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Köln.Sport

FVM-Pokal: „Extra-Motivation braucht keiner“

Mike Wunderlich (Viktoria Köln) und Daniel Flottmann (Fortuna Köln)

Trafen sich bei Köln.Sport zum Doppelinterview: Viktoria Kölns Kapitän Mike Wunderlich (l.) und Fortunas Spielführer Daniel Flottmann
Foto: Köln.Sport/Sabine Stein

Ein Pokalfinale – das ist immer auch Chefsache. Bei Köln.Sport trafen deshalb mit Daniel Flottmann und Mike Wunderlich die Kapitäne von Fortuna und Viktoria aufeinander.

Am 28. Mai ist es endlich so weit: Das kölsche ­Finale zwischen Fortuna und Viktoria steht auf dem Programm. Für die Fans ein Traum, für euch auch?

Mike Wunderlich: Es ist immer schön, gegen Fortuna zu spielen, für uns ist das Derby ein absolutes Highlight. In den Vorjahren war es das Halb- beziehungsweise Viertelfinale, jetzt ist es in Bonn mit dem Endspiel der passende Rahmen. Hoffentlich wird es für die Zuschauer und auch für uns ein schönes Spiel. Die Vorfreude ist jedenfalls schon da!

Daniel Flottmann: Eine ganze Saison ohne Derby? Das wäre doch auch nichts. Ein bisschen Nervenkitzel zum Abschluss der Saison kann ich auf jeden Fall ganz gut gebrauchen! Ihr kennt beide das Gefühl, im Finale zu stehen und es auch zu gewinnen.

Eine Erfahrung, die für das anstehende Duell hilft?

Flottmann: Also ich muss ehrlich sagen: Ich kann mich kaum noch daran erinnern, wie es im Pokalfinale ist. Das ist schon verdammt lange her. Ich kann mich aber gut genug daran erinnern, vor der Saison gesagt zu haben, dass ich das Gefühl vermisse. Deswegen war der Einzug ins Finale auch eines unserer Saisonziele. Dass wir es erreichen und dann auch noch gegen Viktoria, ist umso schöner.

Hat man sich in den letzten Jahren geärgert, dass ihr bereits vor dem Endspiel aufeinandergetroffen seid? Sich im Finale gegenüberzustehen ist dann sicherlich ein anderes Gefühl.

Flottmann: Auf jeden Fall. Das war 2013 gegen Aachen schon geil, weil da richtig viel los war. Am Finaltag ist die Spannung nochmals ganz anders. Wer es letztlich ins Endspiel schafft, der hat es auch verdient. Aber ganz klar: Ich habe nach unserem Finaleinzug der Viktoria die Daumen gedrückt, dass auch sie es schaffen!

Mike, für Viktoria ist das Endspiel-Feeling noch etwas frischer, das Team holte in den vergangenen beiden Jahren den Pott. Wie ist die Gefühlslage bei euch vor dem 28. Mai?

Wunderlich: Natürlich wollen wir den dritten Pokaltitel in Serie holen. Wenn man ein solches Finale spielt, dann will man es auch gewinnen. Vor allem nach unserer Saison – wir waren Ende März schon wieder aus der Verlosung um den Aufstieg ausgeschieden. Das ist sehr enttäuschend, aber dafür wollen wir umso mehr dieses Endspiel gewinnen. So haben wir bereits in den letzten beiden Jahren unsere Saison positiver gestaltet. Wenn uns das diesmal wieder gelingt, wäre das für den Verein und auch für Herrn Wernze, der ein Pokal-Verrückter ist, sehr wichtig. Wir haben ja in dieser Saison gesehen, wie schön eine Pokalsaison sein kann.

Sind denn 2016 aller guten Dinge drei gegen Fortuna? Liegt euch das Duell mit den Südstädtern etwa?

Wunderlich: Liegen? Schaut man sich die Duelle in der Vergangenheit an, dann sieht das – bis auf die Pokalspiele – nicht gut für uns aus. Wir haben in den Derbys in der Liga immer den Kürzeren gezogen. Vor zwei Jahren haben wir durch Fatihs Sonntagsschuss sehr, sehr glücklich gewonnen. In der Verlängerung hätten wir das Ding sicher nicht gezogen. Beim 2:0 in der vergangenen Saison haben wir ein sehr gutes Spiel gemacht und sind verdient weitergekommen. Aber liegen? Nein, die Duelle waren immer eng.

