fbpx
Köln.Sport

Fortuna Köln: das schwierige dritte Jahr?

Fortuna Köln mit Hamdi Dahmani und Bone Uaferro

Hamdi Dahmani (li.) und Fortuna Köln wollen auch in der Saison 2016/17 jubeln
Foto: imago/osnapix

Fortuna Köln musste vor dem dritten Jahr in Liga drei namhafte Abgänge verkraften und hofft erneut auf Leistungssprünge aus den eigenen Reihen. 

Maik Kegel scheint zu wissen, wie man für Aufsehen sorgt. Bei der offiziellen Saisoneröffnung der Fortuna­ im Kölner Zoo trat der 26-Jährige an das Mikrofon von Stadionsprecher Frank Waltel und verkündete mit breiter Brust, den Klassenerhalt in der Dritten Liga zu schaffen sei nicht schwer, das hätten die letzten Jahre gezeigt.

Ungläubige Blicke und vereinzelte Lacher der anwesenden Sponsoren und Gäste waren dem Neuzugang von Holstein Kiel sicher. Ganz schön selbstbewusst, dieser Kegel, mag der ein oder andere gedacht haben. „Ein Versprecher. Ich wollte eigentlich beto­nen, dass es nicht leicht wird, in dieser Liga zu bestehen. Die Jungs aus der Mannschaft haben mich dann auch direkt drauf aufmerksam gemacht, was ich da eigentlich gesagt habe“, beschreibt der Neue, von dem Trainer Uwe Koschi­nat sagt: „Er wird uns noch mal auf ein anderes Niveau heben.“

Das neue Wunsch-Duo im Mittelfeld
Nur dreizehn Spieler haben in der noch recht jungen Historie der Dritten Liga öfter in dieser Spielklasse­ auf dem Rasen­ gestanden als Kegel­ (201 Einsätze), der aus der Jugend von Dynamo Dresden stammt und für die Sachsen auch zwölf Mal in der 2. Bundesliga zum Einsatz kam. Bei den Südstädtern soll der Mittelfeldspieler gemein­sam mit Kristoffer Andersen zum Fixpunkt im Spielfeldzentrum avancieren. Zwei gleich­berechtigte Spieler im Zentrum statt einer klaren Aufgabenteilung hinsichtlich Defensive und Offensive: Das war schon im ersten Jahr in der Dritten Liga die Idee, die Koschinat allerdings recht schnell wieder verwerfen musste, weil sich Andersen und Sascha Marquet als Spielertypen zu sehr ähnelten. Weil beide Spieler gerne ihre Position verließen, ging die defensive Stabilität verloren.

Fortuna Köln mit Maik Kegel

Auch im Testspiel gegen den 1. FC Köln konnte Maik Kegel (li.) im Zentrum überzeugen. Zudem bereitete er das Kopfballtor von Uaferro per Ecke vor
Foto: imago/Eibner

In Maik Kegel ist der Fortuna-Trainer nun überzeugt, einen Typen gefunden zu haben, der ideal an die Seite von Routinier Andersen passt: „Maik hat eine ähnliche Aggressivität gegen den Ball, aber eine komplett andere Form des Fußballs bei eigenem Ballbesitz. Deswegen glaube ich, dass beide sich deutlich besser ergänzen können.“ Allerdings wird das neuformierte Duo nach Andersens abermaliger Knieverletzung, die ihn mindestens den Saisonauftakt in Magdeburg kostet, zunächst nicht gemeinsam auflaufen können. Egal, ob neben oder als Ersatz für Andersen: Kegel, der als exzellenter Passspieler gilt, will als erfahrener Akteur Verantwortung übernehmen: „Natürlich ordnet man sich als Neuzugang erst einmal unter. Aber ich weiß auch, dass ich auf dem Platz vorangehen kann. Das ist mein Ziel.“

Neben der Variante mit Andersen und Kegel im Zentrum ließ Koschinat seine­ Elf in der Vorbereitung auch des Öfteren im 4-3-3-System spielen, in dem Andersen und Kegel als offensiver ausgerichtete Spieler von einem klassischen Abräumer wie Markus Pazurek oder Oliver Schröder abgesichert werden. „In dieser Formation gewinnen wir fußballerische Qualität, ohne die defensive Stabilität zu verlieren“, beschreibt der Fortuna-Trainer die Vorzüge. Nach den ersten Vorbereitungsspielen sah Neuzugang Kegel allerdings noch Verbesserungsbedarf im Zusammenspiel mit den neuen Kollegen. „Das ist aber ganz normal. Wir finden uns immer besser zurecht, so dass ich sehr optimistisch bin, dass es spätestens zum Saisonstart gut funktionieren wird.“ Wie gut es funktionieren kann, bewiesen Kegel und Co. im stadtinternen Test gegen den 1. FC Köln. Beim 1:0-Erfolg bewiesen die Südstädter, dass sie bereit für den Wettkampf sind.

Steigerung erforderlich
Während im Mittelfeld bei Wunschspieler Kegel frühzeitig Vollzug gemeldet werden konnte, stand Trainer und Kaderplaner Koschinat in der Offensive vor der Herkulesaufgabe, das 30-Tore-Duo Julius Biada (Braunschweig) und Marco Königs (Würzburg) ersetzen zu müssen. Die Hoffnungen, die riesige Lücke schließen zu können, ruhen auf einem Spieler, der in der Vorsaison ein Jahr zum Vergessen erlebte: Johannes Rahn. Hatte der Neuzugang von Arminia Bielefeld im ersten Drittligajahr mit elf Toren noch maßgeblichen Anteil am Klassenerhalt der Kölner, musste sich der 30-Jährige in der Vorsaison meist mit der Reservistenrolle begnügen.

