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Köln.Sport

„Der Sport hat eine erhebliche Imagewirkung“

Der neue Chef von Europas größter Eventhalle, Stefan Löcher über die aktuelle Situation der Location Lanxess-Arena sowie die Pläne für die Zukunft.

Herr Löcher, Sie haben zum 1. Oktober 2010 die Nachfolge von Ralf Bernd Assenmacher angetreten. Wie fällt Ihre erste Zwischenbilanz aus?

Stefan Löcher: Ich bin ja schon seit 1999 an Bord und seit 2001 auch Geschäftsführer. Und so gab es einen gleitenden Wechsel, auf den wir viele Jahre hingearbeitet haben. Wir hatten ein gigantisches Geschäftsjahr 2010 mit rund 180 Veranstaltungen und 1,9 Millionen Besuchern. Wir blicken in eine positive Zukunft, für 2011 sind wir schon sehr gut ausgelastet.

Wir bauen auf zwei Kernelemente: Viele gute Veranstaltungen in die Lanxess-Arena holen, um ein möglichst breites Zuschauerspektrum zu bedienen, und natürlich den Verkauf möglichst vieler Tickets. An der Akquise arbeiten wir natürlich jeden Tag, bauen auch Kontakte aus, um neue Events in die Arena zu holen.

Häufig besagen Gerüchte, der Betrieb der Arena wäre defizitär.

Es ist kein Geheimnis: Die Lanxess-Arena hat viele Jahre Verluste geschrieben. Für eine rein privatwirtschaftlich geführte Arena ist es eine Herausforderung, Gewinne zu schreiben. Nichtsdestotrotz ist uns das in den letzten beiden Jahren gelungen. Und momentan sind alle Weichen gestellt, diesen Erfolgsweg fortzusetzen.

Die Arena wird nicht mit öffentlichen Geldern unterstützt. Ein Wettbewerbsnachteil?

Dass uns die öffentliche Hand nicht immer wieder mit Steuergeldern bezuschusst, ist natürlich kein Vorteil. Das wäre vielleicht manchmal wünschenswert. Dafür sind wir als privater Betreiber aber auch wesentlich flexibler und haben schnellere Entscheidungsprozesse.

Die Kölner Haie standen im Sommer 2010 vor dem Aus. Wie sehr hat die Arena Management GmbH das Überleben der Haie ermöglicht?

Wir wollen uns da nicht zu sehr hervortun. Aber wir sind neben den neuen Gesellschaftern schon der wesentliche Part gewesen, um die Existenz des Clubs zu sichern. Etwa durch Vertragsanpassungen, z.B. bei der Miete. Wir haben das Vertriebsangebot für den KEC noch mal erhöht – die Haie haben noch mehr Logen bekommen. Auch monetär haben wir mit entsprechenden Vergleichen den Club unterstützt – mittels Forderungsstundung und -verzicht.

Könnte die Arena den Verlust der Haie verkraften?

Wir sehen die Partnerschaft zu den Haien wie eine langjährige Ehe. Die Haie sind für uns als Hometeam Nummer 1 ein wesentliches Standbein. Doch die Frage eines Wegbrechens der Haie stellt sich aus meiner Sicht nicht, weil der Club, unabhängig von den aktuellen Resultaten, sehr gut aufgestellt ist. Er hat nun einen guten, solventen Investor mit viel Herz für diesen Verein. Eine hohe Signalwirkung hat zudem die Verpflichtung von Uwe Krupp, dem besten und international bekanntesten deutschen Trainer.

Außerdem kann die Arena am Markt auch ohne den KEC gut aufgestellt sein. Aber verstehen Sie mich nicht falsch: Unser Herz schlägt für Eishockey, wir wollen noch lange mit dem KEC als Partner zusammenarbeiten. Ich sage nur, wir könnten auch diese Herausforderung stemmen.

Es wären aber viele Termine zu füllen.

Natürlich haben die Haie viele Heimspiele, dazu müssen die Play-off-Daten geblockt werden. Wenn dies wegfiele, wären wir aber auch flexibler und könnten in dieser Phase mehr Programm rein nehmen. Große TV-Shows etwa brauchen die Arena oft eine ganze Woche, was für uns manchmal nicht machbar ist.

Der VfL Gummersbach spielt nur noch wenige Top-Spiele in Köln. Warum wurde der VfL von den Kölnern als „kölsches Team“ nicht so richtig angenommen?

Wir sehen die Partnerschaft mit dem VfL langfristig. Zusammen haben wir hier grandiose Zeiten erlebt – eine volle Halle und Rekordbesuche, sportlich lief es auch sehr gut. Man muss aber auch sagen, dass der VfL den Köln-Bezug nicht vollständig realisieren konnte. Dennoch ist diese Region eine absolute Handball-Hochburg. Ich glaube, die Symbiose zwischen der neuen Halle in Gummersbach und den Top-Spielen bei uns ist perfekt. Ich sehe da keine Konkurrenz, im Gegenteil: So wird die Zukunft des VfL gesichert. Wir haben wie immer per Handschlag vereinbart, dass Highlights auch künftig hier ausgetragen werden.