Fortuna stand in den letzten beiden Jahren ausgerechnet der Lokalrivale im Weg, wenn es um den Pokal ging. Ist das eine Extraportion Motivation für das Team?

Flottmann: Wir können uns noch sehr gut an diese Rückschläge erinnern. Gerade im letzten Jahr sind wir im direkten Aufeinandertreffen vieles schuldig geblieben, was wir diesmal im Finale besser machen wollen. Aber: Wer an diesem Tag noch Extra-Motivation braucht, dem ist nicht mehr zu helfen. Wir sind nicht wegen der letzten Jahren so heiß auf das Spiel, sondern weil die Aufgabe so geil ist.

Die Aufgabe ist aber auch, dass ihr der ligenhöhere ­Verein seid. Seht ihr euch gegen Viktoria denn in der Favoritenrolle? Oder begegnet ihr euch auf Augenhöhe?

Flottmann: Definitiv auf Augenhöhe, es gibt keinen Favo­riten. Es ist ein Finale, da sind die Chancen aus meiner Sicht immer fifty-fifty, viel kommt auf die Tagesform an. Auf beiden Seiten gibt es eine hohe Qualität, darauf kann man sich freuen. Aber warum sollten wir die Favoritenrolle annehmen? Das wäre doch Quatsch! Viktoria hat viel Qualität, besonders durch starke Einzelspieler wie Mike.

Mike Wunderlich, Kapitän Viktoria Köln

Will den dritten Titel in Serie im FVM-Pokal feiern: Viktoria Kölns Kapitän Mike Wunderlich
Foto: imago/Revierfoto

Ist diese Qualität beim Gegner für euch vielleicht ein Vorteil, Mike? In der Liga hat Viktoria gerade gegen schwächere Mannschaften oft gepatzt, aber gegen die Topteams immer stark ausgesehen.

Wunderlich: Das könnte sein. Unsere Saison ist so verkorkst, weil wir gegen die Teams aus den unteren Tabellenregionen viele Punkte liegen gelassen haben. Von den sogenannten Topspielen haben wir dagegen keins verloren. Ein Finale ist aber immer auf Augenhöhe: Auch wenn Fortuna eine Liga höher spielt, wissen wir, dass wir an einem guten Tag das Ding gewinnen können. Dennoch denke ich, auch wenn „Flotti“ das nicht so gern hören wird, dass Fortuna ein Stück weit der Favorit sein wird. Nicht nur aufgrund des Ligaunterschieds, sondern vor allem durch ihr Auftreten in dieser Saison. Davor muss man den Hut ziehen! Zwischenzeitlich haben wir sogar gehofft, dass Fortuna Vierter in der Liga wird, damit wir beide in den DFB-Pokal einziehen können. (lacht)

Der Viktoria-Kader hat sich im Sommer sehr verändert. Gibt es trotzdem etwas, das ihr aus den vergangenen Duellen mitnehmen könnt?

Wunderlich: Teile kann man sicherlich mitnehmen, aber auf beiden Seiten hat sich einiges geändert. Wie schon gesagt: Vor zwei Jahren war es ein Glücksschuss, letzte Saison ein hochverdienter Erfolg, aus dem wir unsere Schlüsse­ ziehen können. Wir waren körperlich präsent und haben die letzte Leidenschaft auf den Platz gebracht. Etwas, das uns sonst oft nicht nachgesagt wird. Die Saison hat gezeigt: Wenn wir über die Zweikämpfe ins Spiel kommen, dann kommt auch das Fußballerische. Das gilt es mitzunehmen.

Auch Fortuna ist ein anderes Team als noch im Vorjahr – vielleicht nicht personell, aber doch von der Spielweise. Der Blick auf das Torverhältnis zeigt ein deutlich offensiveres Vorgehen. Braucht es diese Durchschlagskraft, um Viktoria am 28. Mai zu knacken?

