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Köln.Sport

FC-Legende Hennes Weisweiler

Das Double-Jahr im Jahr 1978 ist für Effzeh-Fans  bis heute unvergessen, die erfolgreichste Vereinsperiode der FC-Geschichte prägte Trainer Hennes Weisweiler wie kein anderer. Heute wäre er 100 Jahre alt geworden – Köln.Sport blickt auf den Menschen und die Laufbahn der Trainer-Legende zurück.

Der Double-Sieg 1978 ist bis heute der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte des 1. FC Köln (Foto: imago images / Frinke)

Hennes Weisweiler hielt sich selbst nie für den größten Fußballer, er beschrieb sich später selbstironisch als „Klopper“ auf dem Platz. Trotzdem lässt sich auch seine Laufbahn als aktiver Spieler durchaus sehen. Er startete seine Fußballkarriere in seinem Heimatort beim VfB Lechenich (heute: VfB Erftstadt). Nach seiner mittleren Reife wechselte er zum Kölner BC 01 im Kölner Stadtteil Klettenberg, wo er mit 17 Jahren seinen Einstand in der Seniorenmannschaft feierte.

Während des 2. Weltkrieges versetzte ihn die Wehrmacht nach München und er spielte für Wacker München. Nachdem er in Danzig in Gefangenschaft geriet, ging er 1945 nach Kriegsende zurück in seine Heimat Erftstadt-Lechenich. Zum 1. Juni 1947 meldete er sich an der Sporthochschule Köln zum Ausbildungslehrgang als Trainer an und schloss diesen als Bester ab, bevor Franz Kremer ihn zurück zum Kölner BC 01 holte.

Als Spielertrainer mit dem 1. FC Köln in die Oberliga

Nach der Fusion des Kölner BC 01 mit der Spielvereinigung Sülz 07 entstand am 13. Februar 1948 der 1. FC Köln. Nachdem der Club in der laufenden Saison 47/48, nach einer schweren Verletzung von Hennes Weisweiler, in den Aufstiegsspielen gegen Rhenania Würselen knapp den Aufstieg in die Oberliga West verpasste, sollte es im folgenden Jahr soweit sein.

In der nächsten Saison agierte Weisweiler ab sofort als Spielertrainer des 1. FC Kölns. Nachdem der Club Rheinbezirksliga-Meister wurde, setzten sie sich letztendlich in den Aufstiegsspielen gegen Bayer 04 Leverkusen durch und waren erstmals in ihrer Vereinshistorie in der Oberliga West vertreten.
Der mittlerweile vom Stürmer zum Linksverteidiger umgeschulte Hennes Weisweiler schaffte es bis in die Auswahl des Westdeutschen Fußball-Verbandes.

Hennes Weisweiler wird zum Namensgeber des ewigen FC-Maskottchens

Im Jahre 1950 bekam der 1. FC Köln von der Zirkuschefin Carola Williams zur Karnevalsfeier einen Ziegenbock geschenkt. Schnell wurde er zum Maskottchen des Vereins und nach dem damaligen Trainer „Hennes“ benannt. Der Übungsleiter selbst kehrte nach kurzen Zwischenstationen beim Rheydter Sportverein und als Assistenztrainer von Sepp Herberger bei der deutschen Nationalmannschaft 1955 zum Effzeh zurück.

In der Saison 1957/58 schaffte es der Club erstmals in die Endrunde um die deutsche Meisterschaft. Nachdem die Geißböcke die Oberliga-Saison auf dem 2. Tabellenplatz hinter Schalke 04 beendeten, setzte sich die junge Weisweiler-Elf im Qualifikationsspiel um die Endrunde gegen den 1. FC Kaiserslautern durch. In der Endrundengruppe jedoch blieb das Team chancenlos. Am Ende der Saison war für Hennes Weisweiler vorerst Schluss, nachdem es mit dem damaligen Präsidenten Franz Kremer viele kleinere Unstimmigkeiten gab.

Von 1964 bis 1975 trainierte der Fußballlehrer Borussia Mönchengladbach. Er führte die Mannschaft nicht nur zum Aufstieg in die Bundesliga, sondern gewann drei deutsche Meisterschaften, den DFB-Pokal und schließlich auch den UEFA-Cup im Jahre 1975. Dabei überzeugte er vor allem durch seine Fähigkeit junge Spieler zu entwickeln, so machte er bis heute bekannte Fußballikonen wie Jupp Heynckes oder Berti Vogts zu nationalen Stars.

Die berühmte Selbsteinwechslung von Günther Netzer

Unvergessen ist bis heute die Hassliebe zwischen ihm und dem Superstar der damaligen Gladbacher-Meisterelf Günter Netzer. Immer wieder gab es neben dem Platz Streitigkeiten zwischen den beiden großen Persönlichkeiten. Den Höhepunkt erreichte dieser Machtkampf im Pokalfinale 1973 gegen Weisweilers Heimatclub 1. FC Köln. Nachdem der Wechsel von Netzer zu Real Madrid feststand und er die Saison immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen hatte, setzte der Trainer seinen Star zu Spielbeginn auf die Bank.

Netzer verweigerte in der Halbzeitpause seine Einwechslung und blieb bis kurz vor Ende des Spieles auf der Bank. Beim Stand von 1:1 kurz vor der Verlängerung verletzte sich Spielmacher Christian Kulik. Ohne Absprache mit seinem Trainer wechselte sich Günther Netzer in der 91. Minute selbst ein und erzielte nur drei Minuten später das entscheidende Tor zum 2:1-Pokalsieg.

