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Köln.Sport

AAAUUUUAAAA!!!

Ein Spiel vergangene Woche in der Landesliga Staffel 1 (es hätte aber auch jedes andere Spiel von der „Champions League“ bis zur Kreisliga D sein können). In der 23. Minute kommt es zu einem ganz normalen Zweikampf in Höhe der Mittellinie.

Plötzlich ertönt ein schmerzerfüllter Schrei des Spielers der Heimmannschaft. Die Gespräche unter den rund 100 Zuschauern verebben schnell; vereinzelte Mütter im Publikum wollen bereits ihren Instinkten nachgehen und kramen in ihren Handtaschen nach Pflaster, Salbe oder sonstigen Heilmitteln, während ein privat anwesender Arzt schon mit nervösem Finger auf seinem Mobiltelefon die Nummer eines sich im Bereitschaftsdienst befindenden Kollegen eintippt. Allen ist klar: Hier ist etwas Schlimmes passiert! Dem Schrei nach zu urteilen, mindestens ein Wadenbeinbruch.

Doch nicht nur in der Bibel, auch im Fußball gibt es sie noch – die wundersame Heilung! Denn kaum hat der Schiedsrichter dem Gegenspieler die gelbe Karte gezeigt und der Betreuer etwas Eisspray auf den „Bruch“ gegeben, kann, oh Wunder, der Lahme nicht nur aufstehen, sondern sogar wieder gehen! Kurz aus dem Spiel gehumpelt, und keine 70 Sekunden nach Abgabe des herzzerreißenden Schreies, untermalt mit einem schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck, läuft er wieder freudestrahlend (und grinsend) aufs Spielfeld. Halleluja!

Gut, niemand ist heutzutage mehr so blauäugig und glaubt noch an die Einhaltung der vielbeschworenen Parole „Fair Play“, die ja lustigerweise noch häufig an Banden oder Fanggitter hinter den Toren auf den Sportplätzen angebracht ist. Andererseits: Hätte ich (oder einer meiner Mitspieler) in der Jugend früher solch eine Show im Spiel abgezogen, wären wir nicht nur umgehend vom Trainer ausgewechselt worden, sondern hätten uns zudem eine Standpauke ob des Theaters anhören müssen – und hätten wahrscheinlich aus disziplinarischen Gründen mindestens ein Spiel „aussetzen“ dürfen.

Heutzutage ist das alles anders. Da fordern und trainieren die Trainer solche Schreie einschl. dem gekonnten Hinfallen, so dass jeder Spieler beim „Supertalent“ mindestens eine Runde locker weiter käme. Die Spieler machen gerne und bereitwillig mit, denn dann hat man sich noch länger untereinander etwas zu erzählen, wie man etwa den Platzverweis seines Gegenspielers prima provoziert oder schlichtweg den Schiri verarscht hat.

Es ist schon traurig genug, dass heute in jedem Spiel dutzendfach dieser Betrug (denn häufig ist es nichts anderes) angewendet wird. Noch schlimmer ist es jedoch, dass es leider immer noch genügend Schiedsrichter gibt, die hierauf hereinfallen. Sicher ist es nicht einfach, bei den zahlreichen Zweikämpfen immer richtig zu entscheiden. Aber gleich bei jedem langgezogenen „AUA“ (alternativ auch „AAAHHH“) Freistoß zugunsten des „Verletzten“ pfeifen, ist pädagogisch auch falsch. Vielleicht sollte man die Schreier nach der Behandlung einfach mal noch ein paar Minuten draußen stehen lassen?! Immerhin sind sie ja sooo schwer verletzt – dann muss man sich doch erst mal regenerieren…

Sehr schade, dass der moderne Fußball in Zeiten des Dauer-Erfolgsdenkens in allen Ligen immer wieder und immer häufiger auf solche Stilmittel zurückgreift und den Gedanken des sportlich fairen Wettkampfes mit Füßen tritt. Merke: Ein guter Schiedsrichter erkennt ein Foul auch ohne große Showeinlage des Gefoulten!

Meine ganz besonderen „Lieblinge“ sind aber immer noch die Spieler, die wissen, dass sie nicht gefoult wurden, dennoch martialisch schreien, um dann bei ausbleibendem Pfiff sofort wieder aufzuspringen und den Schiri verbal angehen. Dass sie sich dann auch noch heftig über ihre anschließende Verwarnung aufregen (ob wegen der Showeinlage oder dem Gemeckere, ist Auslegungssache des Schiris), setzt dem Schauspiel die Krone auf. Soviel Cleverness tut dann richtig weh. Aua!