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Köln.Sport

Warten auf den Boom

Quelle: Imago

Der Frauenfußball steht vor einer richtungsweisenden Spielzeit. Kann die Begeisterung, die in Deutschland während der WM gezeigt wurde, auch in den Alltag übertragen werden?

Die WM-Party ist vorbei. Kann der Kölner Frauen- und Mädchenfußball jetzt von der Euphorie profitieren oder verpufft der Effekt?

Jede Menge Werberummel, Rekordquoten im TV bei den deutschen Spielen und volle Stadien bei fast allen Begegnungen. Die perfekt organisierte FIFA-Fußballweltmeisterschaft der Frauen hierzulande schrieb durchaus viele positive Schlagzeilen. Abgesehen vom allzu frühen Aus der Gastgeberinnen im Viertelfinale vielleicht. Kann der kölsche Frauenfußball nun von dem Spektakel in Form eines Booms profitieren oder wandert er zurück in sein Nischendasein? Köln.Sport hat nachgefragt.

Marc Wendland, Betreiber der Homepage www.frauenfussball-koeln.info, gibt sich zurückhaltend: „Der Begriff Boom ist sehr hoch gegriffen. Was etwa die Zuschauerzahlen in der Bundesliga betrifft, wird er wohl ausbleiben.“ Wiewohl Wendland die WM als Erfolg wertet und während des Turniers um 25 Prozent gestiegene Klickzahlen verzeichnen konnte, von ca. 1.000 auf 1.250, bleibt er skeptisch. „Der Frauenfußball wird eine Randsportart bleiben, der Stellenwert der Männer ist viel höher.“

Verhaltener Optimismus

Etwas mehr Optimismus strahlt da schon Martina Lambertz, die Frauenfußballbeauftragte des Fußballkreises Köln, aus. „Im Frauenbereich werden wir auf alle Fälle profitieren. Beispielsweise kriegen wir in der kommenden Saison zum ersten Mal unsere 14er-Kreisliga auch wirklich voll.“ Was die Zahl der Mannschaften angeht, wirkt sich die WM allerdings eher bescheiden aus: 30 statt 29 im Vorjahr gehen in die neue Spielzeit.

Auch bei den Mädchen kann Detlef Winkler, Vorsitzender des Kreisjugendausschusses, noch nicht mit einem beeindruckenden Zahlenwerk aufwarten. Im Gegenteil: Statt der 35 Juniorinnenteams aus dem Vorjahr haben für die kommende Runde nur noch 33 gemeldet. Aber der erfahrene Funktionär verweist auf die Werbemaßnahmen, die der DFB anlässlich der WM lanciert hat. Zudem führt auch der Fußballkreis noch Aktionen durch, deren mögliche Auswirkungen lassen sich nur mittelfristig feststellen. „Wir arbeiten noch intensiv dran.“

In die gleiche Kerbe schlägt Dr. Daniela Schaaf. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kommunikations- und Medienforschung an der DSHS Köln möchte sich nicht festlegen:

„Konkrete Zahlen, was etwa Neuanmeldungen betrifft, liegen noch nicht vor. Erst die Entwicklung in den kommenden Monaten wird Aufschluss über einen potenziellen Boom geben.“ Allerdings konstatiert Schaaf schon heute, dass sich doch einige Frauen und Mädchen bei Vereinen neu angemeldet haben.

Davon ist an der Basis, bei den Vereinen, bislang noch nicht viel angekommen. „Wir können hier nicht von einem Run bei den Neuanmeldungen sprechen“, erzählt Joachim Stur, der Jugendkoordinator beim SC Fortuna Köln. „Aber das Interesse am Frauenfußball hat aufgrund der WM deutlich angezogen.“

Wachstum möglich

 Dass sich dies bei den Südstädtern noch nicht in neuen Vereinsmitgliedern auszahlt, liegt indes auch an der Ausrichtung des Clubs. Die Fortuna-Teams sind klar leistungsorientiert, junge Mädels, die ihre ersten fußballerischen Gehversuche machen wollen, tun sich am Südstadion naturgemäß recht schwer. Wer aber tatsächlich über Talent verfügt, dem bietet die Fortuna ein optimales Sprungbrett – alljährlich wechseln Spielerinnen aus der Mittelrheinliga (vierthöchste Spielklasse) in höhere Ligen.

Dort bereits angelangt ist Silke Tancyus, die letzte Spielzeit in der Zweiten Bundesliga Süd für den 1. FC Köln kickte. Eine „super Stimmung“ fand die 28-Jährige bei den drei WM-Matches vor, die sie besucht hat. „Es wird zwar keinen Boom wie nach dem Titelgewinn 2007 geben, aber es geht stetig weiter.“ Junge Mädchen, die auf viel Geld als Profi hoffen, warnt die Stürmerin vor: „In der Bundesliga kann noch nicht wirklich Geld verdient werden. Die Spielerinnen müssen sich nebenbei eine Existenz aufbauen.“ Unter dem Strich verbucht Tancyus die WM auf der Habenseite. „Der Frauenfußball steht jetzt etwas mehr im Mittelpunkt.“

Der Sponsor ihres Ex-Clubs, die Firma Klosterfrau, bleibt in jedem Fall am Ball. „Selbstverständlich werden wir uns auch in der Saison 2011/2012 bei den FC-Frauen engagieren“, verspricht Friedrich Neukirch, Geschäftsführer des Unternehmens. Eine Hochkonjunktur kann der Vizepräsident des 1. FC Köln zwar auch nicht ausmachen, zeigt sich dennoch optimistisch: „Wir sprechen lieber von einem kräftigen Anstoß, der im Idealfall zu langfristigem Wachstum führt.“ Das wäre ja schon mal was.