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Köln.Sport

Hoch hinaus

Im Alter von elf Jahren begann der gebürtige Frechener Jan Hojer mit dem Klettern und ist in diesem Bereich heute einer der besten der Welt. Dafür trainiert der 26-Jährige hart – und hat bereits sein nächstes, großes Ziel vor Augen.
Jan Hojer

Hängt nicht nur so rum: Jan Hojer beschreibt das Bouldern als „Lebensmittelpunkt“ (Foto: Getty Images)

Als er im Alter von elf Jahren mit dem Klettern beginnt, hat Jan Hojer nur ein Ziel: Er will hoch hinaus. Nicht im übertragenen, sondern im wörtlichen Sinne, schließlich sind es hohe und komplizierte Kletterwände, die es für ihn zu bewältigen gilt. „Als ich damals angefangen habe, hat es mir so großen Spaß gemacht, dass ich wirklich sieben Tage die Woche in Kletterhallen gegangen bin“, erzählt Hojer. 15 Jahre später hat er sich als einer der besten Kletterer der Welt etabliert – „Das Bouldern ist mein Lebensmittelpunkt“, sagt er.

Begonnen hat der heute 26-Jährige allerdings nicht direkt mit seiner jetzigen Spezialdisziplin, sondern mit dem „Lead-Klettern“, also mit Sicherungsseil. „Da wurden in den Hallen dann zum ersten Mal erfahrenere Kletterer auf mich aufmerksam und haben mich mal mit an den Fels genommen“, sagt Hojer. Das zahlt sich aus: Bereits mit 11 nimmt er an Kidscups teil, klettert bei Landesmeisterschaften und nationalen Wettkämpfen, schafft es mit 13 in den Jugendnationalkader.

„Dort gab es schon genügend Wettkämpfe auf verschiedenen Ebenen, sodass ich schnell sehen konnte, in welcher Liga ich vielleicht später einmal mitspielen kann“, sagt Hojer, der in Frechen aufgewachsen ist. „Und mit 18 oder 19 habe ich dann begonnen, Wettkämpfe auf internationalem Niveau zu machen“.

Sieg im Gesamtweltcup

Dann jedoch im Bouldern, wo eine etwa vier bis fünf Meter hohe Wand mit kleinen Griffen, Tritten und Hindernissen erklommen werden muss. „Dabei hat mir schon immer das Athletische und Dynamische gut gefallen, es ist etwas kraftbetonter als das Seilklettern, wo es eher um Ausdauer und Fingerkraft geht“, sagt Hojer. Vom Körperbau her sei er ohnehin „eher für das Bouldern prädestiniert, denn beim Lead geht es noch stärker um das Kraft-/Gewichtverhältnis, da sind die meisten Kletterer, die entweder deutlich kleiner sind oder etwas leichter gebaut, eher im Vorteil“, sagt der 26-Jährige. Er selbst ist 1,88 Meter groß.

Hojer klettert immer höher, schneller und erfolgreicher. Er gewinnt unzählige nationale und internationale Wettbewerbe, 2014 folgt dann der vorläufige Karriere-Höhepunkt – der Gewinn des Gesamtweltcups. „Da war ich über eine Saison hinweg der beste Boulderer, habe drei Weltcups gewonnen und am Ende auch die Gesamtwertung für mich entscheiden können“, sagt der Frechener. „Das schönste Event war vielleicht der Sieg im vergangenen Jahr in München, das war gleichzeitig eine EM und ein Weltcup, wo ich dann das erste Mal vor heimischem Publikum gewinnen konnte.“

Dafür trainiert Hojer hart. Ob Saison oder nicht – es gibt kaum eine Woche im Jahr, in der er nicht irgendwo an einer Kletterwand hängt. „Neben der Saison bin ich viel zum Felsklettern unterwegs, aktuell auf Mallorca, und demnächst geht es noch einmal nach Frankreich“, sagt Hojer, für den Reisen mittlerweile zu einem Hobby geworden ist. „Im Winter war ich in Sheffield, England, weil ich dort sehr gut trainieren kann, und im Sommer habe ich auch mal mehrere Wochen in Innsbruck gelebt, weil es dort für das Lead-Klettern die besten Trainingsmöglichkeiten der Welt gibt.“

Nächster Halt: Tokio

Da seine „Heimathalle“ in Frechen vor etwa einem halben Jahr abgebrannt ist, sind es mittlerweile Kölner Kletterarenen, die zu seinen Stammhallen geworden sind. „In Ehrenfeld gibt es zwei, dazu eine in Mülheim – zwischen denen pendele ich gerade, wenn ich in Köln bin.“ Das ist natürlich allein aufgrund der vielen Wettkämpfe weltweit nicht mehr regelmäßig der Fall, doch zwischendurch ist er immer mal wieder hier, besitzt noch immer eine Wohnung und plant, im Winter auch mal für eine längere Zeit hier vorbeizuschauen.

Dann wird er sich auch intensiv auf sein nächstes Ziel vorbereiten: die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio. Denn dort wird zum ersten Mal Klettern mit dabei sein, mit einem Dreikampf der Disziplinen „Lead“, „Bouldern“ und „Speed“. Das zwingt Hojer dazu, seinen Trainingsumfang entsprechend anzupassen. „Wie für jeden anderen Sportler ist Olympia wahrscheinlich das größte Ziel, das man in seiner Karriere überhaupt erreichen kann. Seitdem klar ist, dass die Kombination dabei sein wird, bedeutet das aber trainingstechnisch natürlich auch, dass wir Boulderer jetzt alle im „Speed“ einiges aufzuholen haben.“ Beim Speedklettern geht es darum, wie der Name schon sagt, möglichst schnell eine genormte Wand emporzuklettern, die Athleten sind ebenfalls mit einem Seil gesichert. „Dadurch entsteht ein Wettrennen unter den Kombinierern, wer sich am schnellsten verbessern kann“, sagt Hojer.

Und auch, wenn getreu dem Olympischen Motto dabei sein zunächst alles ist – beim Kampf um die Medaillen möchte der Frechener ebenfalls ein Wörtchen mitreden. „Bei der WM vor einigen Wochen haben wir zum ersten Mal einen guten Einblick bekommen, wie gut die Spezialisten der anderen Disziplinen in der Kombination sind. Ich habe es bei der WM ins Finale geschafft und Bronze geholt, deshalb ist das Ziel jetzt, den Vorsprung, den ich auf manch anderen habe, nicht mehr abzugeben und im Winter viel zu trainieren. Aber nach der WM-Medaille hoffe ich natürlich jetzt auch auf eine Olympische Medaille“, sagt Hojer. Der 26-Jährige will also auch bei den Olympischen Spielen hoch hinaus – und diesmal nicht nur im wörtlichen, sondern auch im übertragenen Sinne.