sagt Konertz. Angesichts der dynamischen Entwicklung des Vereins und des Erfolgs bei den Landesmeisterschaften wäre das den Kölner Kraftathleten auf jeden Fall zuzutrauen!