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Köln.Sport

Hennekeuser über den Effzeh

Dank einer Fernsehsendung wurde Darius Hennekeuser über Nacht zur großen Hoffnung des deutschen Fußballs. Abgehoben ist der ambitionierte Kreisliga-Stürmer vom SSV Happerschoß aber trotzdem nicht – und nimmt für Köln.Sport seinen Herzensverein, den 1. FC Köln, unter die Lupe
Bornauw

Grund zum Jubeln: Wenn es nach Darius Hennekeuser geht, schaffen Sebastiaan Bornauw und Co. den Klassenerhalt. (Foto: imago images/Herbert Bucco)

Jede Durststrecke hat mal ein Ende – das gilt für Stürmer in der Kreisliga B genauso wie für die hochbezahlten Akteure in der Bundesliga. Meine persönliche Tor-Auszeit endete nach nur einem Treffer in den ersten sieben Saisonspielen kurz vor dem Jahreswechsel, als ich für den SSV Happerschoß noch zwei mal erfolgreich gegen den Ball stolpern konnte. A propos: Mit Gestolper hatten die letzten drei Spiele des 1. FC Köln im Jahr 2019 überraschend wenig zu tun.

Ich muss gestehen: Vor diesen drei Partien war mein Glaube an Besserung leider schon fast verschwunden, doch nach den neun Punkten ist er natürlich stärker denn je zurückgekehrt. Es ist ja schließlich auch nicht das erste Mal. Der Effzeh ist mein Herzensverein, meine Mutter gebürtige Kölnerin und auch der Vater ist glühender Effzeh-Fan – da kommt man dann natürlich nicht an diesem Klub vorbei. Einmal Effzeh, immer Effzeh!

Dabei hat mir der Verein auch schon die ein oder andere Lektion für meine eigene Laufbahn mitgegeben – natürlich gerade, was das Verlieren angeht. Als Effzeh-Fan ist man eine gewisse Achterbahn an Emotionen ja gewöhnt, das härtet ab. Selbstverständlich gibt man auch in der Kreisliga schon alles und überlegt nach Niederlagen, „woran et denn jelejen hätt“. Diese Frage habe ich mir auch über weite Teile der Hinrunde im RheinEnergieStadion gestellt. Die Reaktion ähnelte nach Spielende jedoch oftmals der nach einer Niederlage in Happerschoß: „Ja joot, määste nix!“

Neuer Versuch an Karneval?

So verwunderte es mich nicht, als ich von einem gewissen Jan B. erfuhr, die in der Vergangenheit stets ins Schwarze treffenden Scouts des 1. FC Köln hätten ein Auge auf mich geworfen (siehe Kasten nächste Seite). Als diese Überlegungen dann vor ganz Deutschland im Fernsehen veröffentlicht wurden, nahmen die Verantwortlichen dann wohl Abstand von einer Verpflichtung – wie ich erfahren habe, wurde den Scouts, die meinen Namen notiert hatten, ein Vereins-, gar Berufswechsel empfohlen. Bei unseren Scouts in Happerschoß ist sicherlich noch ein Praktikumsplatz frei.

Auch die Tatsache, dass ich eine Doppellizenz für den SSV benötigt hätte, hat den Verein wohl abgeschreckt. Denn wer dienstags und donnerstags nicht zum Training kommt, spielt auch in Happerschoß nicht! Vielleicht unternehme ich nochmal einen Versuch, mich ins Rampenlicht zu spielen – am besten auf der alljährlichen Karnevalssitzung, wenn der neue Effzeh-Vorstand dann mit ein bis fünf Kölsch angestoßen hat…

Somit muss der Effzeh wohl zunächst einmal auf meine Dienste verzichten – dafür haben sich die Geißböcke ja in Person von Mark Uth mit einem Stürmer verstärkt, der zumindest schon für die deutsche Nationalmannschaft aufgelaufen ist. Immerhin etwas. Jetzt liegt es an den Fans, die Jungs weiter zu pushen und zu Höchstleistung zu treiben. Ich kenne das selbst: Wenn bei uns auf dem Platz einer der hunderten Zuschauer reinruft: „Mach dat Ding endlich rein“ – da ist man natürlich besonders motiviert, besagtes „Ding“ dann auch wirklich rein zu machen, und rennt den Acker etwas schneller als sonst hoch und runter.