Auch aufgrund von Verletzungen kam der Angreifer nur auf 24 Spiele, in denen er zwei Tore erzielte. „Obwohl die Situation für ihn nicht leicht war, haben wir uns früh entschieden, längerfristig mit Johannes zusammenzuarbeiten. Das ist Ausdruck genug davon, dass wir ihm vertrauen“, sagt Koschinat, der nicht glaubt, dass der Druck für den Stürmer zu groß sein könnte: „Er muss jetzt den Finger aus dem Hintern nehmen und sagen: Es ist an der Zeit, dass ich der Liga meinen Stempel aufdrücke, das ist mein Selbstverständnis, dafür muss ich jeden Tag hart arbeiten und das muss ich einfach auf den Platz bringen.“ Auch wenn mit dem 19-jährigen Marc Brasnic aus der Jugend von Bayer 04 Leverkusen ein talentierter Angreifer den Kader verstärkt, ist für Koschinat klar: „Dass wir in der kommenden Saison in ganz hohem Maße von einer Leistungssteigerung von Johannes Rahn abhängig sind, ist kein Geheimnis.“

Den nächsten Schritt machen
Während die 3. Liga für Spieler wie Brasnic und Jannik Stoffels, der aus der eigenen A-Jugend zum Kader stößt und seine Chance „auf jeden Fall nutzen“ möchte, Neuland bedeutet, haben andere Akteure durch ihre Leistungen im Vorjahr hohe Erwartungen geweckt. Allen voran auf den Außen­positionen, wo Uwe Koschinat im letzten­ Jahr „phänomenale Leistungsentwicklungen“ ausgemacht hat und damit insbesondere Hamdi Dahmani und Lars Bender meint. Während sich Fan-Liebling Dahmani zu einem stabilen Drittligaspieler entwickelt hat, fühlt sich Koschinat bei Bender bestätigt: „Er hat zuletzt so gespielt, wie ich ihn aus Koblenz in Erinnerung hatte. Er bringt mittlerweile eine viel bes­sere Körperlichkeit ein und hat damit viel mehr Einfluss auf unser Spiel“, lobt der Übungsleiter, der weiß, dass es für einen guten Saisonstart auch wichtig sein wird, dass beide ihre gute Form halten können.

Fortuna Köln

Die Mannschaft des SC Fortuna Köln in der Saison 2016/17
Foto: imago/Eibner

Geht es nach Koschinat, kann auch Cauly Oliveira Souza in seiner dritten Saison zu einem prägenden Akteur werden. Auf eigenen Wunsch läuft der 20-Jährige ab sofort mit der Nummer 10 auf. „Es ist nie verkehrt, wenn sich ein Spieler selbst etwas mehr Druck macht. Daher begrüße­ ich seine Entscheidung“, sagt Koschinat, der im vergangenen Jahr erlebte, wie Julius Biada sich das Trikot mit der Nummer 10 schnappte und zu einem prägenden Element im Fortuna-Spiel reifte. „Cauly hat auf jeden Fall ein gutes Beispiel vor Augen, wie man mit fußballerischer Qualität, gepaart mit totaler Hingabe, einen Leistungssprung herbeiführen kann.“

Optimale Pärchen finden
Hohe Erwartungen hat darüber hinaus Tim Boss geweckt, der den Zweikampf mit André Poggenborg um den Platz im Tor aus einer gestärkten Position heraus angeht. „Ich sehe bei ihm einen unglaublichen Quantensprung“, bestätigt Koschinat, der in Sachen Nummer eins klarstellt: „Ich verschließe die Augen nicht vor Leistung.“ Gleiches gilt auf den defensiven Außenbahnen. Links liefern sich Kusi Kwame und Cimo Röcker einen spannenden Zweikampf mit ebenso offenem Ausgang wie auf der rechten Abwehrseite, wo Kapitän Daniel Flottmann in den Zweikampf mit Dennis Engelman tritt. „Ich erwarte, dass Dennis wieder an die Form seiner ersten Saison bei der Fortuna anknüpft“, sagt Koschinat, der für den Saisonstart auf der Suche nach der opti­malen Konstellation ist: „Wir haben unsere beiden Faktoren für die hohe Anzahl an Toren verloren. Insofern gilt es, das Spiel auf die neue Situation hin auszurichten und insbesondere wieder defensive Stabilität zu gewinnen. Für mich bedeutet das, dass ich optimale Pärchen finden und darüber hinaus jeden Spieler defensiv in eine bessere Verfassung bringen muss.“

Wieder mehr Kompaktheit wollen die Südstädter im dritten Jahr ihrer Zugehörigkeit zur dritthöchsten deutschen Spielklasse ausstrahlen. Das Ziel ist eine erneute Weiterentwicklung, die sich auch auf dem Tableau bemerkbar machen soll. Mindestens 50 Punkte will Koschinat mit seiner Mannschaft holen. Und das mit einem Kader, der zwei absolute Leistungsträger verloren hat. Die Herausforderung ist spannend, aber machbar. Maik Kegel wird es bestätigen.

Stefan Kühlborn