Flottmann: Ich kann eines sagen: Die vorherigen Spiele werden wir uns auf keinen Fall angucken. Und auf das Torverhältnis, da schaue ich schon lang nicht mehr drauf. Das erspar ich mir als Abwehrspieler lieber. (lacht) Im Ernst: Wir haben aus der vorherigen Spielzeit geschlossen, dass wir zu wenig Tore machen, daran wollten wir etwas ändern. Wir haben einen Weg gefunden, das hinzubekommen – ohne Risiko ging das leider nicht ab. Es fehlte uns mitunter an der richtigen Balance zwischen Abwehr und Angriff. Wenn wir die Balance hatten, dann waren wir erfolgreich. Wir haben aber mit Julius Biada und Marco Königs auch zwei super Stürmer, die uns in der Liga gehalten haben. Wenn wir die in Szene setzen, dann können wir uns schon zum Jubeln bereit machen. Aber um im Endspiel erfolgreich zu sein, müssen wir unsere individuellen Fehler abstellen und unsere Zielstrebigkeit beibehalten. Mikes Plan klingt da schon ganz gut: Wir müssen das Finale zu einem Spiel machen, das sich um Arbeit, Laufen und Kämpfen dreht. Das andere kommt dann von ganz allein.

Also der klassische Pokalfight?

Flottmann: Ich wäre enttäuscht, wenn das nicht so wäre. Ich glaube schon, dass man erst arbeiten muss, um am Ende belohnt zu werden. Ich weiß auch, was unsere Fans von uns erwarten – und damit kann ich mich voll identifizieren. Wenn der Funke vom Rasen auf die Tribüne überspringt und von da aus wieder zurückkommt, dann ist auf jeden Fall einiges möglich!

Für Fortuna ist die Drittliga-Saison ­bereits zwei Wochen vor dem Endspiel beendet. Könnte das eine Pause sein, die ihr am 28. Mai in Bonn ausnutzen könnt?

Wunderlich: Das weiß ich nicht. Gerade durch den Derby-Charakter im Finale denke ich nicht, dass bei der Fortuna die Luft heraus sein wird. Für uns geht es im Saison-Endspurt auch nicht mehr um viel, da fehlt mitunter schon die hundertprozentige Gier. Für uns ist es aber schon gut, dass wir im Rhythmus bleiben können. Bei der Situation, wenn man zwei Wochen Pause hat, gibt es Vor- und Nachteile. Das zu beurteilen ist schwierig.

Flottmann: Ich würde mir das an Viktorias Stelle auch einreden, dass wir aus dem Rhythmus kommen. (schmunzelt) Wenn ich mein Team beleuchte, dann könnte man aber durchaus den Eindruck haben, dass die Pause nicht förderlich für uns ist. Wir sind eben eine Wettkampftruppe. Aber andererseits können wir unsere Kräfte bündeln und uns komplett auf das Spiel vorbereiten. Ich bin felsenfest überzeugt, dass wir den Spannungsbogen zum Finale hinbekommen werden.

Du sagst, Fortuna sei eine Wettkampftruppe. Das scheint insbesondere für Flutlichtspiele zu gelten. Hast du da ein wenig auf die Ansetzung geschielt und dich gefragt, ob nicht eine Partie um 20.15 Uhr besser für euch gewesen wäre?

Flottmann: Als Sportler ist Flutlicht schon etwas Tolles, das gilt bestimmt auch für die Viktoria. Aber da steht abends noch ein anderes Spiel an (das Champions-League-Finale wird ebenfalls am 28. Mai ausgetragen, Anm. d. Red.), von daher ist das von uns abgesegnet, dass wir schon um 17 Uhr antreten. Vielleicht können wir ja auch so die Lichter anmachen, um uns in die richtige Stimmung zu bringen.

Die richtige Stimmung wird auch bei euch wichtig sein, Mike, denn es wird das letzte Spiel von Tomasz ­Kaczmarek als Viktoria-Trainer sein. Hat das in irgend­einer Form Einfluss?

Wunderlich: Für uns könnte das ein positiver Anreiz sein. Tomek hat es absolut verdient, dass wir als Mannschaft in Bonn alles raushauen und ihm einen schönen Abschied bereiten. Er hat in den anderthalb Jahren bei uns richtig gute Arbeit geleistet, es haben leider nur Kleinigkeiten gefehlt. Mir tut es ein Stück weit leid für ihn, auch wenn das vielleicht im Fußball nicht ganz angebracht ist, dass einem jemand leidtut. Unser Verein ist nicht immer einfach, dennoch hat Tomek in seinen jungen Jahren tolle Arbeit geleistet. Er hat es daher verdient, dass wir nochmals alles geben, das sind wir ihm als Mannschaft einfach schuldig.

