fbpx
Köln.Sport

„Ehrenamt stößt an Grenzen“

Quelle: Köln.Sport

Der studierte Sportökonom und Manager Raymond Baafi ist seit 2009 hauptamtlicher Geschäftsführer des TV Dellbrück

Im Interview schildert Raymond Baafi, Geschäftsführer des TV Dellbrück, warum hauptamtliche Kräfte Amateurvereine nach vorne bringen und nennt Alternativen für die Klubs, die sich dies nicht leisten können. Herr Baafi, warum leistet sich der TV Dellbrück den Luxus eines hauptamtlichen Geschäftsführers?
Raymond Baafi: Weil es die Gegebenheiten erfordern. Ein Sportverein ist ein Anbieter von Sportleistungen und somit auch ein Dienstleister. Man konnte den Ansprüchen und Wünschen der Mitglieder nicht mehr auf rein ehrenamtlicher Basis gerecht werden und wollte Dinge angehen, die den Verein zukunftsfähig aufstellen. Da wäre eine ehrenamtliche Führung an ihre Grenzen gestoßen.

Was gab letzten Endes den Ausschlag für diese Erkenntnis?
Die besondere Situation damals war so, dass ich im Rahmen des Projekts „Sport in Metropolen“ als studentischer Vereinsberater beim TV Dellbrück tätig war. In dieser Zeit haben wir gemeinsam mit dem LandesSportBund NRW Ideen und Maßnahmen für den Verein entwickelt und am Ende stand die Frage: Wer kann das umsetzen? Dieses Projekt war der letzte Ruck, der zu meiner Anstellung als hauptamtlicher Geschäftsführer führte.

Wie funktioniert die Abstimmung mit dem ehrenamtlichen Vorstand? Sie arbeiten doch in völlig unterschiedlichen Zeitfenstern?
Über die neuen Medien, sofern der Vorstand E-Mail- oder Skype-affin ist, ist das ohne weiteres machbar. Im Grunde ist es natürlich so, dass man sich darüber im Klaren sein muss, auch mal bis in die Abendstunden zu arbeiten und zumindest einmal im Monat in der Vorstandssitzung Rede und Antwort zu stehen. Diese Bereitschaft muss vorhanden sein, schließlich arbeitet man ja auch mit Abteilungsleitern und Trainern zusammen, die erst in den Abendstunden verfügbar sind.

Wie konnte der Verein Sie refinanzieren?
Eine Refinanzierung war rein aus den vorhandenen Vereinsmitteln nicht möglich. Das ging einzig und allein durch eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge. Auf der anderen Seite habe ich einige Projekte angestoßen, die neue Umsätze und Erträge brachten.

Und da gab es keine Einwände seitens der Mitglieder?
Die Mitglieder haben eingesehen, dass dieser Schritt notwendig war. Die Erkenntnis hat sich vom Vorstand über die Abteilungsleiter, über die Trainer bis zu den Mitgliedern durchgesetzt. Man war ja auch froh, jetzt in der Geschäftsstelle einen Ansprechpartner bei Beschwerden zu haben, wenn eine Halle mal dreckig war oder jemand seinen Schlüssel verloren hatte oder sonstiges passiert ist.

Welche Alternativen haben Vereine, die sich professioneller aufstellen möchten, sich die hauptamtliche Arbeitskraft aber nicht leisten können?
Für das ehrenamtliche Personal, das über Zeit aber nicht über das notwendige Know-how verfügt, gibt es etwa die Vereinsmanagement-Ausbildungen des StadtSportBund Köln (SSBK). Im Rahmen der Qualifizierungsoffensive des SSBK werden diese Kurse zum Teil sogar finanziert. Grundsätzlich kann es auch nicht schaden, wenn sich der qualifizierte Ehrenamtler eine jüngere Kraft an seine Seite holt, die Dinge aus einer anderen Perspektive betrachtet und auch mal anders anpackt. Man sollte sich bemühen, sich anderen Vereinen, neuen Menschen, neuen Dingen und vor allem neuen Herangehensweisen zu öffnen. Damit haben viele Vereine noch so ihre Probleme. Die wollen lieber ihre eingetretenen Wege weitergehen, selbst wenn diese vielleicht nicht mehr zeitgemäß sind.

Warum sollten Vereine, die eine Finanzierung von hauptamtlichen Kräften über Mitgliedsbeiträge allein nicht stemmen können, trotzdem darüber nachdenken?
Meine Erfahrung ist, dass die Qualität der Vereinsarbeit schon durch eine Honorarkraft, die in der Woche 15 oder 20 Stunden arbeitet, deutlich gesteigert werden kann. Weil das Leute sind, die über das entsprechende Know-how verfügen. In Köln gibt es an der Sporthochschule unheimlich viele Studentinnen und Studenten im Bereich Sportkommunikation und -management. Das Potenzial ist vorhanden, nur das Bewusstsein der Vereine muss noch entwickelt werden. Dann muss man mit einer entsprechenden Perspektive an diese Leute herantreten.

(Erschienen in Köln.Sport #5/2012)