fbpx
Köln.Sport

Der Fall Felix Sturm

Vom gefeierten Champion zum Betrüger: Felix Sturm hat nicht nur Steuern hinterzogen, sondern er wurde auch wegen Dopings verurteilt. Nach über vierJahren Ringpause plant der gefallene Held nun ein Comeback.

Ein Sieg, der zur Niederlage wurde: Felix Sturm (l.) in seinem letzten Fight 2016. (Foto: imago images/ Future Image / Norbert Schmidt)

„Training beendet für heute. War eine harte Woche, aber die Vorbereitung läuft sehr gut!“ Das schrieb Felix Sturm am 12. Juni auf seiner Facebookseite. Dazu postete der 41-Jährige in den sozialen Medien ein Video, das ihn beim Training im Gym von Fitnesscoach Chris Mohr zeigt. Grundlagen-Training für das geplante Comeback. Einige Tage später kündigte der frühere Weltmeister an: „Ganz egal, wie lange es dauert und wie hart es wird, ich habe ein Ziel, an dem ich Tag für Tag arbeite! Mit Geduld und einem Ziel vor Augen kann man alles erreichen.“

Der Kölner Boxprofi, der Ende April zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt wurde, will sich ins Box-Business zurückkämpfen. Sturm hat sich vor dem Gesetz schuldig gemacht. Schuldig der Steuerhinterziehung und der Einnahme von Dopingmitteln, auch wenn er Letzteres abstreitet und gegen das Urteil des Kölner Landgerichts in Revision ging.

Nach seinem Titelkampf am 20. Februar 2016 gegen den Russen Fedor Chudinov war Sturm positiv getestet worden, in seinem Urin fanden sich Spuren der anabolen Substanz Hydroxy- Stanozolol, ein verbotenes Muskelpräparat. „Ich werde alles tun, um meine Unschuld zu beweisen“, wandte sich der Supermittelgewichtler damals an seine Fangemeinde. „Wenn alles aufgeklärt ist, werdet ihr einen ausführlichen Bericht dazu bekommen.“ Doch diesen ist er bis heute schuldig geblieben, und das dürfte viele Fans ebenso enttäuschen wie ein Doping-Vergehen selber.

Einer der Besten

Unbestritten ist, dass Felix Sturm, der mit bürgerlichem Namen Adnan Catic heißt, zu Hochzeiten zu den talentiertesten und technisch besten Fightern seines Limits zählte. in seiner Karriere stellte sich der Ex-Champ vielen hochklassigen Gegnern. Sturms Kämpfe sahen Millionen im Fernsehen, und er verdiente Millionen damit.

Nach einer erfolgreichen Amateur-Karriere gibt der gebürtige Leverkusener mit bosnischen Wurzeln Anfang 2001 sein Profidebüt, boxt sich in den Ranglisten hoch. Im September 2003 kommt es in Berlin zum Duell mit Hector Velazco, dem Champion des Verbandes WBO. Als Bert Schenk wegen Verletzung kurzfristig ausfällt, springt Sturm ein. Schließlich knöpft er dem Argentinier den Mittelgewichts-Titel ab. Mit nur 24 Jahren ist Sturm erstmals Weltmeister. Als er am 5. Juni 2004 seinen Titel in Las Vegas gegen Oscar de la Hoya verteidigt, liefert der junge Deutsche einen großartigen Fight ab, den er hätte gewinnen müssen. Doch die Strippenzieher haben andere Pläne und bringen Sturm um den verdienten Lohn – Punktsieg und WM-Gürtel gehen an de la Hoya. Der Universum- Profi gibt nicht auf: In den Folgejahren holt er im Mittelgewicht die WM Titel der Verbände WBA (2006 und 2007), IBF (2013) sowie den WBA-Gürtel im Supermittelgewicht (2016).

Als er im Mai 2015 um die WM im Supermittelgewicht boxt, verliert er das Duell um den vakanten Titel der WBA gegen Fedor Chudinov einstimmig nach Punkten. Im Rematch am 20. Februar 2016 besiegt er den Russen in einem engen Fight knapp nach Punkten. Aber es soll Sturms letzter Kampf bis dato sein. Zwei Monate später wird bekannt, dass bei ihm entnommene Dopingproben positiv waren. Die Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen gegen den mehrmaligen Champion auf. Im Oktober 2016 legt Sturm seinen Titel im Supermittelgewicht nieder, begründet dies offiziell mit einer hartnäckigen Ellenbogen-Verletzung.

Hohes Strafmass

Doch Sturm hat noch ein anderes Problem: Steuerhinterziehung. Zunächst ist von mehreren Millionen Euro die Rede. Im April 2019 wird er für acht Monate in Untersuchungshaft genommen, gegen eine Kaution von 300.000 Euro kommt er auf freien Fuß. Schließlich verurteilt ihn das Gericht am 30. April dieses Jahres wegen Steuerhinterziehung von rund einer Million Euro, die er in den Jahren 2008 bis 2010 sowie 2013 dem Fiskus vorenthalten hat, zu drei Jahren Haft. Das Strafmaß fällt so hoch aus, weil der Boxprofi bereits 2012 wegen Steuerhinterziehung zu 22 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden war. Außerdem gilt die Verurteilung wegen Dopings mit daraus resultierender Körperverletzung.

Zwischenzeitlich hatte Sturm seinen Wohnsitz nach Bosnien verlegt, kehrte aber im Herbst 2018 wieder nach Deutschland zurück. Während des Prozesses erklärte er sich als „vermögenslos“. Um sich eine neue Existenz aufzubauen und seine Steuerschulden zu begleichen, will er wieder arbeiten, sprich boxen. Ein medienwirksames Duell der Alt-Champions gegen Arthur Abraham, 40, soll das Ziel sein. Auf Nachfrage erklärte Abraham dazu: „Ich bin bereit, jeder Zeit gegen ihn zu boxen. Mehr kann ich nicht sagen.“

Von seinem Promoter Klaus-Peter Kohl trennte sich der Ring-Stilist einst im Streit, machte sich daraufhin selbstständig und gründete in der Kölner Südstadt sein eigenes Box-Unternehmen. Auch ein eigenes Gym gehörte dazu, das „Felix Sturm Boxing“.

Der Boxprofi ist ein absoluter Familienmensch, das betont er immer wieder. Bereits früh musste Sturm den Verlust seiner Mutter Zahida verkraften, die im Jahr 2000 an Krebs verstarb. Sein privates Glück fand er in seiner langjährigen Partnerin Jasmin, die er 2007 heiratete. Gemeinsam hat das Paar zwei Kinder, Mahir und Nahla. Das Wohl seiner Familie mag ein Grund sein, weshalb Felix Sturm Dinge riskierte, die er besser gelassen hätte. Doch für seinen tiefen Fall ist der einstige Ring-Held selbst verantwortlich.