Die Youngster haben Bock!

Das einzige Problem: Ein gestandener Bundesliga-Stürmer wie Uth ist jetzt natürlich niemand mehr, der die Hummels‘, Alabas und Ginters dieser Welt großartig überrascht – die einzigartigen Laufwege eines Kreisligastürmers würden da mit Sicherheit für einen größeren Überraschungseffekt sorgen. Zudem habe ich von meinen Mitspielern nicht umsonst den kreativen Spitznamen „Torjäger“ verpasst bekommen – besonders, wenn es auf die letzten Spielminuten zugeht und der „Lucky Punch“ benötigt wird.

Ein Stürmer ist jedoch auch nur so gut wie seine Vorbereiter, und was ich da gerade zum Ende der Hinrunde gesehen habe, hat mir schon richtig gut gefallen! Es haben aus meiner Sicht lange Spieler gefehlt, die hinter oder neben den Spitzen Alarm machen und auch Verteidiger von den Stürmern wegziehen können. Gerade Jan Thielmann und Ismail Jakobs haben das gegen Jahresende dann ja auch richtig gut hingekriegt, genau wie Noah Katterbach. Alle drei bringen auch den nötigen Bock mit, schnell wieder in den Rückwärtsgang zu schalten. Natürlich kann es auch immer wieder „Dellen“ in der Entwicklung geben – das kenne ich aus der Kreisligastaffel 3 selbst nur zu gut – doch wenn die Jungs weiter so reinhauen, wird das Potential am Ende reichen.

A propos Potential: Auch Sebastiaan Bornauw hat mich extrem überzeugt. Mit seiner Ausstrahlung und Abgeklärtheit ist er schon jetzt ein Führungsspieler, der nur noch auf dem Papier zur jungen Garde zählt. Es ist als Effzeh-Fan einfach schön zu sehen, wenn nach vielen Jahren „Ebbe“ mal wieder richtig gute, junge Spieler nachkommen – und noch schöner, dass sie auf dem Platz immer mit 100 Prozent zur Sache gehen. Das bringt frischen Wind und war ja dann auch einer der Hauptgründe für den positiven Jahresausklang.

Was macht Poldi?

Wer uns Effzeh-Fans kennt, weiß, dass wir gerne in der ruhmreichen Vergangenheit leben, den Blick allerdings jetzt bereits Richtung durchwachsene Zukunft richten. Da wünschen sich viele Fans Lukas Podolski zurück, diese Rufe sind allerdings durch die positiven letzten Ergebnisse und die Verpflichtung von Mark Uth leiser geworden… von wegen. Wer nicht erst seit gestern Effzeh-Anhänger ist, weiß, dass die Uhren in der Domstadt gerade in Bezug auf den Prinzen anders ticken.

Ich habe bereits versucht, ihm etwas über seinen nächsten Verein zu entlocken, allerdings antwortet er mir seit Wochen nur noch auf Japanisch, und das beherrsche ich leider so gut wie Marco Höger den Tempogegenstoß. Ein Wechsel von Poldi jedoch würde mich natürlich für ihn und die Leute freuen – es wäre schon ein Hammer, wenn das nochmal klappen würde! Bekanntlich kann unser Kölscher Weltmeister von 2014 die Fans mitziehen, und das ist im Abstiegskampf mit Sicherheit nicht die schlechteste Eigenschaft.

Wem Coach Markus Gisdol beim Kampf um den Klassenerhalt nicht mehr vertraut, ist Louis Schaub. Anscheinend wird nicht primär auf filigrane Techniker gesetzt – weshalb es mich nun noch mehr wundert, dass ich damals am Geißbockheim keine Chance erhalten habe. Nur wer schon einmal auf einem durchnässten Ascheplatz in Happerschoß aufgelaufen ist, weiß wirklich, was Dreckiges Spiel bedeutet!

Eine Runde Kölsch auf mich

Das Ziel für das neue Jahr heißt also logischerweise: Hauptsache Klassenerhalt! Um diesen zu erreichen, müsste man vielleicht auch mal etwas tiefer in die Trickkiste greifen. Als BWL-Student würde ich mich anbieten, mit den Abwehrspielern das Thema „Deckungsbeitrag“ einmal durchzugehen, im Mittelfeld könnten wir bei Bedarf eine Kosten-/Nutzenanalyse der einzelnen Laufwege aufstellen. Wichtig ist nur, dass die Jungs weiter unbedarft und bloß nicht zu verkopft an die Aufgabe herangehen!

