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Amiaz: „Sport baut Barrieren ab“

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Amiaz, Kölner Entertainer und Moderator

Perfektes Beispiel für gelungene Integration: Entertainer und Moderator Amiaz
Foto: Sabine Stein/Köln.Sport

Zwei Jahre alt war Ermias „Amiaz“ Habtu, als seine Familie aus Eritrea fliehen musste. Mittlerweile ist der Entertainer „ne kölsche Jung“ – und zeigt sich im Köln.Sport-Interview froh darüber.

Amiaz, wir sprechen in der Keupstraße miteinander, eines der Symbole für das multikulturelle und weltoffene Köln mit all seinen Stärken und Schwächen. Sind Sie froh, dass hier in deiner Heimat Toleranz gelebt wird?

Definitiv! Köln ist Multikulti und die Menschen hier sind ein sehr offenes Völkchen, das macht es einem sehr einfach. Wir sind 1979 hierhin gekommen und nicht mehr weggegangen. Das liegt auch daran, dass die Kölner dieses südländische Temperament in sich tragen. Diese Stadt war damals für uns erste Wahl und wir haben es bis heute nicht bereut. Mit der Familie nach Köln zu fliehen ist im Rückblick die richtige Entscheidung gewesen.

Sie haben einen Migrationshintergrund, wie es heutzutage so schön heißt…

(lacht) Wer hat das eigentlich erfunden – dieses „Ich bin Deutscher mit Migrationshintergrund“? Aber es beschreibt die Situation schon recht passend.

Ihre Familie musste Ende der siebziger Jahre Eritrea aus politischen Gründen verlassen. Hat diese Flucht Sie geprägt, ihr späteres Leben beeinflusst?

Die Flucht an sich habe ich als damals Zweijähriger nicht richtig mitbekommen, aber ich kenne die Geschehnisse von klein auf aus Erzählungen. Umso älter man dann wird, desto mehr kann man nachvollziehen, was das Verlassen der eigenen Heimat für meine Familie bedeutete. Das prägt einen! Dazu sehe ich optisch anders aus, das weiß man – damit kann ich aber sehr gut umgehen. Ich hatte nie Probleme wegen meiner Hautfarbe.

Womit hatten Sie denn Probleme in der Anfangszeit in der neuen Heimat?

Mit dem Integrationswillen meines Vaters (lacht) Der hat nämlich schnell erkannt, was die Deutschen so an Ritualen pflegten und was sie gerne unternehmen. Kaffee und Kuchen, Sonntagsausflüge – das haben wir dann auch gemacht. Das habe ich damals nicht so richtig verstanden, aber es war seine Art der Integration. Hätte er das damals nicht gemacht, hätte ich vielleicht größere Herausforderung bei der Anpassung gehabt.

Wie seid ihr in Köln aufgenommen worden?

Es war für meine Eltern ganz klar, sich zu integrieren und vor allem die Sprache zu lernen. Das haben sie schnell gemacht. Wir wurden hier aber auch äußerst nett empfangen. Es war schon damals, als wir in Nippes in der Etzelstraße untergebracht waren sehr multikulturell geprägt. Allerdings gab es auch zu dieser Zeit schon viele Deutsche, die den Flüchtlingen geholfen haben.

Das Interview ist Teil der aktuellen Köln.Sport-Ausgabe, die sich komplett dem Flüchtlingsthema widmet

Das Interview ist Teil der aktuellen Köln.Sport-Ausgabe, die sich komplett dem Flüchtlingsthema widmet. Mehr Infos findet Ihr hier!

Auch Ihnen?

Ja klar, uns hat in der Anfangsphase auch eine Familie unterstützt, bei Behördengängen, bei Anmeldungen und vielem mehr waren sie bei uns. Das rechne ich ihnen sehr hoch an, denn ohne sie wäre es deutlich schwerer gewesen. Umso wichtiger ist es aus meiner Sicht, dass diese Menschen, die sich heutzutage engagieren, mehr in den Fokus gerückt werden. Ich bin deshalb froh, dass die Medien verstanden haben, nicht nur mit den Idioten zu sprechen, die einem das Leben durch Attacken auf Flüchtlingsheime schwer machen wollen, sondern auch über die Menschen zu berichten, die sich für anderen engagieren. Denn das ist der Großteil in diesem Land!

Sie bezeichnen sich als „echte kölsche Jung“ und sind unter anderem Hallensprecher bei den RheinStars. Man könnte Sie quasi als perfektes Beispiel für gelungene Integration vorstellen. Sind Sie ein Vorbild? Ist das eine Rolle, die Sie annehmen?

Ich habe die Dinge, die ich getan habe oder immer noch tue, nicht getan, um von anderen als Vorbild wahrgenommen zu werden. Sondern, weil ich Dinge sehr früh zu schätzen gewusst habe. Ich sage das häufig in Interviews: Die Flucht, die meine Eltern damals auf sich genommen haben, dieser Kampf um eine sichere Zukunft – das wäre doch umsonst gewesen, wenn wir diese Möglichkeit nicht genutzt hätten. Das ist mir schnell klar geworden, dafür bin ich auch sehr dankbar. Das hat aber nicht allein etwas mit meinem Migrationshintergrund zu tun, sondern das ist das Leben an sich. Willst du etwas erreichen, dann musst du dafür auch kämpfen!

Engagieren Sie sich sozial?

Das soziale Engagement ist mir nicht abhandengekommen, weil ich jetzt in den Medien präsent bin. Ich war beispielsweise beim Fußballturnier, das die Bunte Liga zuletzt organisiert hat, aktiv. Denn mit Sport kann man viele Barrieren abbauen. Auch in Chorweiler, wohin ich eine sehr emotionale Bindung habe, engagiere ich mich für die Kinder in der Zeltstadt, dass es ihnen – auch durch Sport – vielleicht etwas besser geht. Man kann aber natürlich immer noch etwas mehr machen.

Seite 2: Was der beliebte Entertainer über das Engagement des Kölner Sports sagt, wieso ihn die aktuelle Stimmungslage nicht überrascht und warum ihn die Oberbürgermeisterwahl traurig gemacht hat.

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