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Köln.Sport

Hallensituation: Hilfe für die Helfenden

Belegte Sporthalle

Viele Turnhallen sind aktuell für Sportvereine nicht nutzbar
Foto: pa/Stefan Sauer

Insbesondere in Köln stellt sich der Sport seiner sozialen und integrativen Verantwortung. Doch die Überbeanspruchung der Sportstätten trifft ihn hart.

Von Köln aus erreichte die anhaltende Diskussion über die Rolle des Sports in der Flüchtlingsfrage die große nationale Bühne. Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes und damit Vertreter von über 27 Millionen Mitgliedern in knapp 90.000 Sportvereinen, äußerte sich im Rahmen der 5. Sportkonferenz im Deutschlandfunk ausführlich zur aktuellen Lage und kritisierte speziell die flächendeckende Umfunktionierung von Sporthallen zur Unterbringung von Flüchtlingen. So zeigte der Sportfunktionär auf, dass in Deutschland mittlerweile 1.000 Hallen für die Unterbringung genutzt werden. Bis zum Jahresende könnten 500 weitere hinzukommen.

„Der bequemste Weg ist es, eine Turnhalle umzufunktionieren. Dort gibt es Sanitäranlagen, große und warme Räume“, so Hörmann, der insbesondere bemängelte, dass für die Unterbringung nicht vielfach leerstehende Kasernen oder Museen genutzt würden. Durch diese Entscheidungen würde der Sport um seine Stärken als Vorreiter im Bereich Integration gebracht. Aus Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, das bundesweit die meisten Flüchtlinge aufnimmt, berichtete Hörmann, dass zuletzt rund 200 Ligaspiele in verschiedensten Sportarten nicht hätten stattfinden können und einige betroffene Vereine einen Mitgliederrückgang von bis zu 30 Prozent zu verzeichnen hätten. „Wenn wir keine kreativen Lösungen finden, kann das eine Erosion nach sich ­ziehen“, warnt Hörmann.

Das Bewusstsein schärfen

Eine Warnung, mit der sich der Kölner Sport bereits vor geraumer Zeit an die Öffentlichkeit wandte. Während sich in ganz Nordrhein-Westfalen die Zahl der Hallen, die wegen der Umfunktio­nierung zu Schlafstätten nicht von Sportvereinen genutzt werden können, binnen eines Monats mehr als verdoppelt hat (aktuell 400), sind in Köln derzeit bereits neun Dreifachhallen belegt, zwei weitere ­werden für eine Unterbringung überprüft.

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„Bis zum Jahresende werden weitere 3.000 Menschen in Köln erwartet. Um temporäre Notmaßnahmen gewährleisten zu können, sollen noch zehn weitere Hallen für eine Nutzung überprüft werden“, sagt der Leiter des Kölner Sportamtes, Dieter Sanden. „Unsere Vereine leisten enorm viel in Sachen Integration. Aus allen Bezirken rufen Vertreter an und fragen, wie sie helfen können“, schildert er. Doch es besteht große Sorge, dass der Sport seine positive Kraft schon bald nicht mehr entfalten kann. Stefan Lamertz, der Geschäftsführer des Stadtsportbundes Köln, geht in die Offensive: „Die Sportvereine sind der soziale Kitt der Gesellschaft. Doch dafür müssen wir auch Sportmöglichkeiten haben. Deshalb fordern wir einen Stopp der Hallenbelegungen. Es müssen andere Lösungen her.“

Flächen zur Verfügung gestellt

Doch der Kölner Sport stellt nicht nur berechtigte Forderungen, er sucht und bietet sogar selbstständig konstruktive Lösungen an. In der Hoffnung, die Hallenproblematik zu entzerren, bot das Sportamt mit den Sportplätzen in Ossendorf und Mülheim der Stadt zwei rund 10.000 Quadratmeter große Flächen an, die zur Errichtung von dauerhaften Unterbringungsmöglichkeiten genutzt werden können. „Dieser Vorschlag ist sehr gut angekommen. Das Verfahren ist gestartet“, bestätigt Sanden, der hofft, dass die regelmäßige Kommunikation mit Verwaltung und Politik Früchte tragen und das Bewusstsein für die ­Bedeutung des Sports schärfen wird.

Trotz aller Probleme und Ängste, die auf Seiten der Sportvereine vorherrschen: Vorwürfe gibt es nicht. „Der Kölner Sport arbeitet Hand in Hand. Die Vereine rücken näher zusammen. Wir wurden auch von der Stadt großartig unterstützt“, sagt Ilona Nikelis, 2. Vorsitzendes des Rollstuhlclubs Köln. Wie kaum ein anderer Verein ist der RSC von der Hallenproblematik betroffen, musste mit seiner Tischtennisabteilung schon mehrfach umziehen. Aktuell wird in einer Halle der Bundeswehr gespielt. Den Vorschlag, dort Sport zu treiben, hat der Verein eigeninitiativ an die Stadt herangetragen. Das beispielhafte ehrenamtliche Engagement der Vereine ist es, das trotz der alarmierenden Lage dafür sorgt, dass der Sport (noch) nicht zum Erliegen gekommen ist. Langfristig muss es jedoch auch andere Wege geben.

Text: Stefan Kühlborn