Denn gemeinhin geht der Effzeh ja auch immer als ein etwas chaotischer Verein, über die Stimmung in der Kabine wird viel gesprochen und geschrieben. Da braucht es Spieler, die sich unterordnen und sich in den Dienst der Mannschaft stellen, beispielsweise einmal die Bälle zum Training tragen oder vielleicht auch mal eine Runde Kölsch schmeißen. All dies sähe ich in meinem Aufgabenbereich, getreu dem Motto: Alles für den Club!

Einzige Voraussetzung: Der Effzeh läuft auch in den kommenden Jahren weiter in Müngersdorf auf. An einem Ort wie Pulheim oder Frechen professionell Fußball zu spielen, ist für mich schwer vorstellbar – da braucht es schon einiges mehr, um Happerschoß zu verlassen. Hier hat man eine wunderbare Aussicht, es gibt sogar echte Berge – und nicht nur Berge von Problemen wie am Geißbockheim.

Auch wenn es im neuen Jahr nicht klappen will mit dem Sprung zu den FC-Profis, halte ich meinem Club weiterhin die Treue. Ich werde weiterhin genau beobachten, was rund um Köln Müngersdorf passiert, und vielleicht sogar meinen Hut nochmal in den Ring werfen. Nur vielleicht nicht unbedingt dienstags und donnerstags abends. Da ist bekanntlich Training beim SSV Happerschoß. Und da gilt noch immer: Wer nicht kommt, spielt nicht!

So wurde Darius Hennekeuser zum Star

Satiriker Jan Böhmermann moderierte von Oktober 2013 bis zum Dezember 2019 die Sendung „Neo Magazin Royale“ auf dem Fernsehsender „ZDFneo“. Im Rahmen dieser Show strahlte der Komiker auch zweimal jährlich eine Sondersendung mit dem Titel „Lass dich überwachen“ aus. Das Konzept dieser Show: Das Redaktionsteam durchforstet im Vorfeld der Sendung das Internet nach lustigen, skurrilen und auch peinlichen Fakten über die anwesenden Studiozuschauer. Das Ziel: Sie darauf aufmerksam machen, welche Fußabdrücke sie (beabsichtigt oder nicht) im Internet hinterlassen. Im Falle von Darius Hennekeuser reichte dem Redaktionsteam bereits sein Profil in einer Internet-Fußballdatenbank, um ihn zum neuen Hoffnungsträger des deutschen Fußballs zu erklären.

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Satiriker Jan Böhmermann machte Hennekeuser über Nacht zum größten Fußballtalent Deutschlands (Foto: Screenshot Youtube)

Als Darius völlig überrascht aus dem Publikum auf die Bühne gebeten wird, hat er noch keine Ahnung, was ihn in den nächsten Minuten erwartet: In einem sehr unterhaltsamen Video, angelehnt an die Sport-Dokuserie „All or Nothing“, äußert sich die gesamte deutsche Fußballszene zu den schier unglaublichen Qualitäten Hennekeusers. So erklärt Weltmeister Mats Hummels, er habe beim Anblick von Darius‘ Können gar seine Karriere beenden wollen, Nationalspieler Leon Goretzka sagt: „Der liebe Gott hat einen Fleck auf dieser Erde geküsst – und das ist der rechte Fuß von Darius Hennekeuser“. Zum Abschluss muss der glühende Effzeh-Fan in Müngersdorf gar noch eine Challenge gegen einen ehemaligen Spitzentorhüter bestreiten – das komplette Video ist hier abrufbar und extrem sehenswert.

Angesprochen wird er auf seinen Auftritt natürlich auch in der Kreisliga noch. „Neben dem Platz gab es seitdem kaum ein anderes Gesprächsthema“, sagt der sympathische Kreisliga-Stürmer Köln.Sport. „Auf dem Platz hat sich jedoch bis auf ein paar freundliche Sprüche eigentlich nichts verändert.“ Was „Weltstar“ Hennekeuser nach all dem Medienrummel auch ganz recht sein dürfte…