Ein großes Handball-Turnier findet Ende April statt.

Ja, das Velux EHF Champions League Final4, die Königsklasse im Handball. Der Vorverkauf läuft noch besser als im vergangenen Jahr. Auch diese Partnerschaft ist langfristig angelegt. Wir gehen davon aus, dass das Turnier auch 2012 bei uns stattfinden wird.

Das funktioniert offensichtlich auch ohne Lokalmatadoren.

Bei solchen Mega-Highlights bewegt sich die Lanxess-Arena nicht auf regionaler Ebene, sondern findet weltweit Beachtung. Da strömen internationale Gäste zu uns. Auch die Stadt Köln profitiert übrigens von den weltweiten TV-Übertragungen.

Auf welche sportlichen Highlights können sich die Kölner im Jahr 2011 noch freuen?

Sicher ist bereits das Eishockey-Länderspiel Deutschland gegen Weißrussland Ende April, eine Art Abschiedsspiel von Uwe Krupp vor seinem Wechsel vom Nationalteam zum KEC.

Einen Monat vorher steigt der Box-WM-Kampf Vitali Klitschko gegen Odlanier Solis. Das ist für uns ein absolutes Highlight, allein schon weil unser neuer Nachbar RTL mit der letzten Boxübertragung die höchste Einschaltquote eingefahren hat. Ein solches Event strahlt auch über die Grenzen Deutschlands hinaus. Ferner möchten wir auch wieder mit Felix Sturm zusammen veranstalten. Wir gehen davon aus, dass er auch dieses Jahr wieder bei uns boxt.

Zudem arbeiten wir daran, dass die NBA und die NHL wieder zu uns kommen. Das ist für uns ein großes Anliegen.

Einige mögliche Sportarten haben noch nicht in Ihrer Halle stattgefunden, beispielsweise Tennis oder Reiten. Warum nicht?

Tennis würde ich persönlich sehr gerne machen, doch die Sportart hat in Deutschland einfach nicht mehr den Stellenwert. Eine wirtschaftliche Balance hinzubekommen ist schwierig: Gagengarantien für ein hochwertiges Teilnehmerfeld und gleichzeitig entsprechende Ticketpreise bedeuten ein hohes wirtschaftliches Risiko, das wir nicht eingehen wollen.

Ähnlich verhält es sich im Pferdesport. Wir machen jedes Jahr „Apassianata“, die erfolgreichste Pferdeshow Europas, und hatten auch die Spanische Hofreitschule schon zu Gast. Wir waren schon an Pferdesportthemen dran, aber auch die großen Springturniere tun sich teilweise schwer. Die finanziellen Risiken sind auch hier sehr hoch, zudem ergäben sich Terminprobleme, da die Arena hier ebenfalls eine ganze Woche geblockt wäre. Eine solche Lücke haben wir selten.

Nicht richtig etablieren konnte sich das Fußballturnier des 1. FC Köln.

Das war zwei Mal sehr erfolgreich, und wir planen fest eine Neuauflage. Dafür brauchen wir attraktive Vereine, die schwer zu gewinnen sind, was neben dem Verletzungsrisiko auch an der verkürzten Winterpause liegt.

Welche Sportarten könnten als „Neulinge“ künftig noch auftauchen?

Snowboard, also ein Sprungwettbewerb mit Halfpipe, kann man theoretisch machen. Das wäre sicher spannend, ginge in eine ähnliche Richtung wie die spektakuläre Motorrad-Show „Night of the Jumps“. Auch Indoor-Football ist mittlerweile ein Thema. Da ist eine Hallenliga in Deutschland geplant, aber ich bezweifele, dass sich die Halle damit füllen ließe.

Bis Herbst 2012 entsteht in Vogelsang eine neue Eventhalle. Betrachten Sie diese Halle als Konkurrenz?

Nein, wir sind eine Multifunktionshalle und betreiben schon viele Events in der „Theatervariante“, also mit 3.000 bis 4.000 Gästen. An einer „Clubvariante“ für Konzerte arbeiten wir. Wir haben einen enormen Vorsprung am Markt vor dieser neuen Halle, die ja nur 1.700 Sitzplätze haben soll. Also keine Konkurrenz, aber ich wünsche den Initiatoren viel Erfolg.

Welche Rolle spielt der Sport, finanziell und in Sachen Image, für die Lanxess-Arena?

Der Sport macht in unserem Etat etwa 30 Prozent aus. Wir haben also einen guten Mix, denn wir sind ja keine Sportarena. Daher sind wir von einzelnen Sportevents auch nicht abhängig. Doch der Sport hat schon eine erhebliche Imagewirkung, allein aufgrund der hohen Medienpräsenz, sowohl lokal als auch international. Daher hat der Sport für uns eine große Bedeutung.