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Köln.Sport

Der wahre Fußball

Ein Donnerstagabend in Rondorf. Kühle Luft zieht durch die dunklen Straßen im Kölner Süden. Nicht unbedingt das ideale Wetter, um sich im Freien aufzuhalten. Doch der ansässige Sport-Club bittet zum Heimspiel, und gut 150 Leute folgen seinem Ruf.

Was ist hier für eine schöne Fußball-Welt! Während der Fußballzuschauer in den Profiligen mit Fan-TV, dummen Maskottchen, nervigen Ultra-Dauergesängen und überlauter Stadionmusik malträtiert wird, gibt es hier Fußball pur: Natürlich wird hier noch auf Asche gespielt (der zudem noch vom Dauerregen am Vortag gezeichnet ist), das Flutlicht leuchtet eher spärlich den Platz aus und auch die Zuschauer müssen sich zunächst einen Weg durch Matsch und Dreck zum Stankett bahnen.

Im SC-Heim ist Vereinswirt Beppo neben Kaffeekochen und Kölsch zapfen mit dem Zubereiten der Bockwürste beschäftigt, während sein Vater eifrig Toastscheiben mit Butter beschmiert, um anschließend der hungrigen Meute vor der Theke Sandwiches zuzubereiten.

An einem Tisch haben sich die Vereins-Veteranen niedergelassen und schwelgen umgehend in Erinnerungen, als wieder einmal einer ihrer Blicke eines der zahllosen Relikte aus der Vereinschronik streift, die an den Wänden hängen. Dort hat ein Foto der E-Jugend aus der Saison 1976/77 ebenso seine Daseinsberechtigung wie eine Autogrammkarte von Pierre Littbarski oder die aktuelle Tabelle der Bezirksliga, Staffel 1.

Nicht zu vergessen die unzähligen Wimpel befreundeter Vereine. In einer Ecke des Clubhauses schlummert der Stolz des Vereins: Zwei überdimensionale Pokale sowie die historische Vereinsfahne, die zum Schutz vor Motten und Zerfall mit einer Hülle überzogen ist. Man kann sich fast schon in die Zeit der 20er bis 40er Jahre zurückversetzt fühlen, als bei Heimspielen die Vereinsfahne noch stolz beim Einlaufen der Mannschaften vorneweg getragen wurde und jedem Besucher der sich darauf befindende Text „Treu und fest – All´ Heil!“ mehr als geläufig war. Vorbei die Zeiten.

Am Ende gewinnt der SC Rondorf an diesem Abend mit 4:3, und die Schiedsrichter, denen die fanatischsten Zuschauer nachher eine „sehr schwache Leistung“ attestieren, können sich dann doch halbwegs beruhigt und gefahrlos ihren Weg zurück in die Kabine mitten durchs Vereinsheim (!) bahnen.

Die Spieler verlassen währenddessen völlig verdreckt den Platz, der nunmehr sehr einer Sumpflandschaft ähnelt, und freuen sich auf ein frisches Kölsch, mit dem sie noch vor dem Duschen mit ihren Freunden und Angehörigen, aber auch mit wildfremden Zushauern bei Beppo auf den Sieg anstoßen.

Ein Alptraum? Nein, das ist der wahre Fußball!