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God save the FC?

Der FC erfreut sich in England zunehmender Beliebtheit Fotomontage: Köln.Sport

Der FC erfreut sich in England zunehmender Beliebtheit
Fotomontage: Köln.Sport

Die Fußball-Bundesliga boomt in Großbritannien. Immer mehr Fans zieht es von der Insel ­herüber in die Stadien der ­Republik. Das geht natürlich auch am 1. FC Köln nicht spurlos vorbei.

Es ist kalt an diesem Mittwochabend in Köln-Müngersdorf, schrecklich kalt. Trotzdem lassen es sich zahlreiche FC-Fans nicht nehmen, vor dem Spiel gegen den VfB Stuttgart ein Bierchen zu trinken und über das kommende Spiel zu philosophieren. Oder die Erlebnisse vom Auswärtssieg in Hamburg zu berichten. Es wird gelacht, diskutiert und herzlich gestritten. Beim Kölsch op Kölsch. Und auf Englisch. Moment – auf Englisch?

Immer häufiger ist die Weltsprache im RheinEnergie­Stadion und rund um die WM-Arena zu hören. Viele Fußballfans zieht es aus dem Vereinigten Königreich zu Bundesliga-Spielen in der ganzen Republik, auch in Köln. Und einige verlieren dabei ihr Herz an den FC. So wie Stuey Nichols, der zusammen mit drei Freunden von der Insel zum Heimspiel gegen Stuttgart gepilgert ist.

Rein optisch unterscheidet sich der Mittdreißiger aus dem Nordwesten Englands nicht von den anderen Kölner Anhängern. ­Einen FC-Schal um den Hals gebunden, spricht er über die Mannschaft, das kommende Spiel und den Auswärtssieg in Hamburg, wo er ebenfalls zu Gast war. Würde er nicht breitestes Englisch sprechen – Stuey würde definitiv als ein Jung von der Südkurve gelten.

Sofort Feuer und Flamme für den FC

Denn das ist er auch. „Ich war das erste Mal 2010 im Müngersdorfer Stadion“, erklärt er und schiebt den Gegner gleich hinterher: „Gegen Borussia Dortmund!“ Aus ­Stueys Mund klingt es wie ein Europapokal-Match. Er war gleich Feuer und Flamme für den FC. Diese Atmosphäre, die kölschen Lieder, die Begeisterung der Fans – sein Herz schlug sofort für die „Geißböcke“.

In seiner Heimatstadt Barrow-in-Furness im Nordwesten Englands unterstützt er den örtlichen Klub – der AFC dümpelt in der sechsten Liga herum. Fußballerische Magerkost scheint Stuey also gewohnt zu sein. Für Leute wie ihn ist die erste Strophe der FC-Hymne praktisch geschrieben worden. „Üvverall jitt et Fans vom FC Kölle“ heißt es da – und es ist zwar von Rio und Rom die Rede und nicht von Barrow-in-Furness, aber wie so oft in Köln geht es mehr um das Gefühl als um die Fakten.

Auf Auswärtstour mit dem 1. FC Köln: Stuey Nichols (l.) erfreut sich zusammen mit seinen englischen Fanclub-Kollegen nicht nur am 2:0-Sieg seiner "Geißböcke" in Hamburg Foto: privat

Auf Auswärtstour mit dem 1. FC Köln: Stuey Nichols (l.) erfreut sich zusammen mit seinen englischen Fanclub-Kollegen nicht nur am 2:0-Sieg seiner „Geißböcke“ in Hamburg
Foto: privat

Seit seinem „Erweckungserlebnis“ gegen die Dortmunder reist er nun regelmäßig nach Köln zu den Heimspielen und ist auch auswärts mittendrin, sogar Mitglied im Verein ist er geworden. Weder Kosten noch Mühen scheut der Engländer dabei. „Es ist schon teuer“, sagt er und muss dabei über sich selbst lächeln, „sehr, sehr teuer!“

Anschluss in Köln hat ­Stuey gleich gefunden. Über das Internet lernte er Fans in Köln kennen, die er mittlerweile bei den Spielen stets besucht, mit Gleichgesinnten hat er sogar einen britischen Fanklub gegründet. „1. FC Köln UK“ berichtet auf Facebook und Twitter über die Geschehnisse rund um die „Geißböcke“ und ist Anlaufstation für viele FC-Fans auf der Insel. „Wir sind schon einige Mitglieder“, sagt Stuey und berichtet: „Der FC ist zwar nicht mehr so bekannt in England, aber spätestens seit dem Aufstieg wird es besser und besser.“

„Keine Hipster, sondern richtige FC-Fans“

Das ist den englischen FC-Fans aber egal – wie auch ­Jonathan, ein im Rheinland aufgewachsener Engländer, der den Jungs in Köln als Ansprechpartner dient, anmerkt. „Das sind nicht so Fußball-Hipster wie in Dortmund“, wirft er ein, „die Jungs sind richtige FC-Fans.“

Gerade Dortmund gilt als der große Hype in England. Volles ­Stadion, riesige Stimmung, erfolgreiches Team und vor allem: günstige Eintrittspreise. Der BVB zieht Stadiontouristen von der Insel, die die Premier League satt haben oder sich die Tickets bei ihren Klubs nicht mehr leisten können und wollen, an wie ein Magnet. Mittlerweile haben sich die Dortmunder darauf eingestellt, es gibt Stadionführungen auf englisch. Auch RyanAir rea­gierte: Der Billigfluganbieter stellte die Reisezeiten aus London um, so dass die englischen Fans passend zu den Heimspielen der Dortmunder anreisen können.

Der FC merkt ebenfalls, dass der Zuspruch anzieht. Frei nach dem Motto: Spielen die „Geißböcke“ nicht international, wird das Publikum eben internationaler. „Die Zahl der Ticket­anfragen ist seit dem Aufstieg gestiegen“, bestätigt Rainer Mendel, FC-Fanbeauftragter. Der Klub hat auf die zunehmende Internationalisierung der Anhängerschaft reagiert: Es gibt einen englischsprachigen Facebook-­Account, auch getwittert wird seit Kurzem in der Weltsprache.

Auch in München und Dortmund dabei

Etwas, auf das vermehrt gesetzt wird. „Wir werden im Social-Media-Bereich das englischsprachige Angebot weiter ausbauen. So haben wir bereits jetzt einen englischen Facebook- und Twitter-Auftritt. Auch auf unserer Website wird künftig der englische Bereich deutlich intensiver redaktionell gepflegt“, erklärt der Verein.

Eine Entwicklung, die Fans wie Stuey Nichols entgegenkommt. Denn: Es ist gar nicht so einfach, den Geschehnissen rund um den FC aus der Entfernung zu folgen. „Ich informiere mich über Twitter und Facebook“, betont der Engländer die Wichtigkeit des Social-Media-Auftritts des Vereins. „Und für die restlichen News habe ich Freunde wie Jonathan, die mich auf dem Laufenden halten.“

Natürlich wird er auch wieder im Stadion vorbeischauen. Bei den Auswärtsspielen in München und Dortmund ist ­Stuey wieder am Start. Er wird sicherlich nicht der Einzige im Gästeblock sein, der vor und während der Partie auf Englisch über den FC fluchen, diskutieren und lachen wird. Und vielleicht, wer weiß das schon, wird eines Tages auch Barrow-in-Furness in der ersten Strophe der FC-Hymne besungen.

Thomas Reinscheid