Hennes Weisweiler musste nach dem Spiel viel Kritik und Häme von den Medien einstecken. Erst Jahre später nahm Günter Netzer in seiner Autobiografie den Trainer in Schutz und äußerte seine Anerkennung für den Trainer Hennes Weisweiler: „Weisweiler hatte uns in dieses Finale gebracht, Weisweiler hatte aus diesem Provinzklub vom linken Niederrhein überhaupt erst eine nationale und europäische Größe gemacht, und seine Vorstellung von Fußball war die Grundlage dafür gewesen, dass man uns verklärte und zum Mythos erhob.“

Auf dem Höhepunkt seiner Trainerlaufbahn bei der Elf vom Niederrhein wechselte er ins warme Spanien zum Spitzenverein FC Barcelona. Er begründete seinen Abschied mit den Worten: „Ich habe meinen Stil in einer Mannschaft geprägt. Nun will ich versuchen, ihn in Spanien durchzusetzen.“

Start der nächsten Erfolgsgeschichte beim 1. FC Köln 1976-78

Nachdem Hennes Weisweiler beim FC Barcelona nach erneuten Streitigkeiten mit dem Superstar Johan Cruyff bereits nach einem Jahr um die Vertragsauflösung bat, kam er im Jahre 1976 zurück zum 1. FC Köln zu seiner dritten Amtszeit. Die Erwartungen waren riesig, so schrieb Karl-Heinz Heimann im Kicker: „Einen Weisweiler als Trainer zu haben, das kann für die Mannschaft Stimulans sein, aber auch Hypothek, denn sicher nicht gering wird die Zahl jener sein (vor allem im eigenen Anhang) die meinen, mit Weisweiler als Trainer müsse der 1. FC Köln automatisch Meister werden.“

Der erfahrene Coach aber konnte die Erwartungen erfüllen, zwar erreichten die Geißböcke in der Liga nur den 5. Platz, konnten jedoch den DFB-Pokal gewinnen. Nachdem in der Sommerpause FC-Urgestein Wolfgang Overath seine Karriere beendete, gelang in der folgenden Saison das erfolgreichste Jahr in der Vereinsgeschichte. Mit einem 5:0 am letzten Spieltag gegen den FC St. Pauli sicherten sich die Kölner die dritte und bis heute letzte deutsche Meisterschaft vor dem punktgleichen Vorjahres-Ersten Borussia Mönchengladbach.

Bereits knapp zwei Wochen vorher hatten die Kölner den DFB-Pokal im Parkstadion Gelsenkirchen mit einem 2:0 gegen Fortuna Düsseldorf verteidigt, womit der Double-Sieg perfekt war. Als die nächsten zwei Saisons nicht nach den Erwartungen des Clubs verliefen, bat Hennes Weisweiler kurz vor Ende der Saison 1979/80 um die Vertragsauflösung und ging zu den Cosmos New York, wo er ein neues Team um den Superstar Franz Beckenbauer aufbauen wollte.

Der Mensch Hennes Weisweiler

Als Trainer war Hennes Weisweiler über jeden Zweifel erhaben. Als Mensch aber eckte er vor allem mit den Superstars oft an. Nicht nur die berühmten Streitigkeiten mit Günter Netzer, auch mit Johan Cruyff in Barcelona oder Wolfgang Overath in Köln hatte er seine Probleme. Besser kam er mit jungen Spielern zurecht, die er formen konnte. So förderte er beispielsweise den jungen Berti Vogts, der als sein Lieblings-Schüler galt.

Seine Art wirkte oft rau und unfreundlich. Vor allem wenn Weisweiler eine Sonnenbrille trug, sei für die Spieler immer höchster Alarm gewesen, berichtet Wolfgang Kleff, einer seiner Spieler. Dann habe er zumeist schlechte Laune gehabt. Wahrscheinlich, weil er den Abend vorher wieder etwas zu tief ins Glas geschaut hatte. Zu Udo Lattek sagte er eins: „Wenn du auf den Platz rausgehst und die Mannschaft aufstellst, muss der Wind gegen die Spieler kommen, damit die dich nicht riechen können.“

Im Trainingslager der Gladbacher im Parkhotel Süchteln pflegte Weisweiler die Tradition, dass die Mannschaft gemeinsam vor dem Schlafen noch ein Bier in der Hotelbar trinkt. Für jeden Spieler gab es ein 0,2 Liter Bier. Weisweiler dagegen bestellte sich immer ein 0,3 Liter Alt. Bis heute kann man im Parkhotel Süchteln ein sogenanntes „Trainer-Alt“ bestellen.

Tod durch Herzinfarkt mit nur 63 Jahren

Nach einer durchwachsenen Zeit bei Cosmos New York ging Hennes Weisweiler im Jahre 1982 etwas überraschend zu den Grasshopern aus Zürich. Dort konnte er die internationalen Ziele des Clubs im Landesmeister-Cup zwar nicht erfüllen, konnte aber auf nationaler Ebene sein zweites Double feiern und gewann die schweizerische Meisterschaft und die Sandoz-Trophäe im Schweizer Pokal.

Nur drei Wochen nach dem Pokalsieg mit Grasshopers Zürich erlag Hennes Weisweiler am 5. Juli 1983 einem Herzinfarkt in seinem Haus in der nähe von Zürich. Der überraschende Tod fand große Anteilnahme nicht nur im Fußball, sondern auf der ganzen Welt. Sein Leichnam wurde vor dem Kölner Dom aufgebahrt – eine große Ehre. Über 6.000 Menschen kamen zu seiner Beerdigung, darunter viele Fußballgrößen wie Franz Beckenbauer oder Günter Netzer. In seinem heimischen Lechenich wurde er letztendlich begraben, auf seinem Grabstein steht die Aufschrift „Ein Leben dem Fußball“.

Hennes Weisweiler – nicht nur im Kreise des 1. FC Kölns bis heute eine Legende und unvergessen – heute wäre er 100 Jahre alt geworden.

Von Tim Schoster