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Köln.Sport

Videobeweis: Was Köln von Moskau lernen kann

Viele deutsche Zuschauer dürften sich wundern, dass der Videobeweis in Russland bisher so gut funktioniert. In der Bundesliga hat er mehr Probleme verursacht, als sie zu lösen. Ein Kommentar.

Bei der WM in Russland wird – anders als in der Bundesliga – die strittige Szene auf der Anzeigetafel gezeigt. Foto: imago/ITAR-TASS

Der sogenannte „Videobeweis“ – ich bevorzuge den korrekten Begriff „Videoassistent“ – hat in der Bundesliga viel Empörung hervorgerufen. Klar, die traditionsbewussten Fanszenen der meisten Klubs waren von Anfang an dagegen, aber die haben ja auch immer was zu nörgeln, nicht wahr?

Mittlerweile stehen aber nicht nur sie der neuen Technologie kritisch gegenüber. Viele, die ihre Einführung noch befürwortet hatten – Spieler, Trainer, Funktionäre – haben ihre Meinung revidiert. Das liegt zum einen daran, dass zu oft eindeutige Fehlentscheidungen durch den Video-Schiri bestätigt wurden. Zum anderen ist nach wie vor unklar, wann dieser überhaupt eingreifen darf. Außerdem dauert es zu lange, bis eine Entscheidung gefällt wurde. Hinzu kommt die mangelnde Transparenz: Als Stadionbesucher erfährt man nicht mal den Grund, warum eine Entscheidung getroffen wurde.

Auch der FC ist oft genug durch Entscheidungen des Video-Referees benachteiligt worden, man denke hier nur an den Elfmeter für Mainz wegen eines imaginären Fouls an Pablo de Blasis. Noch schlimmer war es beim Spiel der Mainzer gegen Freiburg. Bei diesem Spiel wurden die Mannschaften sieben Minuten nach Beginn der Halbzeitpause aus der Kabine geholt, weil nachträglich ein Elfmeter ausgeführt werden sollte. Es war nicht mal eine Fehlentscheidung, aber ganz im Ernst, was spielt das für eine Rolle? Wenn sich Fans in der Halbzeit kein Bier oder keine Stadionwurst mehr holen können, weil sie damit rechnen müssen, dass die Mannschaften noch mal aufs Feld geholt werden, dann hört der Spaß auf.

Argumente gegen den Video-Assistenten gibt es also zuhauf. Manche Kritiker waren sogar der Meinung, dass diese Probleme niemals richtig behoben werden könnten. Dann kam die WM in Russland. Und mit ihr die Vermutung, dass die erstmalige Nutzung des VAR (Video Assistant Referee) bei einer Weltmeisterschaft ähnlich chaotisch verlaufen würde, wie die „Testphase“ in der abgelaufenen Bundesliga-Saison. Doch nach dem ersten Spieltag der Gruppenphase reiben sich Fußballfans hierzulande die Augen: Es läuft alles weitgehend reibungslos! Lediglich die Brasilianer beschwerten sich, dass ein Tor der Schweizer nicht aberkannt wurde, obwohl der Torschütze Steven Zuber den Verteidiger Miranda weggeschubst hatte. Der Einsatz von Zuber war in der Tat ahndungswürdig, die Szene laufen zu lassen, war allerdings keine krasse Fehlentscheidung, weshalb sie auch nicht mehr zurückgenommen wurde.

Natürlich hat die WM gerade erst angefangen und es kann noch viel passieren. Es ist jedoch schon jetzt erkennbar, dass die Umsetzung des „Videobeweis“ in Moskau wesentlich besser organisiert ist als im sogenannten „Kölner Keller“. Es dauert meist nur wenige Sekunden, bis der Schiedsrichter das Spiel wieder anpfeift, und einen richtig großen Aufreger hat es auch noch nicht gegeben.

Der Grund dafür: Es gibt eine klar erkennbare Linie. Der Video-Schiri greift nur bei klaren Fehlentscheidungen ein – so wie es ursprünglich auch in der Bundesliga vorgesehen war. Auch der Kritikpunkt der mangelnden Transparenz wird dort außer Kraft gesetzt, da sich die Zuschauer die strittigen Szenen auf der Anzeigetafel noch einmal ansehen können. In Moskau gibt es sogar kalibrierte Abseitslinien. Weil diese nicht zur Verfügung standen, konnten deutsche Video-Schiris bei Abseits-Entscheidungen bisher nicht eingreifen (was sie bei Pizarros aberkannten Siegtreffer gegen Hannover dann doch taten).

Kurzum: Alles, was man hierzulande am Video-Assistenten kritisiert, funktioniert bei der WM in Russland besser. Man kann nur hoffen, dass die Verantwortlichen von DFB und DFL bei der WM genau hinsehen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen.

Kommentar von Yannik Stracke