Daniel Flottmann, Kapitän Fortuna Köln

Der Klassenhöhere als Herausforderer: Kapitän Daniel Flottmann will mit Fortuna Köln nach drei Jahren endlich wieder in den DFB-Pokal
Foto: imago/Eibner

Bei der Fortuna wird es dagegen das letzte Spiel einer zufriedenstellenden Saison, die mit dem vorzeitigen Klassenerhalt einherging. Ist der Pokal für euch das i-Tüpfelchen auf einer gelungenen Saison?

Flottmann: Ich würde sagen, dass die Spielzeit für Fortuna-Köln-Verhältnisse erst mit dem Pokalsieg perfekt wäre. Das haben wir vor der Saison schon als Ziel ausgegeben. Das ist aber natürlich nicht planbar, daher ist das für mich ein wenig wie die Kirsche auf der Sahne. Aber den Eindruck zu unserer bisherigen Saison, der in der Frage herüberkam, den teile ich. Ich habe jedoch auch kritische Worte gehört. Nach dem Winter hatten wir eine super Phase, aber da haben wir wohl nicht nur bei Mike Erwartungen geweckt, die zu hoch waren. Das konnten wir aber gut einordnen. Die Fans, die es gut mit Fortuna meinen, dürfen sicherlich träumen. Aber wir wussten ganz klar, dass es bei diesem Höhenflug nicht bleibt. Wie wir uns dann präsentiert haben, war sicherlich nicht immer optimal, da gebe ich den Kritikern recht. Extra-Motivation braucht keiner – da sind sich alle Beteiligten einig.

Was sind denn so die Aufgaben eines Kapitäns vor solch einem wichtigen Spiel?

Flottmann: Ob die Aufgaben so anders sind als vor einem normalen Pflichtspiel, das weiß ich gar nicht. In der Vorbereitung auf das Finale werde ich eher beruhigend eingreifen müssen, um die Vorfreude nicht zu groß werden zu lassen. Es geht eher darum, sich vor übermotiviertem Auftreten zu schützen. Das kann auch mir passieren, da ist man im Alter nicht vor gefeit.

Wunderlich: Ich sehe das ähnlich – der Unterschied zum Ligaspiel ist nicht allzu groß. Man führt sicher das ein oder andere Einzelgespräch, wir haben so manchen im Team, der nicht aus der Region kommt und der die Wichtigkeit des Duells nochmals vor Augen geführt bekommen muss. Bei uns wird jeder heiß sein, da muss man vielleicht so manchen bremsen. Wir haben ja den ein oder anderen Hitzkopf im Team. (lacht)

Die Pokalendspiele, darunter auch Viktoria gegen Fortuna, werden erstmals bundesweit in einer Konferenz ausgestrahlt. Was bedeutet das euch, dass die Partie auch im TV zu sehen sein wird?

Flottmann: An diesem Tag kann ich mich nicht so recht darüber freuen. Ich bin schon Fußball-verrückt, aber ich weiß wirklich nicht, ob ich mir privat ein anderes Pokalendspiel anschauen würde. Wenn das Ganze jedoch angenommen wird und genügend Leute schauen, dann sind wir noch mehr in der Pflicht, ein gutes Spiel abzuliefern. Den großen Rahmen hat unser Finale auf jeden Fall verdient!

Wunderlich: Das sehe ich ähnlich. Ich weiß auch nicht, ob das bundesweit jetzt so unfassbar ­viele Menschen interessiert. Das Derby wird aber sicher­lich eins der besseren Spiele der Finals sein. Die Konferenz ist eine schöne Nebensache, aber für uns als Spieler ist es nicht so wichtig, ob das Spiel live kommt oder nicht. Auf dem Platz wird immer 100 Prozent gegeben.

Und wenn letztlich der Pokalsieg ­unter Dach und Fach steht: Ist die Feier schon geplant?

Wunderlich: Wir fliegen am nächsten Morgen nach Mallorca. Mehr Motivation als als Pokalsieger an den Ballermann zu reisen – das geht doch eigentlich nicht. (schmunzelt)

Flottmann: Darüber mache ich mir im Falle des Pokalsiegs gar keine Gedanken. Wenn ich eines bei Fortuna Köln gelernt habe: Feiern können wir auf jeden Fall! 

Das Interview führten Thomas Reinscheid und Daniel Sobolewski.