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Köln.Sport

Galopper mit Weitsicht

Wird in Köln trainiert: Fuchshengst Angreifer Foto: German Racing

Wird in Köln trainiert: Fuchshengst Angreifer
Foto: German Racing Next Generation

Elitär, versnobt und leicht angestaubt: Dieses landläufige Image des Galoppsports will der studentische Rennstall „just4turf“ aufpolieren und wendet sich bewusst an junge Leute, die Teil der faszinierenden Galoppwelt werden möchten.

Am 7. Oktober 2012 rieben sich Galoppsport-Fans verwundert die Augen: Beim Großen Preis der Landeshauptstadt in Düsseldorf siegte im „Schloss Roland Rennen“ ein Vollblüter, dessen Name zum ersten Mal überhaupt in einer Starterliste auftauchte und mit dessen Rennstall selbst eingefleischte Experten wenig anfangen konnten. Humor hieß der Hengst, den Star-Jockey Andrasch Starke gleich bei seinem Debüt für den neu gegründeten studentischen Rennstall „just4turf“ mit deutlichem Vorsprung zum Sieg ritt.

Damit landeten die Galopp-Newcomer aus Köln einen Achtungserfolg, der auch beim Gestüt Röttgen für lachende Gesichter sorgte. Dort, in Heumar, hatte Trainer Markus Klug schon seit Längerem mit Humor gearbeitet, und die Idee eines Nachwuchs-Rennstalls kam so gut an, dass der damals dreijährige Schimmel den Studenten für den Start in den Galoppzirkus zur Verfügung gestellt wurde.Das Konzept von „just4turf“ ist schnell erklärt: Für einen Jahresbeitrag von 50 Euro können Galopp-­Begeisterte bei dem Rennstall einsteigen und bekommen dafür exklusive und hautnahe Einblicke in den Trainings- und Rennbetrieb. Binnen zweieinhalb Jahren ist der Verein auf mehr als 100 Mitglieder aus ganz Deutschland angewachsen – Tendenz steigend.

Blick hinter die Kulissen

„Wir wollen mit unserem Projekt jungen Leuten Zugang zu einer Sportart bieten, die spannend und eindrucksvoll, aber eben auch sehr teuer ist“, sagt André Assenmacher, Mitbegründer und Rennstall-Leiter bei „just4turf“. Rund 20.000 Euro pro Jahr kostet alleine der Unterhalt eines Rennpferdes. „Davon decken unsere Mitgliedsbeiträge natürlich nur einen kleinen Teil ab“, betont Assenmacher. Finanzielle Unterstützung erhält der Rennverein von einem Sponsor, der den mittlerweile auf dem Gestüt Görlsdorf nordöstlich von Berlin lebenden Humor finanziert. Auch die Mehl-Mülhens-Stiftung, zu der das Kölner Gestüt Röttgen gehört, ist im Boot und sponsert das zweite „just4turf“-Pferd, den Fuchshengst Angreifer.

„Uns geht es nicht in erster Linie darum, Gewinne einzustreichen. Wir wollen an Renntagen gemeinsam Spaß haben, und mit einem eigenen Pferd am Start fiebert man nochmal ganz anders mit“, beschreibt Assenmacher das gewisse Etwas bei „just4turf“. „Verbissenheit, wie sie auf der Rennbahn leider häufiger vorkommt, gibt es bei uns nicht.“ Die Preisgelder, die Humor und Angreifer erlaufen, werden nicht ausbezahlt, sondern fließen in die Vereinsarbeit. Der Sieg von Humor bei seiner Premiere in Düsseldorf ist bisher der einzige in der Historie des Rennstalls geblieben. „Platzierungen haben wir aber immer mal wieder“, freut sich der Leiter.

Dass die Pferde regelmäßig von Top-Jockeys wie Andreas Helfenbein, Eduardo Pedroza, Dennis Schiergen oder eben Andrasch Starke geritten werden, zeigt deren Qualität. Feste Pläne, bei welchen Rennen Humor und Angreifer in dieser Saison an den Start gehen, gibt es noch nicht. „Das geht meistens recht kurzfristig, wir vertrauen da dem Urteil der Trainer“, so Assenmacher. Firmiert wurde „just4turf“ unter dem Dach des German Racing Next Generation e.V. (GRNG), der offiziellen Nachwuchsorganisation des deutschen Galopprennsports. Der Rennstall ist eines von drei großen Projekten des im Mai 2012 gegründeten Clubs, der sich als „Stimme der jungen Generation im Turf“ versteht.

Große Unterstützung für den Rennstall: Die Studenten stehen voll hinter dem Projekt Foto: German Racing Next Generation

Große Unterstützung für den Rennstall: Die Studenten stehen voll hinter dem Projekt
Foto: German Racing Next Generation

Fit für die Zukunft

„Wir wollen viel mehr junge Turf-Fans in ganz Deutschland gewinnen und den Rennsport fit für die Zukunft machen“, sagt Jochen Drepper, Vorstandsvorsitzender des GRNG. ­Neben dem Rennstall, der im Herbst 2012 im Rahmen eines studentischen Ideenwettbewerbs zur Zukunft des Galopprennsports entstand, widmet sich der Verein in erster Linie der Planung von Events und Partys, die jungen Leuten – im Übrigen nicht nur Studenten, sondern allen, die Lust haben, mitzumachen – die Faszination Galopp näherbringen sollen.

„Wir organisieren auch Reisen zu großen Veranstaltungen wie dem Prix de l’Arc de Triomphe in Paris, dem White Turf in St. Moritz oder dem Irish Champions Meeting in Dublin“, erzählt Drepper. Fans des Galoppsports oder ­denen, die es werden möchten, bietet der GRNG das volle Turf-Programm. „Uns geht es um die Zukunft dieses Sports“, sagt der Vorstandsvorsitzende.­ „Wir wollen den Nachwuchs mit den Etablierten zusammenbringen, Netzwerke schaffen und Synergien ausnutzen.“ Etwa 150 Mitglieder zählt der Verein bereits, zwei Drittel von ihnen sind aktive Rennstall-Teilhaber.

Dass die Impulse des Clubs zur Modernisierung des traditionsreichen Sports hier und da auf Skepsis stoßen, sei zu erwarten gewesen, räumt Assenmacher ein. „Wir wollen aber niemanden ärgern, sondern nur ein bisschen frischen Wind reinbringen. Unser Engagement für die Nachwuchsarbeit kann dem deutschen Turf nur zugutekommen.“

Svenja Dahlhaus